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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Muth, und zeichnete sich vorzüglich in der Schlacht von Neerwinden aus, wo
Dumouriez besiegt und Belgien dnrch eine einzige Schlacht wieder erobert
wurde. In Folge dieses Sieges wurde der Erzherzog zum Großkreuz des
Maria-Theresienordens nud zum Statthalter der Niederlande ernannt"). In
dem folgenden Feldzug, als Preußen sich von der Koalition zurückzog und
Oesterreich mit seinen Hülfsquellen nud den englischen Subsidien allein den
Krieg fortsetzen mußte, unterstützte der Prinz mit Talent und Unerschrocken-
heit die zuweilen erfolgreichen Operationen des General Clerfayt Nach
vergeblichen Anstrengungen, durch die Vermittelung Preußens den Frieden zu
erhalten, entschloß sich das Directorium, bei Eröffnung des Feldzugs von
1796 einen großen Schlag zu führen. Die Operationen der drei großen
französischen Armeen, nnter Moreau, Jourdan nud Bonaparte, sollten sich
zu Einem System verbinden. Die Armee von der Sambre und Maas sollte
ihren rechten Flügel auf den Rhein stützen, während ihr linker in Deutsch-




Das Jahr 1795 brachte Karl in Wien zu, wo er sich, namentlich unter der
Leitung des Generals Lindenau, mit dem Studium der Kricgswisscnschaftcn beschäftigte.
Durch kaiserliches Hofdekrct wurde ihm den 21. Februar 1796 an Elcrfayt's Stelle der
Oberbefehl der Armee am Niederrhein übertragen, mit der Würde eines Reichs-General-
feldmarschall.
**) Eine Stelle aus dem Tagesbefehl vom 30. Mai 1796 ist auch für unsere Zeit
von Interesse. "Die Herren Generale werden sich angelegen sein lassen, bei ihren Trup-
pen jene allgemeine Ergebenheit zu ihre" Pflichten durch lebhafte Empfindungen der
Vaterlandsliebe und durch edlen Drang nach Ruhm und Achtung zu erhöhen; sie wer¬
den Sorge tragen, sie vor jenem Schwindelgciste der Zeit zu bewahren, der die öffent¬
liche Meinung verführt und die Bande der Gesellschaft auflöst; sie werden nicht dulden,
daß einzelne Glieder durch unvorsichtige Reden, unreifen Tadel, politische Schmähsucht,
die standhafte Beharrlichkeit des Körpers untergraben; sie werdenden Kern des deutschen
Volkes in dem festen Bewußtsein und in dem warmen Gefühl für unsere gerechte Sache
erhalten. -- Wir kämpfen um Alles, was uns theuer ist, um Glauben, Regierung^
form, Eigenthum, politische echte Freiheit, Ordnung und Gesetze, gegen die Anfälle
eines Volks, das alle Bande der Gesellschaft mit Füßen tritt, alle Begriffe und alle
Besitzungen zerstört und ohne Treue, ohne Glauben, ohne Pflicht und ohne Gewissen
die ganze Menschheit in das Verderben reißen will. Wir verfechten die Rechte gebil¬
deter Nationen; Deutschland hat uns die Sorge für sein Wohl und für seine Erhaltung
anvertraut; dieser großen Erwartung müssen wir entsprechen." -- Von Interesse, aber
nicht gerade erhebend, ist die Stellung des Feldherrn zu den Reichsständen, von deren
Bereitwilligkeit er bis auf einen gewissen Grad abhängig war und die durch Ver¬
folgung ihrer partikulären, Interessen allen gemeinsamen Maßregeln widerstrebten.
Von ihrem Standpunkt ans konnte man ihnen das nicht verdenken, aber daraus
sieht man eben, wie die Auflösung eines solchen Verhältnisses geschichtliche Nothwen¬
digkeit war.
Grenzboten. II. 1847. 32

Muth, und zeichnete sich vorzüglich in der Schlacht von Neerwinden aus, wo
Dumouriez besiegt und Belgien dnrch eine einzige Schlacht wieder erobert
wurde. In Folge dieses Sieges wurde der Erzherzog zum Großkreuz des
Maria-Theresienordens nud zum Statthalter der Niederlande ernannt"). In
dem folgenden Feldzug, als Preußen sich von der Koalition zurückzog und
Oesterreich mit seinen Hülfsquellen nud den englischen Subsidien allein den
Krieg fortsetzen mußte, unterstützte der Prinz mit Talent und Unerschrocken-
heit die zuweilen erfolgreichen Operationen des General Clerfayt Nach
vergeblichen Anstrengungen, durch die Vermittelung Preußens den Frieden zu
erhalten, entschloß sich das Directorium, bei Eröffnung des Feldzugs von
1796 einen großen Schlag zu führen. Die Operationen der drei großen
französischen Armeen, nnter Moreau, Jourdan nud Bonaparte, sollten sich
zu Einem System verbinden. Die Armee von der Sambre und Maas sollte
ihren rechten Flügel auf den Rhein stützen, während ihr linker in Deutsch-




