Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Euere Majestät!

Jeder Bewohner der weiten Lande, über welche der beglückende Scepter Ew. Maj. seine
Herrschaft ausdehnt, naht sich in seinen Bedrängnissen vertrauungs- und hoffnungsvoll den
Stufen des Thrones, und die angestammte Huld und Gnade Ew. Maj. entläßt reinen un-
getröstet und ohne Hülfe.

Im Gefühle ihrer heiligen Pflicht, die Bedürfnisse des Landes an den Stufen des Thrones
frei auszusprechen, nahen sich die treu gehorsamsten Stände, als Vertreter des Markgrafthums
Mähren mit der ehrfurchtsvollsten Bitte, Ew. Maj. möge auch ihrer Stimme ein huldvolles
Gehör nicht versagen.

Es ist eine leider nicht zu verkennende Thatsache, daß wahrend eines mehr als 30jährigen
Friedens unter allen Elementen der Gesellschaft der Grundbesitz, wenn irgend eine, so doch
sicherlich die geringste gedeihliche Entwickelung erfuhr, gerade jener Grundbesitz, der bisher
als die wesentlichste Basis unsers Staates gegolten und sich als solche in langen und schweren
Zeitläuften immer bewährt hat. Anlagen -- Verbesserungen -- ein Aufschwung von irgend
erheblichem Unifange gehören auf diesem Kette leider zu den Ausnahmsfällen -- im Großen
und Ganzen aber ist in dem landwirtschaftlichen Betriebe und seiner Production, so wie in
dem Wohlstande der ackerbauenden Bevölkerung jener Fortschritt nicht wahrzunehmen, welchen
eine -- in der Geschichte seltene Friedcnsperiode -- und die Entwicklungen in anderen Sphä¬
ren mit vollem Rechte haben erwarten lassen, ja die Erfahrungen in der jüngsten Zeit er¬
wecken, und nicht ohne Grund, die Besorgnis!, daß in unsern von der Natur so reich begabten
Ländern die Production der wesentlichsten Bedürfnisse mit dem steigenden Bedarfe nicht glei¬
chen Schritt halte.

Einer der verläßlichsten Mafistäbe des agricolcn Wohlstandes, die Zahl und Qualität der
Viehbestände, gibt, wenn man ihn mit früheren Perioden und mit der sich mehrenden Bevöl¬
kerung in Werglcich stellt, durchaus keine befriedigenden Resultate, und noch betrübender ist
das Ergebniß, wenn man den Bestand im Auge hält, den ein schwunghafter Betrieb der
Wirthschaft als eine unabweisbare Bedingung erfordert.

Dagegen findet man auf der unteren Seite die auf Zahlen gegründete traurige Erfahrung,
daß die Verschuldung des Landbesitzes in einem Besorgniß erregenden Verhältnisse zunimmt.

Es wäre ein irriges Urtheil, diese Erscheinungen dem Mangel an Intelligenz, Rührigkeit
und Thätigkeit von Seite der agricolcn Bevölkerung zuzuschreiben.

Die Ursachen liegen zum großen Theile in Thatsachen, die uns nahe liegen. -- Die auf
Grund und Boden lastenden Staats - und Gemeindeabgaben, dann andere unter zahlreichen
Titeln für öffentliche Bedürfnisse, von allen Seiten auf den Grundbesitz eindringenden Anfor¬
derungen stehen einerseits mit dem Erträgnisse desselben in einem höchst bedenklichen Mißver¬
hältnisse, und dieses nimmt der Natur der Sache nach in noch immer, steigenden Proportionen
zu. -- Ein weiteres Mißverhältnis liegt andererseits in dem Zustande des Rcalcredits. Als
nach den Drangsalen eines langjährigen Krieges, Drangsalen, von denen sicherlich nicht der
geringere Theil auf den Grundbesitz siel, das großartige Institut der Rationalbank in das
Leben trat, sollte sich den ausgesprochenen Bestimmungen gemäß dessen Wirksamkeit auch auf
den Realcredit erstrecken.

Dieser Theil seiner Bestimmung blieb unausgeführt, und während das Institut jeglichem
andern Betriebe, ja selbst der Agiotage reichliche Hu lfsc, u elle n eröffnete, blieb
der Nealcredit isolirt und sich selbst überlassen.

