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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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viel Einfluß auf den sonst so unparteiischen Verfasser ausgeübt, und ihn zu einer
unerquicklichen Polemik gegen alle Parteien, die jetzt in Belgien um die Herr¬
schaft streiten, verleitet habe. Das Streben, das vlämische Element in Belgien
von Deutschland aus zu heben und zu stütze", ist durchaus löblich; als Westphale
hat Höhlen ein doppeltes Interesse an der Sache, nur kann mau durch Uebertrei¬
bung leicht seiner Sache schaden. Das Werk wird dnrch ein Sonett an Willens,
den Vorkämpfer der vlämischcn Bewegung, mit dessen Portrait es geziert
ist, eröffnet. Der Gang des Buches ist folgender: Zuerst ein Nachweis, daß
im Kerne Belgiens deutscher Volksstamm unversehrt geblieben sei; dann ein Bei¬
trag zur belgischen Kunst- und Kulturgeschichte; Belgiens wirtschaftliche und
sociale Zustände; der belgische Staat und seine llmwälzungcn; dann wieder eine
Apologie der vlämischen Sprachbcwcguug; eine Parallele zwischen der belgisch-
französischen und der vlämischcn Literatur; eine Schilderung hervorragender vlämi-
scher Schriftsteller, und zum Schluß daS Verhältniß der vlämischeu Bewegung
zu Deutschland. Der Verfasser hat das vor anderthalb Jahren erschienene Werk
von I. Kuranda: Belgien seit seiner Revolution, fleißig benutzt, ohne
es irgendwie zu erwähnen. Wenn ein Schriftsteller die Vorarbeiten und die Ideen
eines kurz vor ihm aufgetretenen Schriftstellers benutzt und dabei die Quellen an¬
gibt, so ist das zu entschuldigen, wenn aber .....*). Ans künstlerische Ele¬
mente scheint der Verfasser kein Gewicht zu legen; daß übrigens Herr Höslen mit
dem Gegenstand, den er behandelt, tief vertraut ist, hat er in der Allgem. Zei¬
tung, wie in seiner frühern Schrift über die belgischen Handelsbeziehungen hin¬
länglich bewiesen.


4. Noritz Willksmm.

Ueber Spanien brachten wir in dem vorigen Artikel eine Reisebeschreibung
von Nochau; wir fügen hier einen zweiten Reisenden hinzu. Ungefähr gleichzei¬
tig mit dem Nochan'schen Werk erschien nämlich: Zwei Jahre in Spanien
und Portugal. Reiseerinnerungen vou Moritz Willkomm. (!! Bde.
Dresden und Leipzig, Arnold !8^i7). ES ist schwer, zwei Werke über denselben
Gegenstand, die aber nicht in der Form der wissenschaftlichen Nothwendigkeit, son¬
dern in der eines freien Kunstwerks auftrete", in ein bestimmtes Verhältniß zu
bringen. Die Tour erstreckt sich bei beiden ungefähr auf die nämlichen Gegenden,



".
Ich will hier Herrn Höslen einige harte Worte des Referenten ersparen. Die That¬
sache ist, daß mehrere Kapitel meines Buches von Herrn Höslen paraphrasirt wurden, häusig
sogar mit Beibehaltung meiner eigenen Ausdrücke, ohne daß er es für nöthig erachtet, seine
Quellen zu citiren. Wir wollen es dahingestellt sein lassen, ob es überhaupt recht ist, sich des
Eigenthums eines Andern in dieser Weise zu bedienen. Herr Höslen hat in dieser Schrift so
viel anderseitiges Material behandelt, daß er .süglich Jedem das Seine hätte lasse" rönnen.

viel Einfluß auf den sonst so unparteiischen Verfasser ausgeübt, und ihn zu einer
unerquicklichen Polemik gegen alle Parteien, die jetzt in Belgien um die Herr¬
schaft streiten, verleitet habe. Das Streben, das vlämische Element in Belgien
von Deutschland aus zu heben und zu stütze», ist durchaus löblich; als Westphale
hat Höhlen ein doppeltes Interesse an der Sache, nur kann mau durch Uebertrei¬
bung leicht seiner Sache schaden. Das Werk wird dnrch ein Sonett an Willens,
den Vorkämpfer der vlämischcn Bewegung, mit dessen Portrait es geziert
ist, eröffnet. Der Gang des Buches ist folgender: Zuerst ein Nachweis, daß
im Kerne Belgiens deutscher Volksstamm unversehrt geblieben sei; dann ein Bei¬
trag zur belgischen Kunst- und Kulturgeschichte; Belgiens wirtschaftliche und
sociale Zustände; der belgische Staat und seine llmwälzungcn; dann wieder eine
Apologie der vlämischen Sprachbcwcguug; eine Parallele zwischen der belgisch-
französischen und der vlämischcn Literatur; eine Schilderung hervorragender vlämi-
scher Schriftsteller, und zum Schluß daS Verhältniß der vlämischeu Bewegung
zu Deutschland. Der Verfasser hat das vor anderthalb Jahren erschienene Werk
von I. Kuranda: Belgien seit seiner Revolution, fleißig benutzt, ohne
es irgendwie zu erwähnen. Wenn ein Schriftsteller die Vorarbeiten und die Ideen
eines kurz vor ihm aufgetretenen Schriftstellers benutzt und dabei die Quellen an¬
gibt, so ist das zu entschuldigen, wenn aber .....*). Ans künstlerische Ele¬
mente scheint der Verfasser kein Gewicht zu legen; daß übrigens Herr Höslen mit
dem Gegenstand, den er behandelt, tief vertraut ist, hat er in der Allgem. Zei¬
tung, wie in seiner frühern Schrift über die belgischen Handelsbeziehungen hin¬
länglich bewiesen.


