Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

dem wir Millionen für Don Miguel und Don Carlos ausgegeben, nach Verlor¬
ner Schlacht keinen Gesandten mehr uach Madrid schickt. Wenn wir durch diese
Ersparnis; jeneMillioueu wieder einbringen wollen, werden wir lange keinen Gesandten
in Madrid haben. Wie wichtig es aber für uns wäre auch ein Wörtchen darein
zu sprechen, davon zeigt Frankreichs und Englands Wetteifer in den spanischen
Angelegenheiten.

In Deutschland haben wir unsere Suprematie längst verloren, die Sympa¬
thien Deutschlands sind Preußen zugewendet, das dem Zeitgeiste die unablässigsten
Concessionen gemacht.

Eben so wenig erkenne ich socratische Weisheit darin, wenn wir in der
Schweiz die Jesuiten unterstützen und den Sonderbund unnötigerweise ermuthigen.
Die Grenzen eines Bürgerknegcs in der Schweiz kann man in Wien nicht berech¬
nen, und Louis Philipps Unterstützung in dieser Beziehung kann uns nicht genü¬
gen, da er heute oder morgen von diesem irdischen Leben abgerufen werden kann,
die französische Nation aber gewiß kein Gelüste tragen wird, in dieser Weise fort¬
zufahren. Und das benachbarte Italien, erfordert das keinerlei Rücksicht in dieser
Hinsicht?

Böhmen betreffend, ist es auch eine verkehrte Politik, die wir verfolgen. Wir
müssen gerecht sein, dieses Volk hat den Frieden unsers Vaterlandes mit garantirt.
In seinem Schmerze über die absoluten Tendenzen der Negierung war unser ge¬
liebter Stephan des Landes Trost, und die Hoffnung, daß sich die Verhältnisse zum
Bessern gestalten würde". Kaum verließ sie dieser, als die Regierung in Bezug
auf die Steuerbewilligung einen Eingriff in die ständischen Rechte machte. Das
ist wider alle Politik, es ist aber auch nicht consequent. Ersteres, weil man
ihnen dieses Recht der Steuerbewilligung garantirt und letzteres, weil man durch
das Verfahren der letzten Jahre dieses Recht anch anerkannt hat ..."

Es sind noch heftigere Stellen in dieser Rede vorgekommen, ich begnüge mich
jedoch, nur solche zu citiren, die ans das Verhältniß des Reichstags zu der Ge-
sammtmonarchie Bezug haben.


dem wir Millionen für Don Miguel und Don Carlos ausgegeben, nach Verlor¬
ner Schlacht keinen Gesandten mehr uach Madrid schickt. Wenn wir durch diese
Ersparnis; jeneMillioueu wieder einbringen wollen, werden wir lange keinen Gesandten
in Madrid haben. Wie wichtig es aber für uns wäre auch ein Wörtchen darein
zu sprechen, davon zeigt Frankreichs und Englands Wetteifer in den spanischen
Angelegenheiten.

In Deutschland haben wir unsere Suprematie längst verloren, die Sympa¬
thien Deutschlands sind Preußen zugewendet, das dem Zeitgeiste die unablässigsten
Concessionen gemacht.

Eben so wenig erkenne ich socratische Weisheit darin, wenn wir in der
Schweiz die Jesuiten unterstützen und den Sonderbund unnötigerweise ermuthigen.
Die Grenzen eines Bürgerknegcs in der Schweiz kann man in Wien nicht berech¬
nen, und Louis Philipps Unterstützung in dieser Beziehung kann uns nicht genü¬
gen, da er heute oder morgen von diesem irdischen Leben abgerufen werden kann,
die französische Nation aber gewiß kein Gelüste tragen wird, in dieser Weise fort¬
zufahren. Und das benachbarte Italien, erfordert das keinerlei Rücksicht in dieser
Hinsicht?

Böhmen betreffend, ist es auch eine verkehrte Politik, die wir verfolgen. Wir
müssen gerecht sein, dieses Volk hat den Frieden unsers Vaterlandes mit garantirt.
In seinem Schmerze über die absoluten Tendenzen der Negierung war unser ge¬
liebter Stephan des Landes Trost, und die Hoffnung, daß sich die Verhältnisse zum
Bessern gestalten würde». Kaum verließ sie dieser, als die Regierung in Bezug
auf die Steuerbewilligung einen Eingriff in die ständischen Rechte machte. Das
ist wider alle Politik, es ist aber auch nicht consequent. Ersteres, weil man
ihnen dieses Recht der Steuerbewilligung garantirt und letzteres, weil man durch
das Verfahren der letzten Jahre dieses Recht anch anerkannt hat ..."