Das Jahr 1795 brachte Karl in Wien zu, wo er sich, namentlich unter der
Leitung des Generals Lindenau, mit dem Studium der Kricgswisscnschaftcn beschäftigte.
Durch kaiserliches Hofdekrct wurde ihm den 21. Februar 1796 an Elcrfayt's Stelle der
Oberbefehl der Armee am Niederrhein übertragen, mit der Würde eines Reichs-General-
feldmarschall.
**) Eine Stelle aus dem Tagesbefehl vom 30. Mai 1796 ist auch für unsere Zeit
von Interesse. „Die Herren Generale werden sich angelegen sein lassen, bei ihren Trup-
pen jene allgemeine Ergebenheit zu ihre» Pflichten durch lebhafte Empfindungen der
Vaterlandsliebe und durch edlen Drang nach Ruhm und Achtung zu erhöhen; sie wer¬
den Sorge tragen, sie vor jenem Schwindelgciste der Zeit zu bewahren, der die öffent¬
liche Meinung verführt und die Bande der Gesellschaft auflöst; sie werden nicht dulden,
daß einzelne Glieder durch unvorsichtige Reden, unreifen Tadel, politische Schmähsucht,
die standhafte Beharrlichkeit des Körpers untergraben; sie werdenden Kern des deutschen
Volkes in dem festen Bewußtsein und in dem warmen Gefühl für unsere gerechte Sache
erhalten. — Wir kämpfen um Alles, was uns theuer ist, um Glauben, Regierung^
form, Eigenthum, politische echte Freiheit, Ordnung und Gesetze, gegen die Anfälle
eines Volks, das alle Bande der Gesellschaft mit Füßen tritt, alle Begriffe und alle
Besitzungen zerstört und ohne Treue, ohne Glauben, ohne Pflicht und ohne Gewissen
die ganze Menschheit in das Verderben reißen will. Wir verfechten die Rechte gebil¬
deter Nationen; Deutschland hat uns die Sorge für sein Wohl und für seine Erhaltung
anvertraut; dieser großen Erwartung müssen wir entsprechen." — Von Interesse, aber
nicht gerade erhebend, ist die Stellung des Feldherrn zu den Reichsständen, von deren
Bereitwilligkeit er bis auf einen gewissen Grad abhängig war und die durch Ver¬
folgung ihrer partikulären, Interessen allen gemeinsamen Maßregeln widerstrebten.
Von ihrem Standpunkt ans konnte man ihnen das nicht verdenken, aber daraus
sieht man eben, wie die Auflösung eines solchen Verhältnisses geschichtliche Nothwen¬
digkeit war.
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[0249] Muth, und zeichnete sich vorzüglich in der Schlacht von Neerwinden aus, wo Dumouriez besiegt und Belgien dnrch eine einzige Schlacht wieder erobert wurde. In Folge dieses Sieges wurde der Erzherzog zum Großkreuz des Maria-Theresienordens nud zum Statthalter der Niederlande ernannt"). In dem folgenden Feldzug, als Preußen sich von der Koalition zurückzog und Oesterreich mit seinen Hülfsquellen nud den englischen Subsidien allein den Krieg fortsetzen mußte, unterstützte der Prinz mit Talent und Unerschrocken- heit die zuweilen erfolgreichen Operationen des General Clerfayt Nach vergeblichen Anstrengungen, durch die Vermittelung Preußens den Frieden zu erhalten, entschloß sich das Directorium, bei Eröffnung des Feldzugs von 1796 einen großen Schlag zu führen. Die Operationen der drei großen französischen Armeen, nnter Moreau, Jourdan nud Bonaparte, sollten sich zu Einem System verbinden. Die Armee von der Sambre und Maas sollte ihren rechten Flügel auf den Rhein stützen, während ihr linker in Deutsch- Das Jahr 1795 brachte Karl in Wien zu, wo er sich, namentlich unter der Leitung des Generals Lindenau, mit dem Studium der Kricgswisscnschaftcn beschäftigte. Durch kaiserliches Hofdekrct wurde ihm den 21. Februar 1796 an Elcrfayt's Stelle der Oberbefehl der Armee am Niederrhein übertragen, mit der Würde eines Reichs-General- feldmarschall. **) Eine Stelle aus dem Tagesbefehl vom 30. Mai 1796 ist auch für unsere Zeit von Interesse. „Die Herren Generale werden sich angelegen sein lassen, bei ihren Trup- pen jene allgemeine Ergebenheit zu ihre» Pflichten durch lebhafte Empfindungen der Vaterlandsliebe und durch edlen Drang nach Ruhm und Achtung zu erhöhen; sie wer¬ den Sorge tragen, sie vor jenem Schwindelgciste der Zeit zu bewahren, der die öffent¬ liche Meinung verführt und die Bande der Gesellschaft auflöst; sie werden nicht dulden, daß einzelne Glieder durch unvorsichtige Reden, unreifen Tadel, politische Schmähsucht, die standhafte Beharrlichkeit des Körpers untergraben; sie werdenden Kern des deutschen Volkes in dem festen Bewußtsein und in dem warmen Gefühl für unsere gerechte Sache erhalten. — Wir kämpfen um Alles, was uns theuer ist, um Glauben, Regierung^ form, Eigenthum, politische echte Freiheit, Ordnung und Gesetze, gegen die Anfälle eines Volks, das alle Bande der Gesellschaft mit Füßen tritt, alle Begriffe und alle Besitzungen zerstört und ohne Treue, ohne Glauben, ohne Pflicht und ohne Gewissen die ganze Menschheit in das Verderben reißen will. Wir verfechten die Rechte gebil¬ deter Nationen; Deutschland hat uns die Sorge für sein Wohl und für seine Erhaltung anvertraut; dieser großen Erwartung müssen wir entsprechen." — Von Interesse, aber nicht gerade erhebend, ist die Stellung des Feldherrn zu den Reichsständen, von deren Bereitwilligkeit er bis auf einen gewissen Grad abhängig war und die durch Ver¬ folgung ihrer partikulären, Interessen allen gemeinsamen Maßregeln widerstrebten. Von ihrem Standpunkt ans konnte man ihnen das nicht verdenken, aber daraus sieht man eben, wie die Auflösung eines solchen Verhältnisses geschichtliche Nothwen¬ digkeit war. Grenzboten. II. 1847. 32

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/249>, abgerufen am 22.07.2024.