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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Stadt verrichte", wenn die Miliz einmal ausrücken sollte, als wir, die hoch-
löbliche Schützencompagnie?"

Bei diesem begeisterten, Allen einleuchtenden Passus brach ein allgemei¬
ner Jnbel aus, der sich kaum legen wollte, so das; der Magister Mühe hatte,
folgendermaßen fortzufahren:

"Alle diese Gedanken, alle diese Gefühle finden ihren Ausdruck, ihre
Repräsentation uach Außen in der Uniform. Zum Schlüsse laßt uns ein
Beispiel aus dem öffentlichen Leben nehmen: Nur das Militär macht unseru
Staat furchtbar Und also gesichert. Was soll der Krieger in demselben weiter
sein, als eine Mcuschenvertilgnugsmaschiue? Muß es auf den Feind aber
nicht einen weit gefährlichem Eindruck machen, wenn ein ganzes Regiment
unifvrmirter Soldaten seine Gewehre gegen ihn abfeuert........ weil er weiß,
daß diese Leute zu nichts anderem auf der Welt da sind, als eben hierzu
-- als wenn er eine gleiche Anzahl zusammengeraffter Bürger in ihren
Werteltagskleideril gegen sich anmarschiren sieht, von denen die Meisten bis¬
her nnr die Nadel oder das Scheermesser geführt haben? Ist es nicht gefähr¬
licher mit Maschinen, als mit Menschen zu kämpfen? Auch wir, Kamerade",
wollen Eindruck machen, und zwar nicht nur anf die Weiber und Jungfrauen
unsrer Stadt -- obwohl auch hierzu der Glanz der Uniform uus eher ver-
helfen wird -.....- sondern anch (laßt es mich sagen) auf die Feinde des Va¬
terlandes, wenn einst der Erbprinz ruft zum Kampfe für Heerd und Familie!

Vorläufig aber macht er nur eine Vergnügungsreise. Wohin? ob nach
London, oder Paris, oder Petersburg steht unserem geringen Verstaube uicht
an zu erfragen. Genug, er reiset und wird übemwrgeu unsere Stadt mit seinem
Besuche beglücken. Nun wird er zwar - - wie wir armselige Kreaturen durch das
Leben -- menxuitt, durch die Stadt passiren und hat sich deshalb Triumph¬
bogen, Geläut, Kränze, Reden und Gedichte verbeten. Aber ein treues Un¬
terthanenherz kaun doch nicht umhin, feine Gefühle an solchem Tage laut
werden zulassen. Darum trägt der Herr Major darauf an, daß das Sadi'chen-
eorps, als 'Repräsentant der Stadt, vor dein hiesigen Gasthofe den Erb¬
prinzen in Reih nud Glied bewillkommne, und daß der Hauptmann Zimpler,
der seist die Ehre hat zu sprechen, eine Rede und ein Carmen ausarbeite.
Dazu siud nun, wie männiglich einsieht, wieder Uniformen nöthig. -- --

"Nun weiß eilt Jeder, was wir beabsichtigen," unterbrach hier der Ma¬
jor, "und wer sich uniformiren will, der hebe die Hand in die Höhe. Wer's
nicht thut, wird als ein Feind des Vaterlandes angesehen."

Alle streckten, und auch der Major selbst die Hände wie zum Schwur
in die Höhe. Nur Einer uicht, der Stubenmaler Matz Pump.


Stadt verrichte», wenn die Miliz einmal ausrücken sollte, als wir, die hoch-
löbliche Schützencompagnie?"

Bei diesem begeisterten, Allen einleuchtenden Passus brach ein allgemei¬
ner Jnbel aus, der sich kaum legen wollte, so das; der Magister Mühe hatte,
folgendermaßen fortzufahren:

„Alle diese Gedanken, alle diese Gefühle finden ihren Ausdruck, ihre
Repräsentation uach Außen in der Uniform. Zum Schlüsse laßt uns ein
Beispiel aus dem öffentlichen Leben nehmen: Nur das Militär macht unseru
Staat furchtbar Und also gesichert. Was soll der Krieger in demselben weiter
sein, als eine Mcuschenvertilgnugsmaschiue? Muß es auf den Feind aber
nicht einen weit gefährlichem Eindruck machen, wenn ein ganzes Regiment
unifvrmirter Soldaten seine Gewehre gegen ihn abfeuert........ weil er weiß,
daß diese Leute zu nichts anderem auf der Welt da sind, als eben hierzu
— als wenn er eine gleiche Anzahl zusammengeraffter Bürger in ihren
Werteltagskleideril gegen sich anmarschiren sieht, von denen die Meisten bis¬
her nnr die Nadel oder das Scheermesser geführt haben? Ist es nicht gefähr¬
licher mit Maschinen, als mit Menschen zu kämpfen? Auch wir, Kamerade»,
wollen Eindruck machen, und zwar nicht nur anf die Weiber und Jungfrauen
unsrer Stadt — obwohl auch hierzu der Glanz der Uniform uus eher ver-
helfen wird -.....- sondern anch (laßt es mich sagen) auf die Feinde des Va¬
terlandes, wenn einst der Erbprinz ruft zum Kampfe für Heerd und Familie!

