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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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die Justizminister das Gegentheil behaupten, denn das Wort Garantie enthält
eine klare Bestimmung, es enthalt den Begriff einer Bürgschaft, und eine Bürg¬
schaft ist an eine Willenserklärung gebunden; denn ich kann nicht Bürge sein,
wenn ich nicht gesagt habe: ich will mich verbürgen.,..

Der Minister hat gesagt: daß im Fall eines Krieges es unmöglich werden
könne, den Landtag so schnell zu berufen, um die erforderlichen Geldmittel zu
beschaffen. Wir werden indeß bei dem raschen Fortschreiten der Eisenbahn-Anla¬
gen bald in der Lage sein, daß wir uns aus allen Provinzen des Staats in acht
Tagen hier versammeln können. Ich bin der Meinung, daß grade im Falle ei¬
nes Krieges die Zusammenberufung der allgemeinen Stände am nothwendigsten
sei. Sollte es aber auch wirklich unmöglich sein, so würde es doch ein anderes
Auskunftsmittel geben, wie es namentlich in dem glücklichen Lande üblich ist,
dessen Verfassung die Jahrhunderte und eine Erbweisheit ohne gleichen gemacht
haben (Worte Sr. Maj.) Die Minister scheuen sich dort nicht, in einem
solchen dringende" Fall sür die Rettung des Vaterlandes ihren
Kopf auf's Spiel zu setzen, und begehren dann nachträglich von
den Volksvertretern eine Jndemnitätsbill, die ihnen dann anch
nicht verweigert wird; daß ist der gesetzliche Weg. Eine solche Aus¬
nahme muß man nun im Fall dringender Nothwendigkeit machen und nicht die
Ausnahme zum Gesetz erheben... >

Es handelt sich immer zunächst darum, ob eine solche Bestimmung ohne die
Einwilligung der Stände-Versammlung in's Leben treten kann. Es würde dies
den Credit des Staats gefährden. Wir lasen vor Kurzem in einem Artikel, thu
das allgemeine Gerücht der Feder des Landtags-Kommissars zuschreibt, daß der
Staat bis zum Erscheinen der Verordnung vom !). Febr. rechtlich ereditlos ge¬
wesen sei; aber eben darum müssen wir einen andern Zustand herbeiführen. ES
sind den Staatsglänbigcrn durch frühere Gesetze Garantien gegeben. Diese sind
bisher nicht ausgeführt worden, da die Abschließung von Anleihen an die Zu¬
stimmung der Stände gebunden ist, und die Gläubiger nicht wissen können, ob
die Reichsstände die kontrahirten Schulden später anerkennen werden....

Freilich bin ich nicht der Ansicht, daß der Staat auf diese Weise ganz cre¬
ditlos werden würde; anch Espartero und seine Gegner haben Darlehen erhalten
und es hat immer europäische Juden gegeben, welche selbst den Republiken jen¬
seit des Meeres bereitwillig ihr Geld gereicht haben. Hat aber die Mitgarantie
der Stände sür den Gläubiger einen Werth, so wird, wenn sie nicht ertheilt ist,
der, der das Geld hergibt, sich eine größere Risiko-Prämie oder einen höhern
Zinsfuß bedingen müssen, und wir Alle werden die größern Zinsen
aus unserm Beutel zu bezahlen haben --

Allein weit größer, als die materiellen, scheinen mir die unmatcriellcn Fol¬
gen zu sein, ich meine den bedenklichen Zustand, daß durch die neuen Gesetze die
Existenz aller ständischen Rechte gewissermaßen in Frage gestellt ist. Nun gehören
diese aber zu unsern verfassungsmäßigen Grundgesetzen, und in dieser Ueberzeu¬
gung verlange ich unsere ausdrückliche Zustimmung, nicht blos unsern Beirath
zu Aenderung jener Gesetze. Es kommt hinzu, daß für diejenigen Provinzen,


GrmMen. U. Isi7. ,g

die Justizminister das Gegentheil behaupten, denn das Wort Garantie enthält
eine klare Bestimmung, es enthalt den Begriff einer Bürgschaft, und eine Bürg¬
schaft ist an eine Willenserklärung gebunden; denn ich kann nicht Bürge sein,
wenn ich nicht gesagt habe: ich will mich verbürgen.,..

