Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

den Sieg und verlassen vom Glück, unter der Wucht ihrer vereinigten Streiche
fallen; aus ihrem Glück machten sie ihren Ruhm. Der Erzherzog allein hat
die Ehre gehabt, unter gleichen Verhältnissen einige der berühmtesten Feld¬
herrn des Kaisers zu besiegen, und zuweilen mit Erfolg, immer mit Uner-
schrockenheit, dein Kaiser selbst zu widerstehen (!), in allem Glanz seiner Macht
nud seines Ruhms.

Karl Ludwig vou Lothringen, Erzherzog von Oesterreich, Herzog von
Teschen ze., Generalfeldmarschall des Reichs, Sohn Leopold II. und Bruder
Franz!., Oheim des jetzt regierenden Kaisers, wurde geboren zu Wien den 5.
Sptbr. 1771. Der junge Prinz erhielt jene sorgfältige Erziehung, die den Glie¬
dern der kaiserlichen Familie zu geben zu den Traditionen, der österreichischen
Monarchie gehörtEr studirte die Kriegskunst unter Bellegarde, der den
Ruf hatte, der größte Taktiker des Reichs zu sein; aber der Schüler vergaß bald
die veraltete Schule der Routine gegenüber von Generalen, die sich unmittelbar
von ihrem Genie inspirircn ließen. Er war kaum 21 Jahr alt, als sich die
Koalition zwischen Oesterreich und Preußen bildete, und als ihm der Auftrag
wurde, die Avantgarde der österreichischen Armee unter dem Prinzen Coburg
zu commandiren Während dieses ganzen Feldzugs bewies er einen großen




^) Der Geburtsort des Erzherzogs war Florenz. Unter den Lehrern, welche den
meisten Einfluß auf sein jugendliches Gemüth ausübten, zeichnete sich der Jesuit Graf
Hohenwart aus. Schon in seiner frühesten Jugend wurde der Erzherzog in politische
Verhältnisse verstrickt. In dem belgischen Aufstande von 1790 wurde er von der gemä¬
ßigten Partei der Rebellen, die sich vor der Anarchie scheuten, zum Erbsouverain und
Großherzog Belgiens ausgerufen und nach Beilegung des Aufstandes in der That vom
Kaiser zum künftigen Generalstatthalter bestimmt und nach Brüssel geschickt, um dort
seine weitere Ausbildung zu erhalten. Er blieb daselbst bis zur Schlacht von Jcmappe.
Schon in seiner Theilnahme an den Revolutionskriegen seit 1793 finden wir viel
Rühmliches vom Erzherzoge aufgezeichnet. Im Treffen bei Aldenhovm rief er seinen
Soldaten zu: "Die Franzosen glauben unüberwindlich zu sein; zeigt euch als Männer,
als brave Wallonen und jagt sie zum Teufel!" Glänzend war seine Tapferkeit in
der Schlacht bei Neerwinden. Bei seinem siegreichen Einzug in Brüssel (1793) wurde
er nun wirklich zum Generalstatthalter der Niederlande ernannt. Diese Stellung war
theils wegen der inneren Parteiungen, theils wegen der bedenklichen Lage nach Außen
hin höchst mißlich. Das große Vertrauen, welches Karl durch seine Persönlichkeit er¬
weckte, unterstützte ihn unter diesen Umständen. Die Staaten nannten ihn in einem
Schreiben an den Kaiser (17. Aug. 1793) den Schutzgeist der Belgier. So konnte das
Gouvernement den Ständen wieder einen Beweis des Vertrauens geben, indem sie eine
Nationalbewaffnung anordnete. Der Erzherzog hielt mit Entschiedenheit auf die gewis¬
senhafte Beobachtung derben",! entriß, des Nationalrechts der Belgier. In der Schlacht
bei Landrecies zeichnete er sich so aus, daß ihn der Kaiser zum Generalfeldzeugmeister
ernannte. Ebenso in der Schlacht bei Fleurus.

