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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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zur See eine solche Unternehmung aus hundert Gründen unmöglich wäre. Drit¬
tens endlich, weil in Osterreich selbst die Vehemenz des Absolutismus, der in dem
Jahr 1820 die Oesterreicher nach Neapel schickte, nicht mehr so vorherrschend ist, und
vom Throne selbst nicht darauf gedrungen wird wie ehedem. Die Zeit Franz I.
ist nicht mehr, Oesterreich ist, wenn nicht versöhnlicher, doch passiver gegen die Volks¬
bewegungen in den Nachbarstaaten geworden. Es hat seit 18l!0 auf zu vielen Seiten
die Flamme lodern sehen, um überall Löschmannschaft hinsenden zu wollen. Oester>
reich wird mit den italienischen Fürsten negoziren, aber interveniren würde es nur,
wenn die Lombardei von Venedig selbst bedroht würde, aber dann würde es auch
Alles daran setzen, um seinen mehrhnndertjährigen Besitz in Italien zu wahren,
und dann wäre es auch in seinein vollen Rechte und würde ans die Hülfe Deutsch¬
lands sicher rechnen dürfen. So wenigstens verstehen wir die Weisung des preu¬
ßischen Monarchen an seine italienische Diplomatie.

Auch auf andern Gebieten sehen wir ein sehr zu bewillkommendes Gemein¬
samhandeln zwischen Preußen und Oesterreich. Dein Postcongreß, der am 15.
dieses Monats in Dresden eröffnet wird, werden die Grundzüge eines Postver-
eins, über welche die beiden deutschen Großmächte uuter sich im Reinen sind,
vorgelegt werden. Hierbei hat Oesterreich die Initiative ergriffen, während bei
dem Wechselcongreß, zu dein Preußen sämmtliche deutsche Regierungen nach Leip¬
zig eingeladen hat, Oesterreich ohne unzeitige Eifersüchtelei seinen Abgeordneten
sendet '), und nicht, wie ein Brief in diesen Blättern meldete, ans Stolz wegen
der ihm entgangenen Prärogative ausbleiben wird. Auch bei dem Plane zu einem
allgemeine" Schifffahrtsvertrag hat sich Oesterreich dem Zollvereine angeschlossen,
und die wiederholten Gerüchte, daß man im Kaiserstaate Vorbereitungen trifft,
um dem Zollvereine überhaupt um einen bedeutenden Schritt näher zu rücken,
geben den Beweis, daß Oesterreich endlich wieder zu der gesunden und natürlichen
Politik zurückkehrt, sich vor allem als eine deutsche Macht zu betrachten, und nur
im innigen Anschluß an Deutschland die Bahn seiner Zukunft zu suchen. Daß einer
solchen Politik nicht nnr allmälig die Zollschranken, sondern noch andere Schranken, die
uns von der geistigen und politischen Bewegung Deutschlands trenne", fallen müssen,
dies ist eine Hoffnung, die keine bloße Chimäre. Die Presse, das Unterrichtswe-
sen, die ständische" Institutionen werde" die Lüste, die aus deu grüne" Auen
Deutschlands zu uus herüber wehen, bald empfinden; offiziell! denn im Stillen
hat dieser Geist längst Wurzel bei uns geschlagen, vom Tage an, an dein die
Staatsciscnbahnen in Oesterreich decretirt wurden, hat die Isolirung Oesterreichs
physisch aufgehört, geistig hat sie nie recht bestände" und die Politik des l-ut
iteeomnU kauu nichts klügeres thun als sie auch legislativ zu sanctioniren.





Der Abgeordnete ist der Hofrath bei der obersten Justijstelle v. .1. v. Ferdinand
Heister.

zur See eine solche Unternehmung aus hundert Gründen unmöglich wäre. Drit¬
tens endlich, weil in Osterreich selbst die Vehemenz des Absolutismus, der in dem
Jahr 1820 die Oesterreicher nach Neapel schickte, nicht mehr so vorherrschend ist, und
vom Throne selbst nicht darauf gedrungen wird wie ehedem. Die Zeit Franz I.
ist nicht mehr, Oesterreich ist, wenn nicht versöhnlicher, doch passiver gegen die Volks¬
bewegungen in den Nachbarstaaten geworden. Es hat seit 18l!0 auf zu vielen Seiten
die Flamme lodern sehen, um überall Löschmannschaft hinsenden zu wollen. Oester>
reich wird mit den italienischen Fürsten negoziren, aber interveniren würde es nur,
wenn die Lombardei von Venedig selbst bedroht würde, aber dann würde es auch
Alles daran setzen, um seinen mehrhnndertjährigen Besitz in Italien zu wahren,
und dann wäre es auch in seinein vollen Rechte und würde ans die Hülfe Deutsch¬
lands sicher rechnen dürfen. So wenigstens verstehen wir die Weisung des preu¬
ßischen Monarchen an seine italienische Diplomatie.

Auch auf andern Gebieten sehen wir ein sehr zu bewillkommendes Gemein¬
samhandeln zwischen Preußen und Oesterreich. Dein Postcongreß, der am 15.
dieses Monats in Dresden eröffnet wird, werden die Grundzüge eines Postver-
eins, über welche die beiden deutschen Großmächte uuter sich im Reinen sind,
vorgelegt werden. Hierbei hat Oesterreich die Initiative ergriffen, während bei
dem Wechselcongreß, zu dein Preußen sämmtliche deutsche Regierungen nach Leip¬
zig eingeladen hat, Oesterreich ohne unzeitige Eifersüchtelei seinen Abgeordneten
sendet '), und nicht, wie ein Brief in diesen Blättern meldete, ans Stolz wegen
der ihm entgangenen Prärogative ausbleiben wird. Auch bei dem Plane zu einem
allgemeine» Schifffahrtsvertrag hat sich Oesterreich dem Zollvereine angeschlossen,
und die wiederholten Gerüchte, daß man im Kaiserstaate Vorbereitungen trifft,
um dem Zollvereine überhaupt um einen bedeutenden Schritt näher zu rücken,
geben den Beweis, daß Oesterreich endlich wieder zu der gesunden und natürlichen
Politik zurückkehrt, sich vor allem als eine deutsche Macht zu betrachten, und nur
im innigen Anschluß an Deutschland die Bahn seiner Zukunft zu suchen. Daß einer
solchen Politik nicht nnr allmälig die Zollschranken, sondern noch andere Schranken, die
uns von der geistigen und politischen Bewegung Deutschlands trenne», fallen müssen,
dies ist eine Hoffnung, die keine bloße Chimäre. Die Presse, das Unterrichtswe-
sen, die ständische» Institutionen werde» die Lüste, die aus deu grüne» Auen
Deutschlands zu uus herüber wehen, bald empfinden; offiziell! denn im Stillen
hat dieser Geist längst Wurzel bei uns geschlagen, vom Tage an, an dein die
Staatsciscnbahnen in Oesterreich decretirt wurden, hat die Isolirung Oesterreichs
physisch aufgehört, geistig hat sie nie recht bestände» und die Politik des l-ut
iteeomnU kauu nichts klügeres thun als sie auch legislativ zu sanctioniren.





Der Abgeordnete ist der Hofrath bei der obersten Justijstelle v. .1. v. Ferdinand
Heister.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/85>, abgerufen am 22.07.2024.