Der Minister hat gesagt: daß im Fall eines Krieges es unmöglich werden
könne, den Landtag so schnell zu berufen, um die erforderlichen Geldmittel zu
beschaffen. Wir werden indeß bei dem raschen Fortschreiten der Eisenbahn-Anla¬
gen bald in der Lage sein, daß wir uns aus allen Provinzen des Staats in acht
Tagen hier versammeln können. Ich bin der Meinung, daß grade im Falle ei¬
nes Krieges die Zusammenberufung der allgemeinen Stände am nothwendigsten
sei. Sollte es aber auch wirklich unmöglich sein, so würde es doch ein anderes
Auskunftsmittel geben, wie es namentlich in dem glücklichen Lande üblich ist,
dessen Verfassung die Jahrhunderte und eine Erbweisheit ohne gleichen gemacht
haben (Worte Sr. Maj.) Die Minister scheuen sich dort nicht, in einem
solchen dringende» Fall sür die Rettung des Vaterlandes ihren
Kopf auf's Spiel zu setzen, und begehren dann nachträglich von
den Volksvertretern eine Jndemnitätsbill, die ihnen dann anch
nicht verweigert wird; daß ist der gesetzliche Weg. Eine solche Aus¬
nahme muß man nun im Fall dringender Nothwendigkeit machen und nicht die
Ausnahme zum Gesetz erheben... >

Es handelt sich immer zunächst darum, ob eine solche Bestimmung ohne die
Einwilligung der Stände-Versammlung in's Leben treten kann. Es würde dies
den Credit des Staats gefährden. Wir lasen vor Kurzem in einem Artikel, thu
das allgemeine Gerücht der Feder des Landtags-Kommissars zuschreibt, daß der
Staat bis zum Erscheinen der Verordnung vom !). Febr. rechtlich ereditlos ge¬
wesen sei; aber eben darum müssen wir einen andern Zustand herbeiführen. ES
sind den Staatsglänbigcrn durch frühere Gesetze Garantien gegeben. Diese sind
bisher nicht ausgeführt worden, da die Abschließung von Anleihen an die Zu¬
stimmung der Stände gebunden ist, und die Gläubiger nicht wissen können, ob
die Reichsstände die kontrahirten Schulden später anerkennen werden....

Freilich bin ich nicht der Ansicht, daß der Staat auf diese Weise ganz cre¬
ditlos werden würde; anch Espartero und seine Gegner haben Darlehen erhalten
und es hat immer europäische Juden gegeben, welche selbst den Republiken jen¬
seit des Meeres bereitwillig ihr Geld gereicht haben. Hat aber die Mitgarantie
der Stände sür den Gläubiger einen Werth, so wird, wenn sie nicht ertheilt ist,
der, der das Geld hergibt, sich eine größere Risiko-Prämie oder einen höhern
Zinsfuß bedingen müssen, und wir Alle werden die größern Zinsen
aus unserm Beutel zu bezahlen haben —

Allein weit größer, als die materiellen, scheinen mir die unmatcriellcn Fol¬
gen zu sein, ich meine den bedenklichen Zustand, daß durch die neuen Gesetze die
Existenz aller ständischen Rechte gewissermaßen in Frage gestellt ist. Nun gehören
diese aber zu unsern verfassungsmäßigen Grundgesetzen, und in dieser Ueberzeu¬
gung verlange ich unsere ausdrückliche Zustimmung, nicht blos unsern Beirath
zu Aenderung jener Gesetze. Es kommt hinzu, daß für diejenigen Provinzen,


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[0149] die Justizminister das Gegentheil behaupten, denn das Wort Garantie enthält eine klare Bestimmung, es enthalt den Begriff einer Bürgschaft, und eine Bürg¬ schaft ist an eine Willenserklärung gebunden; denn ich kann nicht Bürge sein, wenn ich nicht gesagt habe: ich will mich verbürgen.,.. Der Minister hat gesagt: daß im Fall eines Krieges es unmöglich werden könne, den Landtag so schnell zu berufen, um die erforderlichen Geldmittel zu beschaffen. Wir werden indeß bei dem raschen Fortschreiten der Eisenbahn-Anla¬ gen bald in der Lage sein, daß wir uns aus allen Provinzen des Staats in acht Tagen hier versammeln können. Ich bin der Meinung, daß grade im Falle ei¬ nes Krieges die Zusammenberufung der allgemeinen Stände am nothwendigsten sei. Sollte es aber auch wirklich unmöglich sein, so würde es doch ein anderes Auskunftsmittel geben, wie es namentlich in dem glücklichen Lande üblich ist, dessen Verfassung die Jahrhunderte und eine Erbweisheit ohne gleichen gemacht haben (Worte Sr. Maj.) Die Minister scheuen sich dort nicht, in einem solchen dringende» Fall sür die Rettung des Vaterlandes ihren Kopf auf's Spiel zu setzen, und begehren dann nachträglich von den Volksvertretern eine Jndemnitätsbill, die ihnen dann anch nicht verweigert wird; daß ist der gesetzliche Weg. Eine solche Aus¬ nahme muß man nun im Fall dringender Nothwendigkeit machen und nicht die Ausnahme zum Gesetz erheben... > Es handelt sich immer zunächst darum, ob eine solche Bestimmung ohne die Einwilligung der Stände-Versammlung in's Leben treten kann. Es würde dies den Credit des Staats gefährden. Wir lasen vor Kurzem in einem Artikel, thu das allgemeine Gerücht der Feder des Landtags-Kommissars zuschreibt, daß der Staat bis zum Erscheinen der Verordnung vom !). Febr. rechtlich ereditlos ge¬ wesen sei; aber eben darum müssen wir einen andern Zustand herbeiführen. ES sind den Staatsglänbigcrn durch frühere Gesetze Garantien gegeben. Diese sind bisher nicht ausgeführt worden, da die Abschließung von Anleihen an die Zu¬ stimmung der Stände gebunden ist, und die Gläubiger nicht wissen können, ob die Reichsstände die kontrahirten Schulden später anerkennen werden.... Freilich bin ich nicht der Ansicht, daß der Staat auf diese Weise ganz cre¬ ditlos werden würde; anch Espartero und seine Gegner haben Darlehen erhalten und es hat immer europäische Juden gegeben, welche selbst den Republiken jen¬ seit des Meeres bereitwillig ihr Geld gereicht haben. Hat aber die Mitgarantie der Stände sür den Gläubiger einen Werth, so wird, wenn sie nicht ertheilt ist, der, der das Geld hergibt, sich eine größere Risiko-Prämie oder einen höhern Zinsfuß bedingen müssen, und wir Alle werden die größern Zinsen aus unserm Beutel zu bezahlen haben — Allein weit größer, als die materiellen, scheinen mir die unmatcriellcn Fol¬ gen zu sein, ich meine den bedenklichen Zustand, daß durch die neuen Gesetze die Existenz aller ständischen Rechte gewissermaßen in Frage gestellt ist. Nun gehören diese aber zu unsern verfassungsmäßigen Grundgesetzen, und in dieser Ueberzeu¬ gung verlange ich unsere ausdrückliche Zustimmung, nicht blos unsern Beirath zu Aenderung jener Gesetze. Es kommt hinzu, daß für diejenigen Provinzen, GrmMen. U. Isi7. ,g

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/149>, abgerufen am 22.07.2024.