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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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verncurs zu Folge von dem Verlangen der sofortigen Beerdigung abgestanden, der Sarg
jedoch versiegelt und die Nacht hindurch bewacht, damit, wie sie ausdrücklich sagten,
keine Verwechselung des Leichnams eintreten könne").

Ungehindert ließ man dem Publikum seinen Willen. Gestern um 4 Uhr Nach¬
mittags versammelten sich mehrere Tausende, Männer aus den gebildeten Ständen, und
die Feierlichkeit nahm ihren Anfang. Eben sollte der Zug beginnen, da wurde dem
Bürgermeister gemeldet, es habe sich der Militair- (Garuisous-) Kaplan eingefunden
und er wünsche die Leiche einzusegnen und zu begleiten, getraue sich jedoch nicht im
geistlichen Ornat, ohne Schutz des Bürgermeisters, vor die versammelte Menge zu tre¬
te". Der Bürgermeister begab sich zu ihm in ein Erdgeschoßzimmer des Krankenhau¬
ses, wo er sich versteckt gehalten, und führte ihn zum Sarge heraus. Ausrufe des Un¬
willens ertönten, als der Priester heraustrat, doch bald wurde es in der Menge be¬
kannt, daß nicht der Äaplan des Spitals erschienen, dessen Pflicht es gewesen wäre,
und welcher in Folge bischöflichen Befehls die Begleitung verweigerte, sondern der
Garnisons-Kaplan, welcher gar nicht dazu verpflichtet gewesen und der doch unmöglich
die Schuld seiner unwürdigen Kollegen büßen könne. -- Nach Beeidigung der Einsegnung
erscholl deshalb ein vielstimmiges Lebehoch für diesen Priester, und der Jubel vermehrte sich
uoch mehr, als der Garuifons-Kaplan den ihm angebotenen Wagen ans's Bestimmteste auf-
schlug und erklärte, zu Fuße vor dem Leichenwagen einher gehen zu wollen. Der von
vielen Tausenden begleitete Zug setzte sich durch die Stadt in Bewegung und vermehrte
sich zur unabsehbaren Menge. Als derselbe bei der Haupt-Stadtpfarre vorüber kam,
hatte der Stadtpfarrer die unverzeihliche -- wie soll ich es nennen?---an einem Fen¬
ster sich sehen zu lassen. Augenblicklich erscholl ein allgemeines Hohn- und Spottge¬
lächter, und nur durch sein augenblickliches Verschwinden beschwichtigte er momentan den
Tumult. Auf dein Friedhofe angelangt, ertönte nach abermaliger Einsegnung und lär¬
menden Lebehochs für den Garnisons-Kaplan, ein Todtenchor, vortrefflich ausgeführt
von unserem Mqnncrgesangverein, bestehend ans einigen Hundert Sängern. Niemals
noch hatte dieser Chor so schön gesungen; die Sänger waren sichtbarlich dnrch die Er¬
regung des ungewohnten Augenblicks ergriffen, und alle Anwesenden fühlten mit ihnen,
daß dieser Moment eine mehr als flüchtige Bedeutung habe, in welchem die öffentliche
Meinung die Intoleranz unserer Priester verdammte. Auch die Glocke der Friedhof-
Kapclle mußte ertönen, von anßen wurde der Thurm erstiegen, da die Kapelle verschlos¬
sen und die Glockcnstricke weggenommen waren. So wurde allen Hindernissen Trotz
geboten, und nichts versäumt, um das Leichenbegängniß so feierlich wie möglich zu ma¬
chen, welches sonst gewiß sehr einfach vorüber gegangen wäre. -- Hiermit noch nicht
zufrieden, gab sich die öffentliche Ansicht über diesen Vorfall noch weiter zu erkennen,
ein Gedanke durchfuhr die Menge, (welche, wie ich bereits erwähnte, nicht ans der Heft



*) Ein anderer Brief erzählt dies folgender Gestalt: Der Protomedikus erklärte: da noch
nicht 48 Stunden verflossen, seitdem derTodte verblichen, so könne er gesetzlich noch nicht beerdiget
werden. Als man sich hiermit nicht zufrieden gab, schickte der Bürgermeister zum Gouverneur.
Dieser ließ sagen, das Begräbnis- sei auf den andern Tag zu verschieben -- da die Leiche erst
secirt werden müsse. Dieses deutete das Publikum dahin, daß man den Verstorbenen als wahn¬
sinnig gewesen erklären wolle, damit bei dem Begräbnis! ein Geistlicher erscheine. Man machte
den Magistrat dafür verantwortlich, daß die Beerdigung nicht "ub rosa geschehe und der
Magistrat ließ Sarg und Todtenkammer versiegeln. Am Abende wurde an allen öffentlichen
Orten über diesen Borfall so bitter und laut verhandelt, daß der Bürgermeister es für nöthig
hielt dem Gouverneur über die Stimmung der Bürgerschaft zu berichten.

verncurs zu Folge von dem Verlangen der sofortigen Beerdigung abgestanden, der Sarg
jedoch versiegelt und die Nacht hindurch bewacht, damit, wie sie ausdrücklich sagten,
keine Verwechselung des Leichnams eintreten könne").