4. Noritz Willksmm.

Ueber Spanien brachten wir in dem vorigen Artikel eine Reisebeschreibung
von Nochau; wir fügen hier einen zweiten Reisenden hinzu. Ungefähr gleichzei¬
tig mit dem Nochan'schen Werk erschien nämlich: Zwei Jahre in Spanien
und Portugal. Reiseerinnerungen vou Moritz Willkomm. (!! Bde.
Dresden und Leipzig, Arnold !8^i7). ES ist schwer, zwei Werke über denselben
Gegenstand, die aber nicht in der Form der wissenschaftlichen Nothwendigkeit, son¬
dern in der eines freien Kunstwerks auftrete», in ein bestimmtes Verhältniß zu
bringen. Die Tour erstreckt sich bei beiden ungefähr auf die nämlichen Gegenden,



«.
Ich will hier Herrn Höslen einige harte Worte des Referenten ersparen. Die That¬
sache ist, daß mehrere Kapitel meines Buches von Herrn Höslen paraphrasirt wurden, häusig
sogar mit Beibehaltung meiner eigenen Ausdrücke, ohne daß er es für nöthig erachtet, seine
Quellen zu citiren. Wir wollen es dahingestellt sein lassen, ob es überhaupt recht ist, sich des
Eigenthums eines Andern in dieser Weise zu bedienen. Herr Höslen hat in dieser Schrift so
viel anderseitiges Material behandelt, daß er .süglich Jedem das Seine hätte lasse» rönnen.
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[0298] viel Einfluß auf den sonst so unparteiischen Verfasser ausgeübt, und ihn zu einer unerquicklichen Polemik gegen alle Parteien, die jetzt in Belgien um die Herr¬ schaft streiten, verleitet habe. Das Streben, das vlämische Element in Belgien von Deutschland aus zu heben und zu stütze», ist durchaus löblich; als Westphale hat Höhlen ein doppeltes Interesse an der Sache, nur kann mau durch Uebertrei¬ bung leicht seiner Sache schaden. Das Werk wird dnrch ein Sonett an Willens, den Vorkämpfer der vlämischcn Bewegung, mit dessen Portrait es geziert ist, eröffnet. Der Gang des Buches ist folgender: Zuerst ein Nachweis, daß im Kerne Belgiens deutscher Volksstamm unversehrt geblieben sei; dann ein Bei¬ trag zur belgischen Kunst- und Kulturgeschichte; Belgiens wirtschaftliche und sociale Zustände; der belgische Staat und seine llmwälzungcn; dann wieder eine Apologie der vlämischen Sprachbcwcguug; eine Parallele zwischen der belgisch- französischen und der vlämischcn Literatur; eine Schilderung hervorragender vlämi- scher Schriftsteller, und zum Schluß daS Verhältniß der vlämischeu Bewegung zu Deutschland. Der Verfasser hat das vor anderthalb Jahren erschienene Werk von I. Kuranda: Belgien seit seiner Revolution, fleißig benutzt, ohne es irgendwie zu erwähnen. Wenn ein Schriftsteller die Vorarbeiten und die Ideen eines kurz vor ihm aufgetretenen Schriftstellers benutzt und dabei die Quellen an¬ gibt, so ist das zu entschuldigen, wenn aber .....*). Ans künstlerische Ele¬ mente scheint der Verfasser kein Gewicht zu legen; daß übrigens Herr Höslen mit dem Gegenstand, den er behandelt, tief vertraut ist, hat er in der Allgem. Zei¬ tung, wie in seiner frühern Schrift über die belgischen Handelsbeziehungen hin¬ länglich bewiesen. 4. Noritz Willksmm. Ueber Spanien brachten wir in dem vorigen Artikel eine Reisebeschreibung von Nochau; wir fügen hier einen zweiten Reisenden hinzu. Ungefähr gleichzei¬ tig mit dem Nochan'schen Werk erschien nämlich: Zwei Jahre in Spanien und Portugal. Reiseerinnerungen vou Moritz Willkomm. (!! Bde. Dresden und Leipzig, Arnold !8^i7). ES ist schwer, zwei Werke über denselben Gegenstand, die aber nicht in der Form der wissenschaftlichen Nothwendigkeit, son¬ dern in der eines freien Kunstwerks auftrete», in ein bestimmtes Verhältniß zu bringen. Die Tour erstreckt sich bei beiden ungefähr auf die nämlichen Gegenden, «. Ich will hier Herrn Höslen einige harte Worte des Referenten ersparen. Die That¬ sache ist, daß mehrere Kapitel meines Buches von Herrn Höslen paraphrasirt wurden, häusig sogar mit Beibehaltung meiner eigenen Ausdrücke, ohne daß er es für nöthig erachtet, seine Quellen zu citiren. Wir wollen es dahingestellt sein lassen, ob es überhaupt recht ist, sich des Eigenthums eines Andern in dieser Weise zu bedienen. Herr Höslen hat in dieser Schrift so viel anderseitiges Material behandelt, daß er .süglich Jedem das Seine hätte lasse» rönnen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/298>, abgerufen am 22.07.2024.