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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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ergebenst erwiedert wurde hat noch einige Neste alten rothen Tuches,
welche er um ein Billiges der Schützencommunc abzulassen gedenkt. Da
jedoch das Cvmmnualvermögen bedeutend durch das heutige Mittagsessen
aufgezehrt ist, möchte die Gemeinheit, wenn ein Pleuarbeschlnß gefaßt wer¬
den könnte, wohl geneigt sein, diesmal eine Exemtion von der Regel zu statui-
ren, und als eine außerordentliche Personalsteuer jedem einzelnen Mitgliede
auferlegen, sich zu uniformiren." (Unwilliges Gemurmel auf der Linken. Der
Hauptmann Rvbersteiu blickt scharf hin. Alles ist still.) "Ich will jetzt ver¬
suchen, die Vorzüge der Uniformen zu schildern, und dies wird den besten
Uebergang zu dem zweiten Punkte, -ni 2 Erbprinz, bieten. Die Entste¬
hungsgeschichte verliert sich in das tiefste historische Dunkel, doch finden wir
schon frühe Anfänge derselben. Adam hat unbestritten eine solche getragen,
denn er war der erste und einzige Mensch. Bei den Römern trug jedes
Alter seine besondere Uniform, und die römischen Jünglinge warm höchst
erfreuet, wenn sie die to^ vllius anlegen durften. Kanut der Große soll
seinem sämmtlichen Heergefolge Stierfclle zu tragen befohlen haben. Am
meisten begünstigte aber wohl die Einrichtung der stehenden Heere dieses
Institut. Da nämlich nichts schwerer ist, als dem Feinde ein stehendes
Heer entgegenzustellen, so hat man diese Stabilität in die Uniformen gelegt
und läßt mit selbiger ordnungsmäßig oft sechs hintereinander eintretende
Rekrutenleiber überziehen. Der Ausdruck stehendes Heer sagt also so viel
ungefähr, als stehende Uniform. Welch ein erhebender Gedanke aber ist es
--- hier geriet!) der Magister in Begeisterung, und die Rede hätte wie Ge-
wittersturm ans seiner Brust gedonnert, wenn die heldische Lunge es erlaubt
hätte -- welch ein Gedanke, ein stehendes Heer zu bilden, selbst ein Mit¬
glied des stehenden Heeres zu sein!"

Dem Major, den zwölf Offizieren und eilf Gemeinen gingen die Augen
vor Wonne und Selbstgefühl über.

"Jeder Gedanke, jedes Gefühl," ging dann der Magister meh einer
stillen Pause auf das Lob der Uniformen über, "muß sein Symbol , seinen
Ausdruck in der Wirklichkeit haben. Welche Gefühle, welche Gedanken kön¬
nen uns als Mitglieder der Schützengilde wohl erfassen und bewegen?
1) Das Gefühl der Liebe und Treue gegen unseren verehrten Landesvater,
die reinste patriotische Gesinnung. 2) Der Gedanke: Wir bilden ein ge¬
schlossenes Corps, welches die Thatkraft und Kriegslust unsrer sämmtlichen
Mitbürger repräsentirt und das Recht hat, einen Schützenkönig aus seiner
Mitte zu wählen. 3) Der Gedanke: Wer anders soll die Loses-Wach-Boten-
Wächter-Gefangenentransports-Bautendienste übernehmen und zum Wohl der


ergebenst erwiedert wurde hat noch einige Neste alten rothen Tuches,
welche er um ein Billiges der Schützencommunc abzulassen gedenkt. Da
jedoch das Cvmmnualvermögen bedeutend durch das heutige Mittagsessen
aufgezehrt ist, möchte die Gemeinheit, wenn ein Pleuarbeschlnß gefaßt wer¬
den könnte, wohl geneigt sein, diesmal eine Exemtion von der Regel zu statui-
ren, und als eine außerordentliche Personalsteuer jedem einzelnen Mitgliede
auferlegen, sich zu uniformiren." (Unwilliges Gemurmel auf der Linken. Der
Hauptmann Rvbersteiu blickt scharf hin. Alles ist still.) „Ich will jetzt ver¬
suchen, die Vorzüge der Uniformen zu schildern, und dies wird den besten
Uebergang zu dem zweiten Punkte, -ni 2 Erbprinz, bieten. Die Entste¬
hungsgeschichte verliert sich in das tiefste historische Dunkel, doch finden wir
schon frühe Anfänge derselben. Adam hat unbestritten eine solche getragen,
denn er war der erste und einzige Mensch. Bei den Römern trug jedes
Alter seine besondere Uniform, und die römischen Jünglinge warm höchst
erfreuet, wenn sie die to^ vllius anlegen durften. Kanut der Große soll
seinem sämmtlichen Heergefolge Stierfclle zu tragen befohlen haben. Am
meisten begünstigte aber wohl die Einrichtung der stehenden Heere dieses
Institut. Da nämlich nichts schwerer ist, als dem Feinde ein stehendes
Heer entgegenzustellen, so hat man diese Stabilität in die Uniformen gelegt
und läßt mit selbiger ordnungsmäßig oft sechs hintereinander eintretende
Rekrutenleiber überziehen. Der Ausdruck stehendes Heer sagt also so viel
ungefähr, als stehende Uniform. Welch ein erhebender Gedanke aber ist es
—- hier geriet!) der Magister in Begeisterung, und die Rede hätte wie Ge-
wittersturm ans seiner Brust gedonnert, wenn die heldische Lunge es erlaubt
hätte — welch ein Gedanke, ein stehendes Heer zu bilden, selbst ein Mit¬
glied des stehenden Heeres zu sein!"

Dem Major, den zwölf Offizieren und eilf Gemeinen gingen die Augen
vor Wonne und Selbstgefühl über.

„Jeder Gedanke, jedes Gefühl," ging dann der Magister meh einer
stillen Pause auf das Lob der Uniformen über, „muß sein Symbol , seinen
Ausdruck in der Wirklichkeit haben. Welche Gefühle, welche Gedanken kön¬
nen uns als Mitglieder der Schützengilde wohl erfassen und bewegen?
1) Das Gefühl der Liebe und Treue gegen unseren verehrten Landesvater,
die reinste patriotische Gesinnung. 2) Der Gedanke: Wir bilden ein ge¬
schlossenes Corps, welches die Thatkraft und Kriegslust unsrer sämmtlichen
Mitbürger repräsentirt und das Recht hat, einen Schützenkönig aus seiner
Mitte zu wählen. 3) Der Gedanke: Wer anders soll die Loses-Wach-Boten-
Wächter-Gefangenentransports-Bautendienste übernehmen und zum Wohl der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/112>, abgerufen am 22.07.2024.