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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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V.
Die Holztheuerung in Oesterreich.

Durch das österreichische Eisenbahnnetz ist um einige Jahre früher, als es stuft
erfolgt wäre, das Holz unerwartet schnell im Preise gestiegen, daher man die Klagen
über diese Theuerung im Winter auf allen Straßen Prags, bei allen öffentlichen Ge¬
legenheiten, im einsamen Zimmer einer Familie, insbesondere aber auf der Präger
Schanze hören kann, wo die scheinbar sehr bedeutenden Holzvorräthe im Bahnhofe das
Publikum auss Höchste indigniren, ohne zu überlegen, daß die Prager Pferdebahn in
68.000 Joch Forsten einmündet, und die Prager Wasserstraße aus einem Waldcomplex
von wenigstens 300,000 Joch einher strömt, welche Forsten den Präger Holzmarkt
mit einem wahren Ueberflusse von Brennstoff versehen würden, wenn irgend auf eine
Art der Staat dem Forstwesen einige Aufmerksamkeit schenken und dabei nicht über alle
Vorstellung hinaus dem Stabilitätssystem huldigen möchte. Unter diesen Umständen
werden aber alle Vorschläge und Verträge immer wieder Männern zur Begutachtung
überwiesen, die dem böhmischen Spendagcnwcscn und seiner compacten Gliederung ihre
Existenz und Stellung allein verdanken und bei ihrer sterilen Unwissenheit wie schmu¬
tzigen Handlungsweise natürlich ihre amtliche Stellung benutzen, um jeden bessern
Luftzug abzuweisen, der ihnen mit Gefahr und Untergang droht.

So wie es aber in Prag mit der Brennstoff-Frage steht, ganz so sieht es in
Wien aus, wo der Centralpunkt der forstlicher Ignoranz und Arroganz sich hinter der
Intrigue verschanzt, und die übermüthigsten Verworrenheiten und Anträge in Gene¬
ralversammlungen vor den ersten Würden des Reichs zur Schau stellt, ja sich nicht
entblödet, sie selbst der Presse zuzustellen. Wir werden demnächst den letzten Aus-
spruch documentiren, und bei dieser Gelegenheit auch über eine höchst interessante Con-
cursprüsung und die Befähigung wie Redlichkeit ihres technischen PrüfnngScommissarius
referiren.

Die Theuerung des Brennstoffes, die bei der Eröffnung der Prag-Wiener Staats¬
bahn vor zwei Jahren eingetreten ist, konnte nicht länger ausbleiben, würde also, wie
erwähnt, ohne Eisenbahn einige Jahre später auch eingetreten sein, denn sie ist das
Resultat einer mehr als vierzigjährigen zügellosen Wirthschaft eines Mannes, der nicht
vierundzwanzig Stunden beim Forstwesen praktizirt hat, zwar viele Overatc als die
seinigen unterschrieben, wirklich aber nicht hundert Joch vermessen und regulirt hat,
sondern sich einzig und allein dnrch das böhmische Spendagenwesen ans die verwegenste
Art cinschmnggcltc, und dnrch eine wunderbare Kühnheit von Stufe zu Stufe auf eine
Art zu befördern wnfitc, die ihm in jedem andern Lande mehrmal seiner Freiheit be¬
raubt haben würde, denn für seine grenzenlosen Manipulationen lassen sich hundert Be¬
weise mathematisch auffinden, wofür z. B. die Herrschaft Nonnow, Smirziz, Horzu-
moires in,, wie die Stadtforsten von Pisek, Bcraun ze. Zeugenschaft geben, wie nicht
minder die ehemaligen StaatSfvrstcn von Slapp und Plaß, wobei besonders die Her¬
ren Juristen reichen Stoff für Criminaluntersuchnngen und ihre Resultate finden
würden!--

Es sind wenig Jahre verflossen, so waren alle Kicsernsorstcn, von Prag angefan¬
gen, bis an die östliche Landesgrenze, von dem Kicfernbvrkcnkäftr (ki^Iosimis pin
poi-ä-r) dermaßen befallen, daß auf ganzen Quadratmeilen, von der zehnjährigen Kie¬
ser angefangen, fast nicht ein Exemplar verschont war. Diese Verwüstung erreichte eine"
solchen Umfang, daß man das Uebel glei beim Eintritt in die Forsten der Staatsdo-


Gmizbvic". IV. 1547. 12
V.
Die Holztheuerung in Oesterreich.