Es sind noch heftigere Stellen in dieser Rede vorgekommen, ich begnüge mich
jedoch, nur solche zu citiren, die ans das Verhältniß des Reichstags zu der Ge-
sammtmonarchie Bezug haben.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0432" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185196"/>
            <p xml:id="ID_1405" prev="#ID_1404"> dem wir Millionen für Don Miguel und Don Carlos ausgegeben, nach Verlor¬<lb/>
ner Schlacht keinen Gesandten mehr uach Madrid schickt. Wenn wir durch diese<lb/>
Ersparnis; jeneMillioueu wieder einbringen wollen, werden wir lange keinen Gesandten<lb/>
in Madrid haben. Wie wichtig es aber für uns wäre auch ein Wörtchen darein<lb/>
zu sprechen, davon zeigt Frankreichs und Englands Wetteifer in den spanischen<lb/>
Angelegenheiten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1406"> In Deutschland haben wir unsere Suprematie längst verloren, die Sympa¬<lb/>
thien Deutschlands sind Preußen zugewendet, das dem Zeitgeiste die unablässigsten<lb/>
Concessionen gemacht.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1407"> Eben so wenig erkenne ich socratische Weisheit darin, wenn wir in der<lb/>
Schweiz die Jesuiten unterstützen und den Sonderbund unnötigerweise ermuthigen.<lb/>
Die Grenzen eines Bürgerknegcs in der Schweiz kann man in Wien nicht berech¬<lb/>
nen, und Louis Philipps Unterstützung in dieser Beziehung kann uns nicht genü¬<lb/>
gen, da er heute oder morgen von diesem irdischen Leben abgerufen werden kann,<lb/>
die französische Nation aber gewiß kein Gelüste tragen wird, in dieser Weise fort¬<lb/>
zufahren. Und das benachbarte Italien, erfordert das keinerlei Rücksicht in dieser<lb/>
Hinsicht?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1408"> Böhmen betreffend, ist es auch eine verkehrte Politik, die wir verfolgen. Wir<lb/>
müssen gerecht sein, dieses Volk hat den Frieden unsers Vaterlandes mit garantirt.<lb/>
In seinem Schmerze über die absoluten Tendenzen der Negierung war unser ge¬<lb/>
liebter Stephan des Landes Trost, und die Hoffnung, daß sich die Verhältnisse zum<lb/>
Bessern gestalten würde». Kaum verließ sie dieser, als die Regierung in Bezug<lb/>
auf die Steuerbewilligung einen Eingriff in die ständischen Rechte machte. Das<lb/>
ist wider alle Politik, es ist aber auch nicht consequent. Ersteres, weil man<lb/>
ihnen dieses Recht der Steuerbewilligung garantirt und letzteres, weil man durch<lb/>
das Verfahren der letzten Jahre dieses Recht anch anerkannt hat ..."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1409"> Es sind noch heftigere Stellen in dieser Rede vorgekommen, ich begnüge mich<lb/>
jedoch, nur solche zu citiren, die ans das Verhältniß des Reichstags zu der Ge-<lb/>
sammtmonarchie Bezug haben.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0432] dem wir Millionen für Don Miguel und Don Carlos ausgegeben, nach Verlor¬ ner Schlacht keinen Gesandten mehr uach Madrid schickt. Wenn wir durch diese Ersparnis; jeneMillioueu wieder einbringen wollen, werden wir lange keinen Gesandten in Madrid haben. Wie wichtig es aber für uns wäre auch ein Wörtchen darein zu sprechen, davon zeigt Frankreichs und Englands Wetteifer in den spanischen Angelegenheiten. In Deutschland haben wir unsere Suprematie längst verloren, die Sympa¬ thien Deutschlands sind Preußen zugewendet, das dem Zeitgeiste die unablässigsten Concessionen gemacht. Eben so wenig erkenne ich socratische Weisheit darin, wenn wir in der Schweiz die Jesuiten unterstützen und den Sonderbund unnötigerweise ermuthigen. Die Grenzen eines Bürgerknegcs in der Schweiz kann man in Wien nicht berech¬ nen, und Louis Philipps Unterstützung in dieser Beziehung kann uns nicht genü¬ gen, da er heute oder morgen von diesem irdischen Leben abgerufen werden kann, die französische Nation aber gewiß kein Gelüste tragen wird, in dieser Weise fort¬ zufahren. Und das benachbarte Italien, erfordert das keinerlei Rücksicht in dieser Hinsicht? Böhmen betreffend, ist es auch eine verkehrte Politik, die wir verfolgen. Wir müssen gerecht sein, dieses Volk hat den Frieden unsers Vaterlandes mit garantirt. In seinem Schmerze über die absoluten Tendenzen der Negierung war unser ge¬ liebter Stephan des Landes Trost, und die Hoffnung, daß sich die Verhältnisse zum Bessern gestalten würde». Kaum verließ sie dieser, als die Regierung in Bezug auf die Steuerbewilligung einen Eingriff in die ständischen Rechte machte. Das ist wider alle Politik, es ist aber auch nicht consequent. Ersteres, weil man ihnen dieses Recht der Steuerbewilligung garantirt und letzteres, weil man durch das Verfahren der letzten Jahre dieses Recht anch anerkannt hat ..." Es sind noch heftigere Stellen in dieser Rede vorgekommen, ich begnüge mich jedoch, nur solche zu citiren, die ans das Verhältniß des Reichstags zu der Ge- sammtmonarchie Bezug haben.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/432
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/432>, abgerufen am 22.07.2024.