Der Grundbesitz mußte ohne irgend einen stützenden Haltpunkt die Eoncurrcnz bestehen
mit dem hohen Gewinne, welchen die nach einander folgenden Staatsanleihen den Kapitalisten
gewährte, mit dem raschen Gewinne, welchen die Industrie unter dem Schutze der Prohibitio¬
nen und Zölle aus seinen Anlagen zog, und alles dies in einer Zeit, welche die Wunden einer
verhangnifivollen Epoche heilen sollte, und wo jedem eine langjährige tiefe Entwerthung aller
landwirthschaftlichen Producte seinen Ertrag auf ein Minimum herabstclle.

Die drangvolle Epoche, wo selbst aus reichlichen Erndten eine Quelle der Besorgniß ward,''


4*
Euere Majestät!

Jeder Bewohner der weiten Lande, über welche der beglückende Scepter Ew. Maj. seine
Herrschaft ausdehnt, naht sich in seinen Bedrängnissen vertrauungs- und hoffnungsvoll den
Stufen des Thrones, und die angestammte Huld und Gnade Ew. Maj. entläßt reinen un-
getröstet und ohne Hülfe.

Im Gefühle ihrer heiligen Pflicht, die Bedürfnisse des Landes an den Stufen des Thrones
frei auszusprechen, nahen sich die treu gehorsamsten Stände, als Vertreter des Markgrafthums
Mähren mit der ehrfurchtsvollsten Bitte, Ew. Maj. möge auch ihrer Stimme ein huldvolles
Gehör nicht versagen.

Es ist eine leider nicht zu verkennende Thatsache, daß wahrend eines mehr als 30jährigen
Friedens unter allen Elementen der Gesellschaft der Grundbesitz, wenn irgend eine, so doch
sicherlich die geringste gedeihliche Entwickelung erfuhr, gerade jener Grundbesitz, der bisher
als die wesentlichste Basis unsers Staates gegolten und sich als solche in langen und schweren
Zeitläuften immer bewährt hat. Anlagen — Verbesserungen — ein Aufschwung von irgend
erheblichem Unifange gehören auf diesem Kette leider zu den Ausnahmsfällen — im Großen
und Ganzen aber ist in dem landwirtschaftlichen Betriebe und seiner Production, so wie in
dem Wohlstande der ackerbauenden Bevölkerung jener Fortschritt nicht wahrzunehmen, welchen
eine — in der Geschichte seltene Friedcnsperiode — und die Entwicklungen in anderen Sphä¬
ren mit vollem Rechte haben erwarten lassen, ja die Erfahrungen in der jüngsten Zeit er¬
wecken, und nicht ohne Grund, die Besorgnis!, daß in unsern von der Natur so reich begabten
Ländern die Production der wesentlichsten Bedürfnisse mit dem steigenden Bedarfe nicht glei¬
chen Schritt halte.

Einer der verläßlichsten Mafistäbe des agricolcn Wohlstandes, die Zahl und Qualität der
Viehbestände, gibt, wenn man ihn mit früheren Perioden und mit der sich mehrenden Bevöl¬
kerung in Werglcich stellt, durchaus keine befriedigenden Resultate, und noch betrübender ist
das Ergebniß, wenn man den Bestand im Auge hält, den ein schwunghafter Betrieb der
Wirthschaft als eine unabweisbare Bedingung erfordert.

Dagegen findet man auf der unteren Seite die auf Zahlen gegründete traurige Erfahrung,
daß die Verschuldung des Landbesitzes in einem Besorgniß erregenden Verhältnisse zunimmt.

Es wäre ein irriges Urtheil, diese Erscheinungen dem Mangel an Intelligenz, Rührigkeit
und Thätigkeit von Seite der agricolcn Bevölkerung zuzuschreiben.