Durch das österreichische Eisenbahnnetz ist um einige Jahre früher, als es stuft
erfolgt wäre, das Holz unerwartet schnell im Preise gestiegen, daher man die Klagen
über diese Theuerung im Winter auf allen Straßen Prags, bei allen öffentlichen Ge¬
legenheiten, im einsamen Zimmer einer Familie, insbesondere aber auf der Präger
Schanze hören kann, wo die scheinbar sehr bedeutenden Holzvorräthe im Bahnhofe das
Publikum auss Höchste indigniren, ohne zu überlegen, daß die Prager Pferdebahn in
68.000 Joch Forsten einmündet, und die Prager Wasserstraße aus einem Waldcomplex
von wenigstens 300,000 Joch einher strömt, welche Forsten den Präger Holzmarkt
mit einem wahren Ueberflusse von Brennstoff versehen würden, wenn irgend auf eine
Art der Staat dem Forstwesen einige Aufmerksamkeit schenken und dabei nicht über alle
Vorstellung hinaus dem Stabilitätssystem huldigen möchte. Unter diesen Umständen
werden aber alle Vorschläge und Verträge immer wieder Männern zur Begutachtung
überwiesen, die dem böhmischen Spendagcnwcscn und seiner compacten Gliederung ihre
Existenz und Stellung allein verdanken und bei ihrer sterilen Unwissenheit wie schmu¬
tzigen Handlungsweise natürlich ihre amtliche Stellung benutzen, um jeden bessern
Luftzug abzuweisen, der ihnen mit Gefahr und Untergang droht.

So wie es aber in Prag mit der Brennstoff-Frage steht, ganz so sieht es in
Wien aus, wo der Centralpunkt der forstlicher Ignoranz und Arroganz sich hinter der
Intrigue verschanzt, und die übermüthigsten Verworrenheiten und Anträge in Gene¬
ralversammlungen vor den ersten Würden des Reichs zur Schau stellt, ja sich nicht
entblödet, sie selbst der Presse zuzustellen. Wir werden demnächst den letzten Aus-
spruch documentiren, und bei dieser Gelegenheit auch über eine höchst interessante Con-
cursprüsung und die Befähigung wie Redlichkeit ihres technischen PrüfnngScommissarius
referiren.

Die Theuerung des Brennstoffes, die bei der Eröffnung der Prag-Wiener Staats¬
bahn vor zwei Jahren eingetreten ist, konnte nicht länger ausbleiben, würde also, wie
erwähnt, ohne Eisenbahn einige Jahre später auch eingetreten sein, denn sie ist das
Resultat einer mehr als vierzigjährigen zügellosen Wirthschaft eines Mannes, der nicht
vierundzwanzig Stunden beim Forstwesen praktizirt hat, zwar viele Overatc als die
seinigen unterschrieben, wirklich aber nicht hundert Joch vermessen und regulirt hat,
sondern sich einzig und allein dnrch das böhmische Spendagenwesen ans die verwegenste
Art cinschmnggcltc, und dnrch eine wunderbare Kühnheit von Stufe zu Stufe auf eine
Art zu befördern wnfitc, die ihm in jedem andern Lande mehrmal seiner Freiheit be¬
raubt haben würde, denn für seine grenzenlosen Manipulationen lassen sich hundert Be¬
weise mathematisch auffinden, wofür z. B. die Herrschaft Nonnow, Smirziz, Horzu-
moires in,, wie die Stadtforsten von Pisek, Bcraun ze. Zeugenschaft geben, wie nicht
minder die ehemaligen StaatSfvrstcn von Slapp und Plaß, wobei besonders die Her¬
ren Juristen reichen Stoff für Criminaluntersuchnngen und ihre Resultate finden
würden!--

Es sind wenig Jahre verflossen, so waren alle Kicsernsorstcn, von Prag angefan¬
gen, bis an die östliche Landesgrenze, von dem Kicfernbvrkcnkäftr (ki^Iosimis pin
poi-ä-r) dermaßen befallen, daß auf ganzen Quadratmeilen, von der zehnjährigen Kie¬
ser angefangen, fast nicht ein Exemplar verschont war. Diese Verwüstung erreichte eine»
solchen Umfang, daß man das Uebel glei beim Eintritt in die Forsten der Staatsdo-