den Sieg und verlassen vom Glück, unter der Wucht ihrer vereinigten Streiche
fallen; aus ihrem Glück machten sie ihren Ruhm. Der Erzherzog allein hat
die Ehre gehabt, unter gleichen Verhältnissen einige der berühmtesten Feld¬
herrn des Kaisers zu besiegen, und zuweilen mit Erfolg, immer mit Uner-
schrockenheit, dein Kaiser selbst zu widerstehen (!), in allem Glanz seiner Macht
nud seines Ruhms.

Karl Ludwig vou Lothringen, Erzherzog von Oesterreich, Herzog von
Teschen ze., Generalfeldmarschall des Reichs, Sohn Leopold II. und Bruder
Franz!., Oheim des jetzt regierenden Kaisers, wurde geboren zu Wien den 5.
Sptbr. 1771. Der junge Prinz erhielt jene sorgfältige Erziehung, die den Glie¬
dern der kaiserlichen Familie zu geben zu den Traditionen, der österreichischen
Monarchie gehörtEr studirte die Kriegskunst unter Bellegarde, der den
Ruf hatte, der größte Taktiker des Reichs zu sein; aber der Schüler vergaß bald
die veraltete Schule der Routine gegenüber von Generalen, die sich unmittelbar
von ihrem Genie inspirircn ließen. Er war kaum 21 Jahr alt, als sich die
Koalition zwischen Oesterreich und Preußen bildete, und als ihm der Auftrag
wurde, die Avantgarde der österreichischen Armee unter dem Prinzen Coburg
zu commandiren Während dieses ganzen Feldzugs bewies er einen großen




^) Der Geburtsort des Erzherzogs war Florenz. Unter den Lehrern, welche den
meisten Einfluß auf sein jugendliches Gemüth ausübten, zeichnete sich der Jesuit Graf
Hohenwart aus. Schon in seiner frühesten Jugend wurde der Erzherzog in politische
Verhältnisse verstrickt. In dem belgischen Aufstande von 1790 wurde er von der gemä¬
ßigten Partei der Rebellen, die sich vor der Anarchie scheuten, zum Erbsouverain und
Großherzog Belgiens ausgerufen und nach Beilegung des Aufstandes in der That vom
Kaiser zum künftigen Generalstatthalter bestimmt und nach Brüssel geschickt, um dort
seine weitere Ausbildung zu erhalten. Er blieb daselbst bis zur Schlacht von Jcmappe.
Schon in seiner Theilnahme an den Revolutionskriegen seit 1793 finden wir viel
Rühmliches vom Erzherzoge aufgezeichnet. Im Treffen bei Aldenhovm rief er seinen
Soldaten zu: „Die Franzosen glauben unüberwindlich zu sein; zeigt euch als Männer,
als brave Wallonen und jagt sie zum Teufel!" Glänzend war seine Tapferkeit in
der Schlacht bei Neerwinden. Bei seinem siegreichen Einzug in Brüssel (1793) wurde
er nun wirklich zum Generalstatthalter der Niederlande ernannt. Diese Stellung war
theils wegen der inneren Parteiungen, theils wegen der bedenklichen Lage nach Außen
hin höchst mißlich. Das große Vertrauen, welches Karl durch seine Persönlichkeit er¬
weckte, unterstützte ihn unter diesen Umständen. Die Staaten nannten ihn in einem
Schreiben an den Kaiser (17. Aug. 1793) den Schutzgeist der Belgier. So konnte das
Gouvernement den Ständen wieder einen Beweis des Vertrauens geben, indem sie eine
Nationalbewaffnung anordnete. Der Erzherzog hielt mit Entschiedenheit auf die gewis¬
senhafte Beobachtung derben«,! entriß, des Nationalrechts der Belgier. In der Schlacht
bei Landrecies zeichnete er sich so aus, daß ihn der Kaiser zum Generalfeldzeugmeister
ernannte. Ebenso in der Schlacht bei Fleurus.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0248" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272147"/>
          <p xml:id="ID_892" prev="#ID_891"> den Sieg und verlassen vom Glück, unter der Wucht ihrer vereinigten Streiche<lb/>