Die Ursachen liegen zum großen Theile in Thatsachen, die uns nahe liegen. — Die auf
Grund und Boden lastenden Staats - und Gemeindeabgaben, dann andere unter zahlreichen
Titeln für öffentliche Bedürfnisse, von allen Seiten auf den Grundbesitz eindringenden Anfor¬
derungen stehen einerseits mit dem Erträgnisse desselben in einem höchst bedenklichen Mißver¬
hältnisse, und dieses nimmt der Natur der Sache nach in noch immer, steigenden Proportionen
zu. — Ein weiteres Mißverhältnis liegt andererseits in dem Zustande des Rcalcredits. Als
nach den Drangsalen eines langjährigen Krieges, Drangsalen, von denen sicherlich nicht der
geringere Theil auf den Grundbesitz siel, das großartige Institut der Rationalbank in das
Leben trat, sollte sich den ausgesprochenen Bestimmungen gemäß dessen Wirksamkeit auch auf
den Realcredit erstrecken.

Dieser Theil seiner Bestimmung blieb unausgeführt, und während das Institut jeglichem
andern Betriebe, ja selbst der Agiotage reichliche Hu lfsc, u elle n eröffnete, blieb
der Nealcredit isolirt und sich selbst überlassen.

Der Grundbesitz mußte ohne irgend einen stützenden Haltpunkt die Eoncurrcnz bestehen
mit dem hohen Gewinne, welchen die nach einander folgenden Staatsanleihen den Kapitalisten
gewährte, mit dem raschen Gewinne, welchen die Industrie unter dem Schutze der Prohibitio¬
nen und Zölle aus seinen Anlagen zog, und alles dies in einer Zeit, welche die Wunden einer
verhangnifivollen Epoche heilen sollte, und wo jedem eine langjährige tiefe Entwerthung aller
landwirthschaftlichen Producte seinen Ertrag auf ein Minimum herabstclle.

Die drangvolle Epoche, wo selbst aus reichlichen Erndten eine Quelle der Besorgniß ward,''