Gmizbvic». IV. 1547. 12
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[0097] V. Die Holztheuerung in Oesterreich. Durch das österreichische Eisenbahnnetz ist um einige Jahre früher, als es stuft erfolgt wäre, das Holz unerwartet schnell im Preise gestiegen, daher man die Klagen über diese Theuerung im Winter auf allen Straßen Prags, bei allen öffentlichen Ge¬ legenheiten, im einsamen Zimmer einer Familie, insbesondere aber auf der Präger Schanze hören kann, wo die scheinbar sehr bedeutenden Holzvorräthe im Bahnhofe das Publikum auss Höchste indigniren, ohne zu überlegen, daß die Prager Pferdebahn in 68.000 Joch Forsten einmündet, und die Prager Wasserstraße aus einem Waldcomplex von wenigstens 300,000 Joch einher strömt, welche Forsten den Präger Holzmarkt mit einem wahren Ueberflusse von Brennstoff versehen würden, wenn irgend auf eine Art der Staat dem Forstwesen einige Aufmerksamkeit schenken und dabei nicht über alle Vorstellung hinaus dem Stabilitätssystem huldigen möchte. Unter diesen Umständen werden aber alle Vorschläge und Verträge immer wieder Männern zur Begutachtung überwiesen, die dem böhmischen Spendagcnwcscn und seiner compacten Gliederung ihre Existenz und Stellung allein verdanken und bei ihrer sterilen Unwissenheit wie schmu¬ tzigen Handlungsweise natürlich ihre amtliche Stellung benutzen, um jeden bessern Luftzug abzuweisen, der ihnen mit Gefahr und Untergang droht. So wie es aber in Prag mit der Brennstoff-Frage steht, ganz so sieht es in Wien aus, wo der Centralpunkt der forstlicher Ignoranz und Arroganz sich hinter der Intrigue verschanzt, und die übermüthigsten Verworrenheiten und Anträge in Gene¬ ralversammlungen vor den ersten Würden des Reichs zur Schau stellt, ja sich nicht entblödet, sie selbst der Presse zuzustellen. Wir werden demnächst den letzten Aus- spruch documentiren, und bei dieser Gelegenheit auch über eine höchst interessante Con- cursprüsung und die Befähigung wie Redlichkeit ihres technischen PrüfnngScommissarius referiren. Die Theuerung des Brennstoffes, die bei der Eröffnung der Prag-Wiener Staats¬ bahn vor zwei Jahren eingetreten ist, konnte nicht länger ausbleiben, würde also, wie erwähnt, ohne Eisenbahn einige Jahre später auch eingetreten sein, denn sie ist das Resultat einer mehr als vierzigjährigen zügellosen Wirthschaft eines Mannes, der nicht vierundzwanzig Stunden beim Forstwesen praktizirt hat, zwar viele Overatc als die seinigen unterschrieben, wirklich aber nicht hundert Joch vermessen und regulirt hat, sondern sich einzig und allein dnrch das böhmische Spendagenwesen ans die verwegenste Art cinschmnggcltc, und dnrch eine wunderbare Kühnheit von Stufe zu Stufe auf eine Art zu befördern wnfitc, die ihm in jedem andern Lande mehrmal seiner Freiheit be¬ raubt haben würde, denn für seine grenzenlosen Manipulationen lassen sich hundert Be¬ weise mathematisch auffinden, wofür z. B. die Herrschaft Nonnow, Smirziz, Horzu- moires in,, wie die Stadtforsten von Pisek, Bcraun ze. Zeugenschaft geben, wie nicht minder die ehemaligen StaatSfvrstcn von Slapp und Plaß, wobei besonders die Her¬ ren Juristen reichen Stoff für Criminaluntersuchnngen und ihre Resultate finden würden!-- Es sind wenig Jahre verflossen, so waren alle Kicsernsorstcn, von Prag angefan¬ gen, bis an die östliche Landesgrenze, von dem Kicfernbvrkcnkäftr (ki^Iosimis pin poi-ä-r) dermaßen befallen, daß auf ganzen Quadratmeilen, von der zehnjährigen Kie¬ ser angefangen, fast nicht ein Exemplar verschont war. Diese Verwüstung erreichte eine» solchen Umfang, daß man das Uebel glei beim Eintritt in die Forsten der Staatsdo- Gmizbvic». IV. 1547. 12

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/97>, abgerufen am 11.12.2024.