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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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die Gesetze sie vorgesehen haben, so folgt daraus, daß alsdann ein Vertrag mit
der Krone über das, was etwa abzuändern ist, künstig stattfinden werde. Auf
diese Weise wird das Mißtrauen beseitigt,, was vielseitig sich eingeschlichen hat.
Wir sind hier dem Lande, dem Throne Wahrheit schuldig, und ich spreche es
unumwunden aus, es ist höchst bedenklich, daß das Vertrauen, was
früher statt fand, nicht mehr in gleichem Maße für die Regierung
vorhanden ist.

Das ist gerade aus diesen Verordnungen in Verbindung mit der Geschäfts¬
ordnung entstanden; diese Aktenstücke sind, indem sie die ständischen Rechte viel¬
seitig beschränken, mit Mißtrauen von den Räthen der Krone geschrieben, mit
Mißtrauen, daß wir unsere Rechte mißbrauchen würden.

Bedenken Sie, daß es sich nur von sehr wenigen Rechten handelt, von klei¬
nen im Vergleich zu denjenigen, denen sich die Stände anderer Staaten zu er¬
freuen haben. Wir wollen ruhig abwarten, was weiter von der Krone beschlos¬
sen wird, aber diese wenigen Rechte, die wollen wir währen. Die Kraft der
Nationalität wird geweckt durch's Rechtsgefühl.

Preußen ist allerdings in einer, unter gewissen Eventualitäten, mißlichen
Lage, und lassen Sie es uns wohl begreifen, wir müssen uns stärken. Was ist
der tiefliegende Grund, warum vom äußersten Westen und von der andern Seite
vom Osten her das Bedürfniß der Entwickelung des öffentlichen Rechts am stärk¬
sten gefordert wird? Es besteht darin, die östlichen wollen nicht russisch
und die westlichen wollen nicht französisch werden. Sie wollen Deutsche, wir
wollen Preußen bleiben, aber das öffentliche Recht entwickeln . . .

Auf diese Rede erwiderte zunächst der Prinz von Preußen: "Wir haben
gehört, daß gesagt worden ist, die vorliegenden Verordnungen seien aus dem
Mißtrauen der Räthe des Königs hervorgegangen. Vermöge meiner Geburt bin
ich der erste Unterthan des Königs, vermöge des Vertrauens des Königs sein
erster Rathgeber. Als solcher gebe ich die heilige Versicherung in meinem und
der übrigen Rathgeber Namen (dit Minister erheben sich), daß kein Mißtrauen
Einen von uns beschlichen hat, als diese Verordnungen berathen worden sind.
Aber eine Voraussicht haben wir gehabt, daß diese Verordnungen, die zum Besten
des Vaterlandes gegeben worden, Freiheiten und Rechte der Stände niemals aus
Unkosten der Rechte und Freiheiten der Krone gewähren sollen..."

Darauf setzte der Laudtagscommissär hinzu: " Der Redner hat angeführt, eS
gehe aus den Aeußerungen, die ich gemacht habe, hervor, daß das Ministerium
sich für verantwortlich erklärt habe. Ich weiß nicht, aus welchem meiner Worte
diese Schlußfolge gezogen ist. Ich weiß aber, daß wir uns allerdings sür ver¬
antwortlich halten sür Alles was wir thun, vor Gott, vor dem König und vor
unserm Gewissen. Wir sind aber nicht verantwortlich für das, was Se. Majestät
als Souverän beschließen und befehlen. .."

'!4 Redner hatten sich zum Wort gemeldet; der Marschall that, was er
konnte, die Debatte zum Schluß zu bringen.

Herr v. Auerswald-Plauthen erhielt das Wort, und stellte, in seinem gewöhn¬
lichen Vermirtlergcschäft, das neue Amendement, daß die von Arnim vorgeschla-


die Gesetze sie vorgesehen haben, so folgt daraus, daß alsdann ein Vertrag mit
der Krone über das, was etwa abzuändern ist, künstig stattfinden werde. Auf
diese Weise wird das Mißtrauen beseitigt,, was vielseitig sich eingeschlichen hat.
Wir sind hier dem Lande, dem Throne Wahrheit schuldig, und ich spreche es
unumwunden aus, es ist höchst bedenklich, daß das Vertrauen, was
früher statt fand, nicht mehr in gleichem Maße für die Regierung
vorhanden ist.

Das ist gerade aus diesen Verordnungen in Verbindung mit der Geschäfts¬
ordnung entstanden; diese Aktenstücke sind, indem sie die ständischen Rechte viel¬
seitig beschränken, mit Mißtrauen von den Räthen der Krone geschrieben, mit
Mißtrauen, daß wir unsere Rechte mißbrauchen würden.

Bedenken Sie, daß es sich nur von sehr wenigen Rechten handelt, von klei¬
nen im Vergleich zu denjenigen, denen sich die Stände anderer Staaten zu er¬
freuen haben. Wir wollen ruhig abwarten, was weiter von der Krone beschlos¬
sen wird, aber diese wenigen Rechte, die wollen wir währen. Die Kraft der
Nationalität wird geweckt durch's Rechtsgefühl.

Preußen ist allerdings in einer, unter gewissen Eventualitäten, mißlichen
Lage, und lassen Sie es uns wohl begreifen, wir müssen uns stärken. Was ist
der tiefliegende Grund, warum vom äußersten Westen und von der andern Seite
vom Osten her das Bedürfniß der Entwickelung des öffentlichen Rechts am stärk¬
sten gefordert wird? Es besteht darin, die östlichen wollen nicht russisch
und die westlichen wollen nicht französisch werden. Sie wollen Deutsche, wir
wollen Preußen bleiben, aber das öffentliche Recht entwickeln . . .

Auf diese Rede erwiderte zunächst der Prinz von Preußen: „Wir haben
gehört, daß gesagt worden ist, die vorliegenden Verordnungen seien aus dem
Mißtrauen der Räthe des Königs hervorgegangen. Vermöge meiner Geburt bin
ich der erste Unterthan des Königs, vermöge des Vertrauens des Königs sein
erster Rathgeber. Als solcher gebe ich die heilige Versicherung in meinem und
der übrigen Rathgeber Namen (dit Minister erheben sich), daß kein Mißtrauen
Einen von uns beschlichen hat, als diese Verordnungen berathen worden sind.
Aber eine Voraussicht haben wir gehabt, daß diese Verordnungen, die zum Besten
des Vaterlandes gegeben worden, Freiheiten und Rechte der Stände niemals aus
Unkosten der Rechte und Freiheiten der Krone gewähren sollen..."

Darauf setzte der Laudtagscommissär hinzu: „ Der Redner hat angeführt, eS
gehe aus den Aeußerungen, die ich gemacht habe, hervor, daß das Ministerium
sich für verantwortlich erklärt habe. Ich weiß nicht, aus welchem meiner Worte
diese Schlußfolge gezogen ist. Ich weiß aber, daß wir uns allerdings sür ver¬
antwortlich halten sür Alles was wir thun, vor Gott, vor dem König und vor
unserm Gewissen. Wir sind aber nicht verantwortlich für das, was Se. Majestät
als Souverän beschließen und befehlen. .."

'!4 Redner hatten sich zum Wort gemeldet; der Marschall that, was er
konnte, die Debatte zum Schluß zu bringen.

Herr v. Auerswald-Plauthen erhielt das Wort, und stellte, in seinem gewöhn¬
lichen Vermirtlergcschäft, das neue Amendement, daß die von Arnim vorgeschla-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/154>, abgerufen am 23.07.2024.