Vorläufig aber macht er nur eine Vergnügungsreise. Wohin? ob nach
London, oder Paris, oder Petersburg steht unserem geringen Verstaube uicht
an zu erfragen. Genug, er reiset und wird übemwrgeu unsere Stadt mit seinem
Besuche beglücken. Nun wird er zwar - - wie wir armselige Kreaturen durch das
Leben — menxuitt, durch die Stadt passiren und hat sich deshalb Triumph¬
bogen, Geläut, Kränze, Reden und Gedichte verbeten. Aber ein treues Un¬
terthanenherz kaun doch nicht umhin, feine Gefühle an solchem Tage laut
werden zulassen. Darum trägt der Herr Major darauf an, daß das Sadi'chen-
eorps, als 'Repräsentant der Stadt, vor dein hiesigen Gasthofe den Erb¬
prinzen in Reih nud Glied bewillkommne, und daß der Hauptmann Zimpler,
der seist die Ehre hat zu sprechen, eine Rede und ein Carmen ausarbeite.
Dazu siud nun, wie männiglich einsieht, wieder Uniformen nöthig. — —

„Nun weiß eilt Jeder, was wir beabsichtigen," unterbrach hier der Ma¬
jor, „und wer sich uniformiren will, der hebe die Hand in die Höhe. Wer's
nicht thut, wird als ein Feind des Vaterlandes angesehen."

Alle streckten, und auch der Major selbst die Hände wie zum Schwur
in die Höhe. Nur Einer uicht, der Stubenmaler Matz Pump.


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[0113] Stadt verrichte», wenn die Miliz einmal ausrücken sollte, als wir, die hoch- löbliche Schützencompagnie?" Bei diesem begeisterten, Allen einleuchtenden Passus brach ein allgemei¬ ner Jnbel aus, der sich kaum legen wollte, so das; der Magister Mühe hatte, folgendermaßen fortzufahren: „Alle diese Gedanken, alle diese Gefühle finden ihren Ausdruck, ihre Repräsentation uach Außen in der Uniform. Zum Schlüsse laßt uns ein Beispiel aus dem öffentlichen Leben nehmen: Nur das Militär macht unseru Staat furchtbar Und also gesichert. Was soll der Krieger in demselben weiter sein, als eine Mcuschenvertilgnugsmaschiue? Muß es auf den Feind aber nicht einen weit gefährlichem Eindruck machen, wenn ein ganzes Regiment unifvrmirter Soldaten seine Gewehre gegen ihn abfeuert........ weil er weiß, daß diese Leute zu nichts anderem auf der Welt da sind, als eben hierzu — als wenn er eine gleiche Anzahl zusammengeraffter Bürger in ihren Werteltagskleideril gegen sich anmarschiren sieht, von denen die Meisten bis¬ her nnr die Nadel oder das Scheermesser geführt haben? Ist es nicht gefähr¬ licher mit Maschinen, als mit Menschen zu kämpfen? Auch wir, Kamerade», wollen Eindruck machen, und zwar nicht nur anf die Weiber und Jungfrauen unsrer Stadt — obwohl auch hierzu der Glanz der Uniform uus eher ver- helfen wird -.....- sondern anch (laßt es mich sagen) auf die Feinde des Va¬ terlandes, wenn einst der Erbprinz ruft zum Kampfe für Heerd und Familie! Vorläufig aber macht er nur eine Vergnügungsreise. Wohin? ob nach London, oder Paris, oder Petersburg steht unserem geringen Verstaube uicht an zu erfragen. Genug, er reiset und wird übemwrgeu unsere Stadt mit seinem Besuche beglücken. Nun wird er zwar - - wie wir armselige Kreaturen durch das Leben — menxuitt, durch die Stadt passiren und hat sich deshalb Triumph¬ bogen, Geläut, Kränze, Reden und Gedichte verbeten. Aber ein treues Un¬ terthanenherz kaun doch nicht umhin, feine Gefühle an solchem Tage laut werden zulassen. Darum trägt der Herr Major darauf an, daß das Sadi'chen- eorps, als 'Repräsentant der Stadt, vor dein hiesigen Gasthofe den Erb¬ prinzen in Reih nud Glied bewillkommne, und daß der Hauptmann Zimpler, der seist die Ehre hat zu sprechen, eine Rede und ein Carmen ausarbeite. Dazu siud nun, wie männiglich einsieht, wieder Uniformen nöthig. — — „Nun weiß eilt Jeder, was wir beabsichtigen," unterbrach hier der Ma¬ jor, „und wer sich uniformiren will, der hebe die Hand in die Höhe. Wer's nicht thut, wird als ein Feind des Vaterlandes angesehen." Alle streckten, und auch der Major selbst die Hände wie zum Schwur in die Höhe. Nur Einer uicht, der Stubenmaler Matz Pump.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/113>, abgerufen am 22.07.2024.