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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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in allen Theilen des Landes nicht einzuleiten ist, ohne Steuern das zwingende
Vehikel fehlt, Jedermann zur regelmäßigen Thätigkeit und Ordnung in seinem
Haushalt zu gewöhnen, ohne Steuern die Zollschranke" nicht fallen werden, welche
Ungarn von den übrigen Staaten absperren -- mit einem Wort, weil ohne
Steuern die unermeßlichen Schätze des Landes immerfort brach liegen bleiben
und nicht aufgeschlossen werden können. Für den Gesammtstaat -- nicht nur,
weil die Zollschranken seiner Einigung ein Hinderniß sind, sondern weil dessen
kläglicher Finanzzustand voraussichtlich einer zweiten Katastrophe entgegengeht,
wenn Ungarn die Staatsschuld nicht verzinsen und abstoßen hilft, die nun einmal,
wie man immer darüber denken mag, vorhanden ist, und großentheils -- das
kann nicht geleugnet werden -- in den Kämpfen ihren Ursprung hat, welche
Oesterreich nicht aus frivolen Gründen, sondern zum Schulz der höchsten Güter
führen mußte. Dies ist jedem Hellsehenden klar, wie denn überhaupt das obscure
Vorurtheil gegen Steuer", die denn doch nichts anderes sind, als eine Saat,
ein Zusammenschießen zum Zweck das Gegebene vervielfältigt wieder zu erhalten,
in Ungarn abnimmt, und wäre man so gewiß, als bei der Mutter Erde, daß
unsere Hoffnungen stets verwirklicht werden, so entstände ein wahres Stnrm-
laufen zu den Steuerkasten. Hier also ist der wunde Fleck -- es mangelt das
Vertrauen, und begreiflich ist's, daß Ungarn sich ohne Garantien nicht besteuern
will, am allerwenigsten aber Angesichts eines erschöpften Staatsschatzes und Kre¬
dits. Persönliches Vertrauen reicht hier nicht hin, es müssen also Bürgschaften
anderer Natur aufgefunden werden. Wir kennen keine andere, als jene einer
wirksamen Controle des Staatsschatzes durch die Besteuerten selbst. Diese hat
auch Ungarn vor Augen, und will daher, weil sie anders bei der Zerklüftung
Oesterreichs nicht ausführbar, gewissermaßen blos eine Provinzialstener für Pro-
viuzialzwecke zahlen und diese dann unter Controle seines Reichstages nehmen.
Damit ist aber hinwieder weder der Zweck erreichbar, die ungarischen Grcuzzölle
abgeschafft zu sehen, noch überhaupt die gleichmäßige Behandlung Ungarns und
die Verbesserung der Finanzlage. Es wird also eine sogestaltige Besteuerung, die
überdies ein eigenes ungarisches Ministerium voraussetzt und zu noch größerer
Trennung als Vereinigung führt, entweder gar nicht zu Stande kommen, oder
aber nur einen kleinen Theil der Vortheile bringen, die sonst zu erreichen wären.

Eben so wenig würde ein praktisches Resultat dadurch erzielt werden, wenn
selbst sich die Negierung herbeiließe, in jeder der dreizehn bis jetzt bestehenden
Ständekammern die ausgedehnteste Rechenschaft über ihren Haushalt abzulegen
und das Steuererfvrderniß genau nachzuweisen, weil weder die Frage über das
Gesammtersorderniß überhaupt und noch weniger über dessen Vertheilnng in den
Provinzen hiedurch gelöst werden könnte, denn höchst wahrscheinlich ständen sich
gar oft dreizehn Ansichten gegenüber. Hierzu kommt noch, daß die ungleichförmigen
Befugnisse der verschiedenen Stündekammcrn, welche überdem ohne Zusammenhang


in allen Theilen des Landes nicht einzuleiten ist, ohne Steuern das zwingende
Vehikel fehlt, Jedermann zur regelmäßigen Thätigkeit und Ordnung in seinem
Haushalt zu gewöhnen, ohne Steuern die Zollschranke» nicht fallen werden, welche
Ungarn von den übrigen Staaten absperren — mit einem Wort, weil ohne
Steuern die unermeßlichen Schätze des Landes immerfort brach liegen bleiben
und nicht aufgeschlossen werden können. Für den Gesammtstaat — nicht nur,
weil die Zollschranken seiner Einigung ein Hinderniß sind, sondern weil dessen
kläglicher Finanzzustand voraussichtlich einer zweiten Katastrophe entgegengeht,
wenn Ungarn die Staatsschuld nicht verzinsen und abstoßen hilft, die nun einmal,
wie man immer darüber denken mag, vorhanden ist, und großentheils — das
kann nicht geleugnet werden — in den Kämpfen ihren Ursprung hat, welche
Oesterreich nicht aus frivolen Gründen, sondern zum Schulz der höchsten Güter
führen mußte. Dies ist jedem Hellsehenden klar, wie denn überhaupt das obscure
Vorurtheil gegen Steuer», die denn doch nichts anderes sind, als eine Saat,
ein Zusammenschießen zum Zweck das Gegebene vervielfältigt wieder zu erhalten,
in Ungarn abnimmt, und wäre man so gewiß, als bei der Mutter Erde, daß
unsere Hoffnungen stets verwirklicht werden, so entstände ein wahres Stnrm-
laufen zu den Steuerkasten. Hier also ist der wunde Fleck — es mangelt das
Vertrauen, und begreiflich ist's, daß Ungarn sich ohne Garantien nicht besteuern
will, am allerwenigsten aber Angesichts eines erschöpften Staatsschatzes und Kre¬
dits. Persönliches Vertrauen reicht hier nicht hin, es müssen also Bürgschaften
anderer Natur aufgefunden werden. Wir kennen keine andere, als jene einer
wirksamen Controle des Staatsschatzes durch die Besteuerten selbst. Diese hat
auch Ungarn vor Augen, und will daher, weil sie anders bei der Zerklüftung
Oesterreichs nicht ausführbar, gewissermaßen blos eine Provinzialstener für Pro-
viuzialzwecke zahlen und diese dann unter Controle seines Reichstages nehmen.
Damit ist aber hinwieder weder der Zweck erreichbar, die ungarischen Grcuzzölle
abgeschafft zu sehen, noch überhaupt die gleichmäßige Behandlung Ungarns und
die Verbesserung der Finanzlage. Es wird also eine sogestaltige Besteuerung, die
überdies ein eigenes ungarisches Ministerium voraussetzt und zu noch größerer
Trennung als Vereinigung führt, entweder gar nicht zu Stande kommen, oder
aber nur einen kleinen Theil der Vortheile bringen, die sonst zu erreichen wären.

Eben so wenig würde ein praktisches Resultat dadurch erzielt werden, wenn
selbst sich die Negierung herbeiließe, in jeder der dreizehn bis jetzt bestehenden
Ständekammern die ausgedehnteste Rechenschaft über ihren Haushalt abzulegen
und das Steuererfvrderniß genau nachzuweisen, weil weder die Frage über das
Gesammtersorderniß überhaupt und noch weniger über dessen Vertheilnng in den
Provinzen hiedurch gelöst werden könnte, denn höchst wahrscheinlich ständen sich
gar oft dreizehn Ansichten gegenüber. Hierzu kommt noch, daß die ungleichförmigen
Befugnisse der verschiedenen Stündekammcrn, welche überdem ohne Zusammenhang


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/511>, abgerufen am 25.08.2024.