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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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gelium. Frei ist, wer nichts fürchtet, wer keine Gespenster sieht. Nur der
Gebildete ist frei. Gleichheit im höhern Sinn ist nnr hei edlen Naturen;
die Gleichheit des Viehs und der Sklaven ist eine andere. Wir wollen den
Adel, den man sonst einem bestimmten Stande angewiesen hat, der mensch¬
lichen Natur wiedergeben. In dem Gefühl persönlicher Ehre, die sich nicht
an Sonderinteressen, sondern an die Eine Idee der Humanität knüpft, soll
die sittliche Unmündigkeit des Pöbels und der Bedienten erstickt werden.
Freiheit und Gleichheit ist nnr im vernünftig organisirten Staate. Vernünftig
ist der Staat, dessen Gesetz in der Einsicht und dem Gefühl aller Bürger
lebt. Diesen Staat aufzubauen ist der Mittelpunkt unserer Bestrebungen.
In diesem Glauben hebt sich der Unterschied der Religionen, der Unterschied
der Volker ans. Verbrüdert dehut sich die Partei der Freiheit über alle
natione" aus. Ein Jeder hat einen geheimen Ort seines Herzens, in den
er sein Göttliches einschließt. Die Verschiedenheit des Gottesdienstes, die
Verschiedenheit der Völker wird bleiben, so lange es freie Menschen gibt.
Wenn wir es aber Keinem versagen, ein besonderes Heiligthum in seinem
Immer" zu hegen, dem er sei" eigenstes Wesen ausschließt, wenn wir die
Freiheit anerkennen in dem geheime" Dienst der Liebe, wie in dem Recht
der Eigenheit, warum wollt ihr, die ihr vergebens die bleichen Bilder des
Todes dem neuen Leben entgegensetzt, es uns verweigern, den großen Geist
der Menschheit anzubeten, dessen Flügelschlag ihr in dem Beben eures eignen
Herzens ahnt.


I. L.


gelium. Frei ist, wer nichts fürchtet, wer keine Gespenster sieht. Nur der
Gebildete ist frei. Gleichheit im höhern Sinn ist nnr hei edlen Naturen;
die Gleichheit des Viehs und der Sklaven ist eine andere. Wir wollen den
Adel, den man sonst einem bestimmten Stande angewiesen hat, der mensch¬
lichen Natur wiedergeben. In dem Gefühl persönlicher Ehre, die sich nicht
an Sonderinteressen, sondern an die Eine Idee der Humanität knüpft, soll
die sittliche Unmündigkeit des Pöbels und der Bedienten erstickt werden.
Freiheit und Gleichheit ist nnr im vernünftig organisirten Staate. Vernünftig
ist der Staat, dessen Gesetz in der Einsicht und dem Gefühl aller Bürger
lebt. Diesen Staat aufzubauen ist der Mittelpunkt unserer Bestrebungen.
In diesem Glauben hebt sich der Unterschied der Religionen, der Unterschied
der Volker ans. Verbrüdert dehut sich die Partei der Freiheit über alle
natione» aus. Ein Jeder hat einen geheimen Ort seines Herzens, in den
er sein Göttliches einschließt. Die Verschiedenheit des Gottesdienstes, die
Verschiedenheit der Völker wird bleiben, so lange es freie Menschen gibt.
Wenn wir es aber Keinem versagen, ein besonderes Heiligthum in seinem
Immer» zu hegen, dem er sei» eigenstes Wesen ausschließt, wenn wir die
Freiheit anerkennen in dem geheime» Dienst der Liebe, wie in dem Recht
der Eigenheit, warum wollt ihr, die ihr vergebens die bleichen Bilder des
Todes dem neuen Leben entgegensetzt, es uns verweigern, den großen Geist
der Menschheit anzubeten, dessen Flügelschlag ihr in dem Beben eures eignen
Herzens ahnt.


I. L.


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[0218] gelium. Frei ist, wer nichts fürchtet, wer keine Gespenster sieht. Nur der Gebildete ist frei. Gleichheit im höhern Sinn ist nnr hei edlen Naturen; die Gleichheit des Viehs und der Sklaven ist eine andere. Wir wollen den Adel, den man sonst einem bestimmten Stande angewiesen hat, der mensch¬ lichen Natur wiedergeben. In dem Gefühl persönlicher Ehre, die sich nicht an Sonderinteressen, sondern an die Eine Idee der Humanität knüpft, soll die sittliche Unmündigkeit des Pöbels und der Bedienten erstickt werden. Freiheit und Gleichheit ist nnr im vernünftig organisirten Staate. Vernünftig ist der Staat, dessen Gesetz in der Einsicht und dem Gefühl aller Bürger lebt. Diesen Staat aufzubauen ist der Mittelpunkt unserer Bestrebungen. In diesem Glauben hebt sich der Unterschied der Religionen, der Unterschied der Volker ans. Verbrüdert dehut sich die Partei der Freiheit über alle natione» aus. Ein Jeder hat einen geheimen Ort seines Herzens, in den er sein Göttliches einschließt. Die Verschiedenheit des Gottesdienstes, die Verschiedenheit der Völker wird bleiben, so lange es freie Menschen gibt. Wenn wir es aber Keinem versagen, ein besonderes Heiligthum in seinem Immer» zu hegen, dem er sei» eigenstes Wesen ausschließt, wenn wir die Freiheit anerkennen in dem geheime» Dienst der Liebe, wie in dem Recht der Eigenheit, warum wollt ihr, die ihr vergebens die bleichen Bilder des Todes dem neuen Leben entgegensetzt, es uns verweigern, den großen Geist der Menschheit anzubeten, dessen Flügelschlag ihr in dem Beben eures eignen Herzens ahnt. I. L.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/218>, abgerufen am 24.08.2024.