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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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die dem Staat erst später hiuzugctrctc" sind, durch die Bcsitzergreisungspatcnte
bestimmt geworden ist, daß der König sie der Verfassung anschließen wolle, die
er seinen gesammten Staaten verleihen wolle. Für uns ist also dadurch ein
vertragsmäßiger Rechtszustand begründet. Wir haben seither unsern
Theil des Vertrages als treue Unterthanen erfüllt, und wir dürfen daher erwar¬
ten, daß der Vertrag auch andererseits erfüllt werde....

Es wird nur die Frage sein, in welcher Form wir unsere Rechte verwah¬
ren wollen?

Auch ich sage, daß wir unsern Committenten Sicherheit schuldig sind; doch
bin ich der Ansicht, daß dies weder in der Form des Adreßentwnrfs, noch in der
des Amendements geschehen kann, wodurch wir uns erst die Erlaubniß zur. Wah¬
rung unserer Rechte erbitten. Die Rechte, die wir bereits besessen haben, können
wir nicht erst erbitten auf dem Wege der Petition, sondern es handelt sich hier
blos um die einfache Erklärung, daß wir diese uns durch die
frühern Gesetze verbürgten Rechte noch haben, daß die erwähn¬
ten Bestimmungen der früheren Gesetze durch die widersprechen¬
den Bestimmungen, der neuen Gesetze nicht aufgehoben worden
find, und daß jene Gesetze, nicht aufgehoben oder umgeändert
werden können, es sei deun mit^ ausdrücklicher Zustimmung der
verfassungsmäßig berufenen Stände....

Diese Erklärung ist klar, denn sie sagt bestimmt, was wir wollen; sie ist
farblos, denn sie steht nicht auf dem Boden der politischen Parteien, sondern aus
dem Boden des Rechts; sie ist einfach, denn sie hüllt sich nicht in schöne Redens¬
arten, sondern erscheint in der nackten Gestalt der. Wahrheit; sie wird zur Kennt¬
niß Sr. Majestät gelangen, denn sie wird abgegeben in Gegenwart des Landtags-
CommissariuS; sie wird Se. Majestät nicht drängen; wenn wir auf eine. Adresse
vielleicht eine unliebsame Antwort zu erwarten hätten, so läßt eine solche Erklä¬
rung unserm königlichen Herrn seine freie. Entschließung. Se. Majestät werden
nicht getrieben, und wir müssen geduldig erwarte", daß Allerhöchst den gestörten
Rechtszustand durch eine Erklärung wieder herstellen werde. Diese
Art der Verwahrung entspricht unsern Verpflichtungen gegen unsere Committen¬
ten, denn sie beweist ihnen, daß wir ihre Rechte kennen und sie ungeschwächt er¬
halten wollen, sie entspricht den . Pfttchten gegen die Staatsgläubigen, denn sie
sagt ihnen: daß wir ohne Zustimmung contrahirte Schulden nicht
anerkennen, sie entspricht den Pflichten der Offenheit und Wahrheit gegen
Se. Majestät, und sie schließt jede Dankadresse aus. Eine pure Dankadresse
neben dieser Verwahrung halte ich für unmöglich; denn ich kann
nicht danken mit den Reformidcen auf den Lippen...."

Wäre dieser glänzende Vortrag zur rechten Zeit gehalten worden, d. h. bevor
die Versammlung beschlossen hatte eine Adresse zu entwerfen, oder noch besser,
hätte der Redner sich dazu hergegeben, seine Ansichten in den Vorberathungen,
der liberalen Partei auseinanderzusetzen, so hätte die ganze Berathung eine andere
Wendung, nach meiner Meinung die allein richtige genommen. So aber konnte
die Versammlung nicht heute das Gegentheil von dem beschließen, was sie gestern.
M ungeheurer Majorität beschlossen hatte. Der Marschall war daher in seinem


die dem Staat erst später hiuzugctrctc» sind, durch die Bcsitzergreisungspatcnte
bestimmt geworden ist, daß der König sie der Verfassung anschließen wolle, die
er seinen gesammten Staaten verleihen wolle. Für uns ist also dadurch ein
vertragsmäßiger Rechtszustand begründet. Wir haben seither unsern
Theil des Vertrages als treue Unterthanen erfüllt, und wir dürfen daher erwar¬
ten, daß der Vertrag auch andererseits erfüllt werde....

Es wird nur die Frage sein, in welcher Form wir unsere Rechte verwah¬
ren wollen?

Auch ich sage, daß wir unsern Committenten Sicherheit schuldig sind; doch
bin ich der Ansicht, daß dies weder in der Form des Adreßentwnrfs, noch in der
des Amendements geschehen kann, wodurch wir uns erst die Erlaubniß zur. Wah¬
rung unserer Rechte erbitten. Die Rechte, die wir bereits besessen haben, können
wir nicht erst erbitten auf dem Wege der Petition, sondern es handelt sich hier
blos um die einfache Erklärung, daß wir diese uns durch die
frühern Gesetze verbürgten Rechte noch haben, daß die erwähn¬
ten Bestimmungen der früheren Gesetze durch die widersprechen¬
den Bestimmungen, der neuen Gesetze nicht aufgehoben worden
find, und daß jene Gesetze, nicht aufgehoben oder umgeändert
werden können, es sei deun mit^ ausdrücklicher Zustimmung der
verfassungsmäßig berufenen Stände....

Diese Erklärung ist klar, denn sie sagt bestimmt, was wir wollen; sie ist
farblos, denn sie steht nicht auf dem Boden der politischen Parteien, sondern aus
dem Boden des Rechts; sie ist einfach, denn sie hüllt sich nicht in schöne Redens¬
arten, sondern erscheint in der nackten Gestalt der. Wahrheit; sie wird zur Kennt¬
niß Sr. Majestät gelangen, denn sie wird abgegeben in Gegenwart des Landtags-
CommissariuS; sie wird Se. Majestät nicht drängen; wenn wir auf eine. Adresse
vielleicht eine unliebsame Antwort zu erwarten hätten, so läßt eine solche Erklä¬
rung unserm königlichen Herrn seine freie. Entschließung. Se. Majestät werden
nicht getrieben, und wir müssen geduldig erwarte», daß Allerhöchst den gestörten
Rechtszustand durch eine Erklärung wieder herstellen werde. Diese
Art der Verwahrung entspricht unsern Verpflichtungen gegen unsere Committen¬
ten, denn sie beweist ihnen, daß wir ihre Rechte kennen und sie ungeschwächt er¬
halten wollen, sie entspricht den . Pfttchten gegen die Staatsgläubigen, denn sie
sagt ihnen: daß wir ohne Zustimmung contrahirte Schulden nicht
anerkennen, sie entspricht den Pflichten der Offenheit und Wahrheit gegen
Se. Majestät, und sie schließt jede Dankadresse aus. Eine pure Dankadresse
neben dieser Verwahrung halte ich für unmöglich; denn ich kann
nicht danken mit den Reformidcen auf den Lippen...."

Wäre dieser glänzende Vortrag zur rechten Zeit gehalten worden, d. h. bevor
die Versammlung beschlossen hatte eine Adresse zu entwerfen, oder noch besser,
hätte der Redner sich dazu hergegeben, seine Ansichten in den Vorberathungen,
der liberalen Partei auseinanderzusetzen, so hätte die ganze Berathung eine andere
Wendung, nach meiner Meinung die allein richtige genommen. So aber konnte
die Versammlung nicht heute das Gegentheil von dem beschließen, was sie gestern.
M ungeheurer Majorität beschlossen hatte. Der Marschall war daher in seinem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/150>, abgerufen am 22.07.2024.