Ungehindert ließ man dem Publikum seinen Willen. Gestern um 4 Uhr Nach¬
mittags versammelten sich mehrere Tausende, Männer aus den gebildeten Ständen, und
die Feierlichkeit nahm ihren Anfang. Eben sollte der Zug beginnen, da wurde dem
Bürgermeister gemeldet, es habe sich der Militair- (Garuisous-) Kaplan eingefunden
und er wünsche die Leiche einzusegnen und zu begleiten, getraue sich jedoch nicht im
geistlichen Ornat, ohne Schutz des Bürgermeisters, vor die versammelte Menge zu tre¬
te». Der Bürgermeister begab sich zu ihm in ein Erdgeschoßzimmer des Krankenhau¬
ses, wo er sich versteckt gehalten, und führte ihn zum Sarge heraus. Ausrufe des Un¬
willens ertönten, als der Priester heraustrat, doch bald wurde es in der Menge be¬
kannt, daß nicht der Äaplan des Spitals erschienen, dessen Pflicht es gewesen wäre,
und welcher in Folge bischöflichen Befehls die Begleitung verweigerte, sondern der
Garnisons-Kaplan, welcher gar nicht dazu verpflichtet gewesen und der doch unmöglich
die Schuld seiner unwürdigen Kollegen büßen könne. — Nach Beeidigung der Einsegnung
erscholl deshalb ein vielstimmiges Lebehoch für diesen Priester, und der Jubel vermehrte sich
uoch mehr, als der Garuifons-Kaplan den ihm angebotenen Wagen ans's Bestimmteste auf-
schlug und erklärte, zu Fuße vor dem Leichenwagen einher gehen zu wollen. Der von
vielen Tausenden begleitete Zug setzte sich durch die Stadt in Bewegung und vermehrte
sich zur unabsehbaren Menge. Als derselbe bei der Haupt-Stadtpfarre vorüber kam,
hatte der Stadtpfarrer die unverzeihliche — wie soll ich es nennen?-—an einem Fen¬
ster sich sehen zu lassen. Augenblicklich erscholl ein allgemeines Hohn- und Spottge¬
lächter, und nur durch sein augenblickliches Verschwinden beschwichtigte er momentan den
Tumult. Auf dein Friedhofe angelangt, ertönte nach abermaliger Einsegnung und lär¬
menden Lebehochs für den Garnisons-Kaplan, ein Todtenchor, vortrefflich ausgeführt
von unserem Mqnncrgesangverein, bestehend ans einigen Hundert Sängern. Niemals
noch hatte dieser Chor so schön gesungen; die Sänger waren sichtbarlich dnrch die Er¬
regung des ungewohnten Augenblicks ergriffen, und alle Anwesenden fühlten mit ihnen,
daß dieser Moment eine mehr als flüchtige Bedeutung habe, in welchem die öffentliche
Meinung die Intoleranz unserer Priester verdammte. Auch die Glocke der Friedhof-
Kapclle mußte ertönen, von anßen wurde der Thurm erstiegen, da die Kapelle verschlos¬
sen und die Glockcnstricke weggenommen waren. So wurde allen Hindernissen Trotz
geboten, und nichts versäumt, um das Leichenbegängniß so feierlich wie möglich zu ma¬
chen, welches sonst gewiß sehr einfach vorüber gegangen wäre. — Hiermit noch nicht
zufrieden, gab sich die öffentliche Ansicht über diesen Vorfall noch weiter zu erkennen,
ein Gedanke durchfuhr die Menge, (welche, wie ich bereits erwähnte, nicht ans der Heft