4*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0035" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184799"/>
            <note type="salute"> Euere Majestät!</note><lb/>
            <p xml:id="ID_106"> Jeder Bewohner der weiten Lande, über welche der beglückende Scepter Ew. Maj. seine<lb/>
Herrschaft ausdehnt, naht sich in seinen Bedrängnissen vertrauungs- und hoffnungsvoll den<lb/>
Stufen des Thrones, und die angestammte Huld und Gnade Ew. Maj. entläßt reinen un-<lb/>
getröstet und ohne Hülfe.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_107"> Im Gefühle ihrer heiligen Pflicht, die Bedürfnisse des Landes an den Stufen des Thrones<lb/>
frei auszusprechen, nahen sich die treu gehorsamsten Stände, als Vertreter des Markgrafthums<lb/>
Mähren mit der ehrfurchtsvollsten Bitte, Ew. Maj. möge auch ihrer Stimme ein huldvolles<lb/>
Gehör nicht versagen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_108"> Es ist eine leider nicht zu verkennende Thatsache, daß wahrend eines mehr als 30jährigen<lb/>
Friedens unter allen Elementen der Gesellschaft der Grundbesitz, wenn irgend eine, so doch<lb/>
sicherlich die geringste gedeihliche Entwickelung erfuhr, gerade jener Grundbesitz, der bisher<lb/>
als die wesentlichste Basis unsers Staates gegolten und sich als solche in langen und schweren<lb/>
Zeitläuften immer bewährt hat. Anlagen &#x2014; Verbesserungen &#x2014; ein Aufschwung von irgend<lb/>
erheblichem Unifange gehören auf diesem Kette leider zu den Ausnahmsfällen &#x2014; im Großen<lb/>
und Ganzen aber ist in dem landwirtschaftlichen Betriebe und seiner Production, so wie in<lb/>
dem Wohlstande der ackerbauenden Bevölkerung jener Fortschritt nicht wahrzunehmen, welchen<lb/>
eine &#x2014; in der Geschichte seltene Friedcnsperiode &#x2014; und die Entwicklungen in anderen Sphä¬<lb/>
ren mit vollem Rechte haben erwarten lassen, ja die Erfahrungen in der jüngsten Zeit er¬<lb/>
wecken, und nicht ohne Grund, die Besorgnis!, daß in unsern von der Natur so reich begabten<lb/>
Ländern die Production der wesentlichsten Bedürfnisse mit dem steigenden Bedarfe nicht glei¬<lb/>
chen Schritt halte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_109"> Einer der verläßlichsten Mafistäbe des agricolcn Wohlstandes, die Zahl und Qualität der<lb/>
Viehbestände, gibt, wenn man ihn mit früheren Perioden und mit der sich mehrenden Bevöl¬<lb/>
kerung in Werglcich stellt, durchaus keine befriedigenden Resultate, und noch betrübender ist<lb/>
das Ergebniß, wenn man den Bestand im Auge hält, den ein schwunghafter Betrieb der<lb/>
Wirthschaft als eine unabweisbare Bedingung erfordert.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_110"> Dagegen findet man auf der unteren Seite die auf Zahlen gegründete traurige Erfahrung,<lb/>
daß die Verschuldung des Landbesitzes in einem Besorgniß erregenden Verhältnisse zunimmt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_111"> Es wäre ein irriges Urtheil, diese Erscheinungen dem Mangel an Intelligenz, Rührigkeit<lb/>
und Thätigkeit von Seite der agricolcn Bevölkerung zuzuschreiben.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_112"> Die Ursachen liegen zum großen Theile in Thatsachen, die uns nahe liegen. &#x2014; Die auf<lb/>
Grund und Boden lastenden Staats - und Gemeindeabgaben, dann andere unter zahlreichen<lb/>
Titeln für öffentliche Bedürfnisse, von allen Seiten auf den Grundbesitz eindringenden Anfor¬<lb/>
derungen stehen einerseits mit dem Erträgnisse desselben in einem höchst bedenklichen Mißver¬<lb/>
hältnisse, und dieses nimmt der Natur der Sache nach in noch immer, steigenden Proportionen<lb/>
zu. &#x2014; Ein weiteres Mißverhältnis liegt andererseits in dem Zustande des Rcalcredits. Als<lb/>
nach den Drangsalen eines langjährigen Krieges, Drangsalen, von denen sicherlich nicht der<lb/>
geringere Theil auf den Grundbesitz siel, das großartige Institut der Rationalbank in das<lb/>
Leben trat, sollte sich den ausgesprochenen Bestimmungen gemäß dessen Wirksamkeit auch auf<lb/>
den Realcredit erstrecken.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_113"> Dieser Theil seiner Bestimmung blieb unausgeführt, und während das Institut jeglichem<lb/>
andern Betriebe, ja selbst der Agiotage reichliche Hu lfsc, u elle n eröffnete, blieb<lb/>
der Nealcredit isolirt und sich selbst überlassen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_114"> Der Grundbesitz mußte ohne irgend einen stützenden Haltpunkt die Eoncurrcnz bestehen<lb/>
mit dem hohen Gewinne, welchen die nach einander folgenden Staatsanleihen den Kapitalisten<lb/>
gewährte, mit dem raschen Gewinne, welchen die Industrie unter dem Schutze der Prohibitio¬<lb/>
nen und Zölle aus seinen Anlagen zog, und alles dies in einer Zeit, welche die Wunden einer<lb/>