fallen; aus ihrem Glück machten sie ihren Ruhm. Der Erzherzog allein hat<lb/>
die Ehre gehabt, unter gleichen Verhältnissen einige der berühmtesten Feld¬<lb/>
herrn des Kaisers zu besiegen, und zuweilen mit Erfolg, immer mit Uner-<lb/>
schrockenheit, dein Kaiser selbst zu widerstehen (!), in allem Glanz seiner Macht<lb/>
nud seines Ruhms.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_893" next="#ID_894"> Karl Ludwig vou Lothringen, Erzherzog von Oesterreich, Herzog von<lb/>
Teschen ze., Generalfeldmarschall des Reichs, Sohn Leopold II. und Bruder<lb/>
Franz!., Oheim des jetzt regierenden Kaisers, wurde geboren zu Wien den 5.<lb/>
Sptbr. 1771. Der junge Prinz erhielt jene sorgfältige Erziehung, die den Glie¬<lb/>
dern der kaiserlichen Familie zu geben zu den Traditionen, der österreichischen<lb/>
Monarchie gehörtEr studirte die Kriegskunst unter Bellegarde, der den<lb/>
Ruf hatte, der größte Taktiker des Reichs zu sein; aber der Schüler vergaß bald<lb/>
die veraltete Schule der Routine gegenüber von Generalen, die sich unmittelbar<lb/>
von ihrem Genie inspirircn ließen. Er war kaum 21 Jahr alt, als sich die<lb/>
Koalition zwischen Oesterreich und Preußen bildete, und als ihm der Auftrag<lb/>
wurde, die Avantgarde der österreichischen Armee unter dem Prinzen Coburg<lb/>
zu commandiren   Während dieses ganzen Feldzugs bewies er einen großen</p><lb/>
          <note xml:id="FID_21" place="foot"> ^) Der Geburtsort des Erzherzogs war Florenz. Unter den Lehrern, welche den<lb/>
meisten Einfluß auf sein jugendliches Gemüth ausübten, zeichnete sich der Jesuit Graf<lb/>
Hohenwart aus. Schon in seiner frühesten Jugend wurde der Erzherzog in politische<lb/>
Verhältnisse verstrickt. In dem belgischen Aufstande von 1790 wurde er von der gemä¬<lb/>
ßigten Partei der Rebellen, die sich vor der Anarchie scheuten, zum Erbsouverain und<lb/>
Großherzog Belgiens ausgerufen und nach Beilegung des Aufstandes in der That vom<lb/>
Kaiser zum künftigen Generalstatthalter bestimmt und nach Brüssel geschickt, um dort<lb/>
seine weitere Ausbildung zu erhalten. Er blieb daselbst bis zur Schlacht von Jcmappe.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_22" place="foot"> Schon in seiner Theilnahme an den Revolutionskriegen seit 1793 finden wir viel<lb/>
Rühmliches vom Erzherzoge aufgezeichnet. Im Treffen bei Aldenhovm rief er seinen<lb/>
Soldaten zu: &#x201E;Die Franzosen glauben unüberwindlich zu sein; zeigt euch als Männer,<lb/>
als brave Wallonen und jagt sie zum Teufel!" Glänzend war seine Tapferkeit in<lb/>
der Schlacht bei Neerwinden. Bei seinem siegreichen Einzug in Brüssel (1793) wurde<lb/>
er nun wirklich zum Generalstatthalter der Niederlande ernannt. Diese Stellung war<lb/>
theils wegen der inneren Parteiungen, theils wegen der bedenklichen Lage nach Außen<lb/>
hin höchst mißlich. Das große Vertrauen, welches Karl durch seine Persönlichkeit er¬<lb/>
weckte, unterstützte ihn unter diesen Umständen. Die Staaten nannten ihn in einem<lb/>
Schreiben an den Kaiser (17. Aug. 1793) den Schutzgeist der Belgier. So konnte das<lb/>
Gouvernement den Ständen wieder einen Beweis des Vertrauens geben, indem sie eine<lb/>
Nationalbewaffnung anordnete. Der Erzherzog hielt mit Entschiedenheit auf die gewis¬<lb/>
senhafte Beobachtung derben«,! entriß, des Nationalrechts der Belgier. In der Schlacht<lb/>
bei Landrecies zeichnete er sich so aus, daß ihn der Kaiser zum Generalfeldzeugmeister<lb/>