*) Ein anderer Brief erzählt dies folgender Gestalt: Der Protomedikus erklärte: da noch
nicht 48 Stunden verflossen, seitdem derTodte verblichen, so könne er gesetzlich noch nicht beerdiget
werden. Als man sich hiermit nicht zufrieden gab, schickte der Bürgermeister zum Gouverneur.
Dieser ließ sagen, das Begräbnis- sei auf den andern Tag zu verschieben — da die Leiche erst
secirt werden müsse. Dieses deutete das Publikum dahin, daß man den Verstorbenen als wahn¬
sinnig gewesen erklären wolle, damit bei dem Begräbnis! ein Geistlicher erscheine. Man machte
den Magistrat dafür verantwortlich, daß die Beerdigung nicht »ub rosa geschehe und der
Magistrat ließ Sarg und Todtenkammer versiegeln. Am Abende wurde an allen öffentlichen
Orten über diesen Borfall so bitter und laut verhandelt, daß der Bürgermeister es für nöthig
hielt dem Gouverneur über die Stimmung der Bürgerschaft zu berichten.
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[0400] verncurs zu Folge von dem Verlangen der sofortigen Beerdigung abgestanden, der Sarg jedoch versiegelt und die Nacht hindurch bewacht, damit, wie sie ausdrücklich sagten, keine Verwechselung des Leichnams eintreten könne"). Ungehindert ließ man dem Publikum seinen Willen. Gestern um 4 Uhr Nach¬ mittags versammelten sich mehrere Tausende, Männer aus den gebildeten Ständen, und die Feierlichkeit nahm ihren Anfang. Eben sollte der Zug beginnen, da wurde dem Bürgermeister gemeldet, es habe sich der Militair- (Garuisous-) Kaplan eingefunden und er wünsche die Leiche einzusegnen und zu begleiten, getraue sich jedoch nicht im geistlichen Ornat, ohne Schutz des Bürgermeisters, vor die versammelte Menge zu tre¬ te». Der Bürgermeister begab sich zu ihm in ein Erdgeschoßzimmer des Krankenhau¬ ses, wo er sich versteckt gehalten, und führte ihn zum Sarge heraus. Ausrufe des Un¬ willens ertönten, als der Priester heraustrat, doch bald wurde es in der Menge be¬ kannt, daß nicht der Äaplan des Spitals erschienen, dessen Pflicht es gewesen wäre, und welcher in Folge bischöflichen Befehls die Begleitung verweigerte, sondern der Garnisons-Kaplan, welcher gar nicht dazu verpflichtet gewesen und der doch unmöglich die Schuld seiner unwürdigen Kollegen büßen könne. — Nach Beeidigung der Einsegnung erscholl deshalb ein vielstimmiges Lebehoch für diesen Priester, und der Jubel vermehrte sich uoch mehr, als der Garuifons-Kaplan den ihm angebotenen Wagen ans's Bestimmteste auf- schlug und erklärte, zu Fuße vor dem Leichenwagen einher gehen zu wollen. Der von vielen Tausenden begleitete Zug setzte sich durch die Stadt in Bewegung und vermehrte sich zur unabsehbaren Menge. Als derselbe bei der Haupt-Stadtpfarre vorüber kam, hatte der Stadtpfarrer die unverzeihliche — wie soll ich es nennen?-—an einem Fen¬ ster sich sehen zu lassen. Augenblicklich erscholl ein allgemeines Hohn- und Spottge¬ lächter, und nur durch sein augenblickliches Verschwinden beschwichtigte er momentan den Tumult. Auf dein Friedhofe angelangt, ertönte nach abermaliger Einsegnung und lär¬ menden Lebehochs für den Garnisons-Kaplan, ein Todtenchor, vortrefflich ausgeführt von unserem Mqnncrgesangverein, bestehend ans einigen Hundert Sängern. Niemals noch hatte dieser Chor so schön gesungen; die Sänger waren sichtbarlich dnrch die Er¬ regung des ungewohnten Augenblicks ergriffen, und alle Anwesenden fühlten mit ihnen, daß dieser Moment eine mehr als flüchtige Bedeutung habe, in welchem die öffentliche Meinung die Intoleranz unserer Priester verdammte. Auch die Glocke der Friedhof- Kapclle mußte ertönen, von anßen wurde der Thurm erstiegen, da die Kapelle verschlos¬ sen und die Glockcnstricke weggenommen waren. So wurde allen Hindernissen Trotz geboten, und nichts versäumt, um das Leichenbegängniß so feierlich wie möglich zu ma¬ chen, welches sonst gewiß sehr einfach vorüber gegangen wäre. — Hiermit noch nicht zufrieden, gab sich die öffentliche Ansicht über diesen Vorfall noch weiter zu erkennen, ein Gedanke durchfuhr die Menge, (welche, wie ich bereits erwähnte, nicht ans der Heft *) Ein anderer Brief erzählt dies folgender Gestalt: Der Protomedikus erklärte: da noch nicht 48 Stunden verflossen, seitdem derTodte verblichen, so könne er gesetzlich noch nicht beerdiget werden. Als man sich hiermit nicht zufrieden gab, schickte der Bürgermeister zum Gouverneur. Dieser ließ sagen, das Begräbnis- sei auf den andern Tag zu verschieben — da die Leiche erst secirt werden müsse. Dieses deutete das Publikum dahin, daß man den Verstorbenen als wahn¬ sinnig gewesen erklären wolle, damit bei dem Begräbnis! ein Geistlicher erscheine. Man machte den Magistrat dafür verantwortlich, daß die Beerdigung nicht »ub rosa geschehe und der Magistrat ließ Sarg und Todtenkammer versiegeln. Am Abende wurde an allen öffentlichen Orten über diesen Borfall so bitter und laut verhandelt, daß der Bürgermeister es für nöthig hielt dem Gouverneur über die Stimmung der Bürgerschaft zu berichten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/400>, abgerufen am 12.12.2024.