Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.gewichst, breit umgetreten und die Weste scheint, dem Kragen nach, alle Ur¬ "Sie wünschen bei der Baronin als Hofmeister einzutreten" nimmt die "Was studiren Sie?" "Das dritte Jahr der Rechte." "Und verderben Sie ihre Carriere nicht, wenn Sie hinausgehen? Sie "Sonst aber werden Sie Alles haben," fiel die Baronin ein, welche Gttnzbvte". II. Z
gewichst, breit umgetreten und die Weste scheint, dem Kragen nach, alle Ur¬ „Sie wünschen bei der Baronin als Hofmeister einzutreten" nimmt die „Was studiren Sie?" „Das dritte Jahr der Rechte." „Und verderben Sie ihre Carriere nicht, wenn Sie hinausgehen? Sie „Sonst aber werden Sie Alles haben," fiel die Baronin ein, welche Gttnzbvte». II. Z
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0017" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/271916"/> <p xml:id="ID_36" prev="#ID_35"> gewichst, breit umgetreten und die Weste scheint, dem Kragen nach, alle Ur¬<lb/> sache zu haben, sich unter dem zugeknöpften Frack zu verstecken. Er fährt<lb/> mit Per Hand über die Stirn, streicht die sorgfältig abgetheilten, glänzend<lb/> geschmierten Haare ein wenig bei Seite und spricht bis über die Augen er-<lb/> röthend nach einer etwas scharrenden Verbeugung: „Entschuldigen gnädigst,<lb/> Euer gräflichen Gnaden - der Herr Doktor von Mohr schickt mich hier¬<lb/> her -" Die Baronin, welche den jungen Mann beifällig betrachtet hat,<lb/> nickt herablassend mit dem Lockenhaupt und deutet auf ein Tabouret. Der<lb/> Kandidat theilt die Schöße seines Fracks auseinander, um sich niederzusetzen,<lb/> hat aber das Unglück, dieses Manövre gerade Angesichts der Gräfin Ho-<lb/> ronski auszuführen, welche in diesem Augenblick in den Salon zu ihrer<lb/> Schwester tritt, und mit einem sehr geringschätzigen Gesichte dem ausge¬<lb/> schnellten Kandidaten zuwinkt, sitzen zu bleiben. Die beiden Schwestern ha¬<lb/> ben sich heute uoch nicht gesehen, sie umarmen und küssen sich daher, dann<lb/> sprechen sie erst eine Viertelstunde über allerhand geringfügige Dinge, wäh¬<lb/> rend welcher Zeit der arme Kandidat wechselweise Jaromirchen, seinen muth-<lb/> maßlichen Eleven, und den Papagei betrachtet, der „bon jour» sagt und<lb/> häufig Lust bezeigt, Karolinen in die Finger zu beißen. Dabei blickt er je¬<lb/> doch jeden Augenblick verstohlen nach den beide» Herrschaften, die jetzt zu¬<lb/> sammen flüstern. Augenscheinlich ist die Rede von ihm, sein Herz pocht un¬<lb/> gestüm — und als sich Beide nun direkt ihm zuwenden, vergeht ihm auf<lb/> einige Sekunden der Athem.</p><lb/> <p xml:id="ID_37"> „Sie wünschen bei der Baronin als Hofmeister einzutreten" nimmt die<lb/> Gräfin das Wort und sieht ihn dabei sehr imponirend an. Die Gräfin ist<lb/> um ein Paar Jahre älter als ihre Schwester, glänzender verheirathet und<lb/> hat außer der Toilette den beständigen Aufenthalt in der Hauptstadt vor<lb/> ihr voraus. Der Kandidat verbeugt sich und flüstert „unterthänigst aufzu¬<lb/> warten."</p><lb/> <p xml:id="ID_38"> „Was studiren Sie?"</p><lb/> <p xml:id="ID_39"> „Das dritte Jahr der Rechte."</p><lb/> <p xml:id="ID_40"> „Und verderben Sie ihre Carriere nicht, wenn Sie hinausgehen? Sie<lb/> werden sehr anständig bezahlt, aber auf eine Pension haben Sie keine An¬<lb/> sprüche."