ernannte. Ebenso in der Schlacht bei Fleurus.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0248] den Sieg und verlassen vom Glück, unter der Wucht ihrer vereinigten Streiche fallen; aus ihrem Glück machten sie ihren Ruhm. Der Erzherzog allein hat die Ehre gehabt, unter gleichen Verhältnissen einige der berühmtesten Feld¬ herrn des Kaisers zu besiegen, und zuweilen mit Erfolg, immer mit Uner- schrockenheit, dein Kaiser selbst zu widerstehen (!), in allem Glanz seiner Macht nud seines Ruhms. Karl Ludwig vou Lothringen, Erzherzog von Oesterreich, Herzog von Teschen ze., Generalfeldmarschall des Reichs, Sohn Leopold II. und Bruder Franz!., Oheim des jetzt regierenden Kaisers, wurde geboren zu Wien den 5. Sptbr. 1771. Der junge Prinz erhielt jene sorgfältige Erziehung, die den Glie¬ dern der kaiserlichen Familie zu geben zu den Traditionen, der österreichischen Monarchie gehörtEr studirte die Kriegskunst unter Bellegarde, der den Ruf hatte, der größte Taktiker des Reichs zu sein; aber der Schüler vergaß bald die veraltete Schule der Routine gegenüber von Generalen, die sich unmittelbar von ihrem Genie inspirircn ließen. Er war kaum 21 Jahr alt, als sich die Koalition zwischen Oesterreich und Preußen bildete, und als ihm der Auftrag wurde, die Avantgarde der österreichischen Armee unter dem Prinzen Coburg zu commandiren Während dieses ganzen Feldzugs bewies er einen großen ^) Der Geburtsort des Erzherzogs war Florenz. Unter den Lehrern, welche den meisten Einfluß auf sein jugendliches Gemüth ausübten, zeichnete sich der Jesuit Graf Hohenwart aus. Schon in seiner frühesten Jugend wurde der Erzherzog in politische Verhältnisse verstrickt. In dem belgischen Aufstande von 1790 wurde er von der gemä¬ ßigten Partei der Rebellen, die sich vor der Anarchie scheuten, zum Erbsouverain und Großherzog Belgiens ausgerufen und nach Beilegung des Aufstandes in der That vom Kaiser zum künftigen Generalstatthalter bestimmt und nach Brüssel geschickt, um dort seine weitere Ausbildung zu erhalten. Er blieb daselbst bis zur Schlacht von Jcmappe. Schon in seiner Theilnahme an den Revolutionskriegen seit 1793 finden wir viel Rühmliches vom Erzherzoge aufgezeichnet. Im Treffen bei Aldenhovm rief er seinen Soldaten zu: „Die Franzosen glauben unüberwindlich zu sein; zeigt euch als Männer, als brave Wallonen und jagt sie zum Teufel!" Glänzend war seine Tapferkeit in der Schlacht bei Neerwinden. Bei seinem siegreichen Einzug in Brüssel (1793) wurde er nun wirklich zum Generalstatthalter der Niederlande ernannt. Diese Stellung war theils wegen der inneren Parteiungen, theils wegen der bedenklichen Lage nach Außen hin höchst mißlich. Das große Vertrauen, welches Karl durch seine Persönlichkeit er¬ weckte, unterstützte ihn unter diesen Umständen. Die Staaten nannten ihn in einem Schreiben an den Kaiser (17. Aug. 1793) den Schutzgeist der Belgier. So konnte das Gouvernement den Ständen wieder einen Beweis des Vertrauens geben, indem sie eine Nationalbewaffnung anordnete. Der Erzherzog hielt mit Entschiedenheit auf die gewis¬ senhafte Beobachtung derben«,! entriß, des Nationalrechts der Belgier. In der Schlacht bei Landrecies zeichnete er sich so aus, daß ihn der Kaiser zum Generalfeldzeugmeister ernannte. Ebenso in der Schlacht bei Fleurus.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/248
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/248>, abgerufen am 22.07.2024.