Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.Schildwacht draußen das Pulver auf der Pfanne nicht naß geworden ist!" Sein letzter Gedanke war ein prophetischer. Denn kurz darauf trat die "Aber Mensch!" sagte der Magister zerknirscht, "durch Ihre Posten- Ach, wie der Ruf des Feldherrn nach Verlorner Schlacht, so ertönte "Präsentirt das Gewehr!" bebte der Magister. Der letzte Flügelmann fiel den Pferden in die Zügel; der Magister Der Erbprinz bog sich etwas aus der Wagenecke hervor, zog aber sei¬ 15*
Schildwacht draußen das Pulver auf der Pfanne nicht naß geworden ist!" Sein letzter Gedanke war ein prophetischer. Denn kurz darauf trat die „Aber Mensch!" sagte der Magister zerknirscht, „durch Ihre Posten- Ach, wie der Ruf des Feldherrn nach Verlorner Schlacht, so ertönte „Präsentirt das Gewehr!" bebte der Magister. Der letzte Flügelmann fiel den Pferden in die Zügel; der Magister Der Erbprinz bog sich etwas aus der Wagenecke hervor, zog aber sei¬ 15*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0119" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272018"/> <p xml:id="ID_442" prev="#ID_441"> Schildwacht draußen das Pulver auf der Pfanne nicht naß geworden ist!"<lb/> dachte der Magister, als es eben 11 Uhr schlug.</p><lb/> <p xml:id="ID_443"> Sein letzter Gedanke war ein prophetischer. Denn kurz darauf trat die<lb/> Schildwacht von dem Krähenberge, trotz ihrer beiden Mäntel bis auf's<lb/> Hemde durchnäßt herein. „Der Teufel mag da länger stehen!" sagte der<lb/> Mann. „Ihr habt's bequemer, wie ich sehe. Auch hab' ich kein Pulver<lb/> mehr auf der Pfanne." Hier trank er rasch hintereinander mehrere Gläser<lb/> Punsch.</p><lb/> <p xml:id="ID_444"> „Aber Mensch!" sagte der Magister zerknirscht, „durch Ihre Posten-<lb/> verlassung siud wir gänzlich ruinirt. Woher wissen wir nnn, wenn der Erb¬<lb/> prinz kommt?" - „Durch mich, versetzte der Posten; er wird in einer<lb/> kleinen Viertelstunde hier sein, hat mir der Stallmeister gesagt, der ihm<lb/> vorausgefahren und mit mir zugleich hier eingekehrt ist." --- „Zu den Waf¬<lb/> fen, Spartaner!" schrie nun der Magister ans Leibeskräften. „Er naht,<lb/> er ist da!"</p><lb/> <p xml:id="ID_445"> Ach, wie der Ruf des Feldherrn nach Verlorner Schlacht, so ertönte<lb/> der Ruf des Hauptmanns Zimpler. Können die Todten Antwort geben?<lb/> Nur wenige Brave rafften sich trotz ihrer brennenden Wunde auf und folgten<lb/> der Fahne des Führers. Grabesschweigen deckte das Gefeit. So taumelten<lb/> acht Schützen von den Stühlen ans und ergriffen die Büchsen und folgten<lb/> dem Hauptmann, sich auf dem Markte zu postiren. Stromweise schoß der<lb/> Regen hernieder; ein Hund würde, um seinen rückkehrenden Herrn zu be¬<lb/> grüßen, sich nicht hinausgewagt haben — die hochlöbliche Schützencompagnie,<lb/> ihr Rest, wagte es. „Front!" commandirte der Magister mit zitternder<lb/> Stimme. Sie standen, d. h. wankten bald mit den Köpfen, bald mit den<lb/> Unterleibern vor, aber bildeten doch eine gerade Linie. Schon rasselte der<lb/> prinzliche Wagen über das Straßenpflaster daher.</p><lb/> <p xml:id="ID_446"> „Präsentirt das Gewehr!" bebte der Magister.</p><lb/> <p xml:id="ID_447"> Der letzte Flügelmann fiel den Pferden in die Zügel; der Magister<lb/> schwankte an den Wagen heran. „Willkommen zu Thermopylä, Landes-<lb/> vater!" stotterte und stammelte er, „ich bin der Magister Leonidas, der<lb/> Knecht, das sind die Spartaner, die ich commandire und Ew. Durchlaucht<lb/> präsentire; wir weichen und wanken nicht und sterben Alle wie Ein Mann<lb/> zu Dero Füßen!"</p><lb/> <p xml:id="ID_448" next="#ID_449"> Der Erbprinz bog sich etwas aus der Wagenecke hervor, zog aber sei¬<lb/> nen Kops wegen des strömenden Regens hastig wieder zurück und sagte er¬<lb/> zürnt aus dem Fond des Wagens: „Haben Wir nicht allen Empfang ver¬<lb/> boten? Albernes, kindisches Zeug. Er muß sich glücklich schätzen, Magister.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 15*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0119]
Schildwacht draußen das Pulver auf der Pfanne nicht naß geworden ist!"