</p><lb/> <p xml:id="ID_41" next="#ID_42"> „Sonst aber werden Sie Alles haben," fiel die Baronin ein, welche<lb/> bereits eine leise Furcht enrpfand, der hübsche junge Mann werde durch ihre<lb/> Schwester abgeschreckt, den Antrag ablehnen. Die Gräfin zwinkerte mit den<lb/> Augen und sagte: „Sie erhalten dreihundert Gulden jährlich, und wenn Sie<lb/> die Erziehung vollenden, die Jnstiziärstelle auf der Herrschaft meines Schwa-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Gttnzbvte». II. Z</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0017]
gewichst, breit umgetreten und die Weste scheint, dem Kragen nach, alle Ur¬
sache zu haben, sich unter dem zugeknöpften Frack zu verstecken. Er fährt
mit Per Hand über die Stirn, streicht die sorgfältig abgetheilten, glänzend
geschmierten Haare ein wenig bei Seite und spricht bis über die Augen er-
röthend nach einer etwas scharrenden Verbeugung: „Entschuldigen gnädigst,
Euer gräflichen Gnaden - der Herr Doktor von Mohr schickt mich hier¬
her -" Die Baronin, welche den jungen Mann beifällig betrachtet hat,
nickt herablassend mit dem Lockenhaupt und deutet auf ein Tabouret. Der
Kandidat theilt die Schöße seines Fracks auseinander, um sich niederzusetzen,
hat aber das Unglück, dieses Manövre gerade Angesichts der Gräfin Ho-
ronski auszuführen, welche in diesem Augenblick in den Salon zu ihrer
Schwester tritt, und mit einem sehr geringschätzigen Gesichte dem ausge¬
schnellten Kandidaten zuwinkt, sitzen zu bleiben. Die beiden Schwestern ha¬
ben sich heute uoch nicht gesehen, sie umarmen und küssen sich daher, dann
sprechen sie erst eine Viertelstunde über allerhand geringfügige Dinge, wäh¬
rend welcher Zeit der arme Kandidat wechselweise Jaromirchen, seinen muth-
maßlichen Eleven, und den Papagei betrachtet, der „bon jour» sagt und
häufig Lust bezeigt, Karolinen in die Finger zu beißen. Dabei blickt er je¬
doch jeden Augenblick verstohlen nach den beide» Herrschaften, die jetzt zu¬
sammen flüstern. Augenscheinlich ist die Rede von ihm, sein Herz pocht un¬
gestüm — und als sich Beide nun direkt ihm zuwenden, vergeht ihm auf
einige Sekunden der Athem.
„Sie wünschen bei der Baronin als Hofmeister einzutreten" nimmt die
Gräfin das Wort und sieht ihn dabei sehr imponirend an. Die Gräfin ist
um ein Paar Jahre älter als ihre Schwester, glänzender verheirathet und
hat außer der Toilette den beständigen Aufenthalt in der Hauptstadt vor
ihr voraus. Der Kandidat verbeugt sich und flüstert „unterthänigst aufzu¬
warten."
„Was studiren Sie?"
„Das dritte Jahr der Rechte."
„Und verderben Sie ihre Carriere nicht, wenn Sie hinausgehen? Sie
werden sehr anständig bezahlt, aber auf eine Pension haben Sie keine An¬
sprüche."
„Sonst aber werden Sie Alles haben," fiel die Baronin ein, welche
bereits eine leise Furcht enrpfand, der hübsche junge Mann werde durch ihre
Schwester abgeschreckt, den Antrag ablehnen. Die Gräfin zwinkerte mit den
Augen und sagte: „Sie erhalten dreihundert Gulden jährlich, und wenn Sie
die Erziehung vollenden, die Jnstiziärstelle auf der Herrschaft meines Schwa-
Gttnzbvte». II. Z
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |