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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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soll. "Ich glaube," setzte er hinzu, "daß Sie durch eine Verwahrung
der Art, w'le sie hier liegt, den Weg des Fortschritts in Frage
stell ein Sieben Jahr hat der König gebraucht, um über die Form der Neichs-
ständischcu Verfassung mit sich und seinen Räthen zum Ziel zu, gelangen. Um
Alles in der Welt wollen wir nicht wünschen, daß dies schwer und langsam er¬
reichte Ziel wieder in Frage gestellt werde, indem wir in demselben Augenblick
an unsre Gewährung die Bedingung der Verehrungen knüpften, die mit den aus¬
drücklichen Worten bezeichnet sind, daß zwischen dem, was gerecht ist, und dem"
was die Stände für nöthig halten, noch Lücken sind. Liegt denn darin
nicht eine nur bedingte Annahme? (Entschieden!) ...

Dem König mit aller Lebendigkeit und Aufrichtigkeit zu sagen, was wir wünschen,
das' wollen wir, aber, in der Ndresse auf diese Weise ausgesprochen, ist es nicht
ein Wunsch, sondern ein Fußen auf ein Stecht. (Sehr wahr, und
gerade der Punkt, worauf es ankommt!) Der König kann dann mir sagen: die
Stände haben Recht, oder: Ich! und wenn er die Rechte der Stände
anerkennt, so würde er nicht so frei erscheinen, wie ich glaube,
daß es wünsch enswerth ist. ..."

Deshalb schlägt der Redner an Stelle des zweiten Theils der Adresse fol¬
gende Erklärung vor:

"Zu Ew. Mai. hegen wir das Vertrauen, daß Alters. es nicht als
einen Mangel an Dankbarkeit betrachten werden, wenn wir im Laufe unsrer Ver¬
handlungen ans diejenigen Punkte der Verordnung vom ü. Febr. näher ein¬
gehen, in welchen Viele unter uns die volle Uebereinstimmung mit den ältern
Gesetzen vermissen. Denn damit Ew. Maj. getreue Stände dem Thron eine
wahrhafte Stütze fein, damit wir Ew. Maj. wirksam mittheilen können, muß in
denen, die wir vertreten, die Ueberzeugung leben, daß uns wie die Ehre und
Kraft der Krone, so anch die uns von unsern Königen verliehenen ständischen
Rechte theuer sind, daß wir beide als unschätzbare Kleinode bewahren und pflegen.

Sollte der Landtag dnrch seine Berathungen, sollten Ew. Maj. dnrch
seine ehrfurchtsvoll vorzutragenden Gründe sich von dem Vorhandensein solcher
Abweichungen zwischen den ältern und den gegenwärtigen Gesetzen überzeugen,
so zweifeln wir nicht, daß Ew. Maj. Weisheit und Gerechtigkeit die Wege
wählen werden, welche zu ihrer Ausgleichung in einer mit der Wohlfahrt Preu¬
ßens vereinbaren Weise führen, der Wohlfahrt, die anf der Stärke des monar¬
chischen Prinzips und ans einem sichern Und geordneten ständischen Rechtsboden
denkst.--

Die Verwahrung wird also darauf reduzirt, den König vorzubereiten, daß
derartige Punkte noch zur Erörterung kommen werden, so daß man dann nicht
sagen kann, es falle ans, daß die Stände ihren Dank ausgesprochen und kein
Wort erwähnt haben, daß in dem neuen Gesetz Dinge enthalten sind, die bei
einem Theil der Mitglieder Bedenken erregen.

Der Marschall wollte diesen Vorschlag sofort zur Abstimmung bringen, da
sich aber mehr als 24 Mitglieder erhoben, die eine weitere Discussion wünschten,
so wurde die Debatte fortgesetzt.


soll. „Ich glaube," setzte er hinzu, „daß Sie durch eine Verwahrung
der Art, w'le sie hier liegt, den Weg des Fortschritts in Frage
stell ein Sieben Jahr hat der König gebraucht, um über die Form der Neichs-
ständischcu Verfassung mit sich und seinen Räthen zum Ziel zu, gelangen. Um
Alles in der Welt wollen wir nicht wünschen, daß dies schwer und langsam er¬
reichte Ziel wieder in Frage gestellt werde, indem wir in demselben Augenblick
an unsre Gewährung die Bedingung der Verehrungen knüpften, die mit den aus¬
drücklichen Worten bezeichnet sind, daß zwischen dem, was gerecht ist, und dem»
was die Stände für nöthig halten, noch Lücken sind. Liegt denn darin
nicht eine nur bedingte Annahme? (Entschieden!) ...

Dem König mit aller Lebendigkeit und Aufrichtigkeit zu sagen, was wir wünschen,
das' wollen wir, aber, in der Ndresse auf diese Weise ausgesprochen, ist es nicht
ein Wunsch, sondern ein Fußen auf ein Stecht. (Sehr wahr, und
gerade der Punkt, worauf es ankommt!) Der König kann dann mir sagen: die
Stände haben Recht, oder: Ich! und wenn er die Rechte der Stände
anerkennt, so würde er nicht so frei erscheinen, wie ich glaube,
daß es wünsch enswerth ist. ..."

Deshalb schlägt der Redner an Stelle des zweiten Theils der Adresse fol¬
gende Erklärung vor:

„Zu Ew. Mai. hegen wir das Vertrauen, daß Alters. es nicht als
einen Mangel an Dankbarkeit betrachten werden, wenn wir im Laufe unsrer Ver¬
handlungen ans diejenigen Punkte der Verordnung vom ü. Febr. näher ein¬
gehen, in welchen Viele unter uns die volle Uebereinstimmung mit den ältern
Gesetzen vermissen. Denn damit Ew. Maj. getreue Stände dem Thron eine
wahrhafte Stütze fein, damit wir Ew. Maj. wirksam mittheilen können, muß in
denen, die wir vertreten, die Ueberzeugung leben, daß uns wie die Ehre und
Kraft der Krone, so anch die uns von unsern Königen verliehenen ständischen
Rechte theuer sind, daß wir beide als unschätzbare Kleinode bewahren und pflegen.

Sollte der Landtag dnrch seine Berathungen, sollten Ew. Maj. dnrch
seine ehrfurchtsvoll vorzutragenden Gründe sich von dem Vorhandensein solcher
Abweichungen zwischen den ältern und den gegenwärtigen Gesetzen überzeugen,
so zweifeln wir nicht, daß Ew. Maj. Weisheit und Gerechtigkeit die Wege
wählen werden, welche zu ihrer Ausgleichung in einer mit der Wohlfahrt Preu¬
ßens vereinbaren Weise führen, der Wohlfahrt, die anf der Stärke des monar¬
chischen Prinzips und ans einem sichern Und geordneten ständischen Rechtsboden
denkst.—

Die Verwahrung wird also darauf reduzirt, den König vorzubereiten, daß
derartige Punkte noch zur Erörterung kommen werden, so daß man dann nicht
sagen kann, es falle ans, daß die Stände ihren Dank ausgesprochen und kein
Wort erwähnt haben, daß in dem neuen Gesetz Dinge enthalten sind, die bei
einem Theil der Mitglieder Bedenken erregen.

Der Marschall wollte diesen Vorschlag sofort zur Abstimmung bringen, da
sich aber mehr als 24 Mitglieder erhoben, die eine weitere Discussion wünschten,
so wurde die Debatte fortgesetzt.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/147>, abgerufen am 22.07.2024.