dachte der Magister, als es eben 11 Uhr schlug.
Sein letzter Gedanke war ein prophetischer. Denn kurz darauf trat die
Schildwacht von dem Krähenberge, trotz ihrer beiden Mäntel bis auf's
Hemde durchnäßt herein. „Der Teufel mag da länger stehen!" sagte der
Mann. „Ihr habt's bequemer, wie ich sehe. Auch hab' ich kein Pulver
mehr auf der Pfanne." Hier trank er rasch hintereinander mehrere Gläser
Punsch.
„Aber Mensch!" sagte der Magister zerknirscht, „durch Ihre Posten-
verlassung siud wir gänzlich ruinirt. Woher wissen wir nnn, wenn der Erb¬
prinz kommt?" - „Durch mich, versetzte der Posten; er wird in einer
kleinen Viertelstunde hier sein, hat mir der Stallmeister gesagt, der ihm
vorausgefahren und mit mir zugleich hier eingekehrt ist." --- „Zu den Waf¬
fen, Spartaner!" schrie nun der Magister ans Leibeskräften. „Er naht,
er ist da!"
Ach, wie der Ruf des Feldherrn nach Verlorner Schlacht, so ertönte
der Ruf des Hauptmanns Zimpler. Können die Todten Antwort geben?
Nur wenige Brave rafften sich trotz ihrer brennenden Wunde auf und folgten
der Fahne des Führers. Grabesschweigen deckte das Gefeit. So taumelten
acht Schützen von den Stühlen ans und ergriffen die Büchsen und folgten
dem Hauptmann, sich auf dem Markte zu postiren. Stromweise schoß der
Regen hernieder; ein Hund würde, um seinen rückkehrenden Herrn zu be¬
grüßen, sich nicht hinausgewagt haben — die hochlöbliche Schützencompagnie,
ihr Rest, wagte es. „Front!" commandirte der Magister mit zitternder
Stimme. Sie standen, d. h. wankten bald mit den Köpfen, bald mit den
Unterleibern vor, aber bildeten doch eine gerade Linie. Schon rasselte der
prinzliche Wagen über das Straßenpflaster daher.
„Präsentirt das Gewehr!" bebte der Magister.
Der letzte Flügelmann fiel den Pferden in die Zügel; der Magister
schwankte an den Wagen heran. „Willkommen zu Thermopylä, Landes-
vater!" stotterte und stammelte er, „ich bin der Magister Leonidas, der
Knecht, das sind die Spartaner, die ich commandire und Ew. Durchlaucht
präsentire; wir weichen und wanken nicht und sterben Alle wie Ein Mann
zu Dero Füßen!"
Der Erbprinz bog sich etwas aus der Wagenecke hervor, zog aber sei¬
nen Kops wegen des strömenden Regens hastig wieder zurück und sagte er¬
zürnt aus dem Fond des Wagens: „Haben Wir nicht allen Empfang ver¬
boten? Albernes, kindisches Zeug. Er muß sich glücklich schätzen, Magister.
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