verhangnifivollen Epoche heilen sollte, und wo jedem eine langjährige tiefe Entwerthung aller<lb/>
landwirthschaftlichen Producte seinen Ertrag auf ein Minimum herabstclle.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_115" next="#ID_116"> Die drangvolle Epoche, wo selbst aus reichlichen Erndten eine Quelle der Besorgniß ward,''</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> 4*</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0035] Euere Majestät! Jeder Bewohner der weiten Lande, über welche der beglückende Scepter Ew. Maj. seine Herrschaft ausdehnt, naht sich in seinen Bedrängnissen vertrauungs- und hoffnungsvoll den Stufen des Thrones, und die angestammte Huld und Gnade Ew. Maj. entläßt reinen un- getröstet und ohne Hülfe. Im Gefühle ihrer heiligen Pflicht, die Bedürfnisse des Landes an den Stufen des Thrones frei auszusprechen, nahen sich die treu gehorsamsten Stände, als Vertreter des Markgrafthums Mähren mit der ehrfurchtsvollsten Bitte, Ew. Maj. möge auch ihrer Stimme ein huldvolles Gehör nicht versagen. Es ist eine leider nicht zu verkennende Thatsache, daß wahrend eines mehr als 30jährigen Friedens unter allen Elementen der Gesellschaft der Grundbesitz, wenn irgend eine, so doch sicherlich die geringste gedeihliche Entwickelung erfuhr, gerade jener Grundbesitz, der bisher als die wesentlichste Basis unsers Staates gegolten und sich als solche in langen und schweren Zeitläuften immer bewährt hat. Anlagen — Verbesserungen — ein Aufschwung von irgend erheblichem Unifange gehören auf diesem Kette leider zu den Ausnahmsfällen — im Großen und Ganzen aber ist in dem landwirtschaftlichen Betriebe und seiner Production, so wie in dem Wohlstande der ackerbauenden Bevölkerung jener Fortschritt nicht wahrzunehmen, welchen eine — in der Geschichte seltene Friedcnsperiode — und die Entwicklungen in anderen Sphä¬ ren mit vollem Rechte haben erwarten lassen, ja die Erfahrungen in der jüngsten Zeit er¬ wecken, und nicht ohne Grund, die Besorgnis!, daß in unsern von der Natur so reich begabten Ländern die Production der wesentlichsten Bedürfnisse mit dem steigenden Bedarfe nicht glei¬ chen Schritt halte. Einer der verläßlichsten Mafistäbe des agricolcn Wohlstandes, die Zahl und Qualität der Viehbestände, gibt, wenn man ihn mit früheren Perioden und mit der sich mehrenden Bevöl¬ kerung in Werglcich stellt, durchaus keine befriedigenden Resultate, und noch betrübender ist das Ergebniß, wenn man den Bestand im Auge hält, den ein schwunghafter Betrieb der Wirthschaft als eine unabweisbare Bedingung erfordert. Dagegen findet man auf der unteren Seite die auf Zahlen gegründete traurige Erfahrung, daß die Verschuldung des Landbesitzes in einem Besorgniß erregenden Verhältnisse zunimmt. Es wäre ein irriges Urtheil, diese Erscheinungen dem Mangel an Intelligenz, Rührigkeit und Thätigkeit von Seite der agricolcn Bevölkerung zuzuschreiben. Die Ursachen liegen zum großen Theile in Thatsachen, die uns nahe liegen. — Die auf Grund und Boden lastenden Staats - und Gemeindeabgaben, dann andere unter zahlreichen Titeln für öffentliche Bedürfnisse, von allen Seiten auf den Grundbesitz eindringenden Anfor¬ derungen stehen einerseits mit dem Erträgnisse desselben in einem höchst bedenklichen Mißver¬ hältnisse, und dieses nimmt der Natur der Sache nach in noch immer, steigenden Proportionen zu. — Ein weiteres Mißverhältnis liegt andererseits in dem Zustande des Rcalcredits. Als nach den Drangsalen eines langjährigen Krieges, Drangsalen, von denen sicherlich nicht der geringere Theil auf den Grundbesitz siel, das großartige Institut der Rationalbank in das Leben trat, sollte sich den ausgesprochenen Bestimmungen gemäß dessen Wirksamkeit auch auf den Realcredit erstrecken. Dieser Theil seiner Bestimmung blieb unausgeführt, und während das Institut jeglichem andern Betriebe, ja selbst der Agiotage reichliche Hu lfsc, u elle n eröffnete, blieb der Nealcredit isolirt und sich selbst überlassen. Der Grundbesitz mußte ohne irgend einen stützenden Haltpunkt die Eoncurrcnz bestehen mit dem hohen Gewinne, welchen die nach einander folgenden Staatsanleihen den Kapitalisten gewährte, mit dem raschen Gewinne, welchen die Industrie unter dem Schutze der Prohibitio¬ nen und Zölle aus seinen Anlagen zog, und alles dies in einer Zeit, welche die Wunden einer verhangnifivollen Epoche heilen sollte, und wo jedem eine langjährige tiefe Entwerthung aller landwirthschaftlichen Producte seinen Ertrag auf ein Minimum herabstclle. Die drangvolle Epoche, wo selbst aus reichlichen Erndten eine Quelle der Besorgniß ward,'' 4*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/35
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/35>, abgerufen am 22.07.2024.