Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Weg, und auch hierin zeigte sie sich doppelt besorgt für seine Zukunft. Wie
manches Talent geht gerade im Schooße des Reichthums unter, wie manche rohe Gold-
Mcnschen ersticken, verpesten die guten Keime ihrer Kinder.

Felix Mendelssohn ward aber nicht wie gewöhnliche Glückskinder nur mit reiche"
Eltern, sondern auch mit hochgebildeten Eltern gesegnet, Eltern, die in seiner zartesten
Kindheit seine Anlagen erkannten und mit Pietät sie pflegten. Was Berlin in der
Zeit nach dem Befreiungskriege an Berühmtheiten in Kunst und Wissenschaften besaß,
ward um Nath befragt, ward wo möglich herbeigezogen, den Geist des Knaben
zu Pflegen und heranzubilden. Und wieder mischte sich das Glück ein. Ein genialer
Mensch, eine jener seltenen befruchtenden Naturen, die ewige Saat in die Phantasie
des Zöglings lege", fand sich als Lehrer des Knaben, Ludwig Berger! Dieser, nebst
Zelter und Bernhard Klein halfen dem Genie des jungen Tondichters zu seiner frühen
Reife. Und nun folgte ihm das Glück auf alle" Wegen seiner Kunst. Es stand ihm
zur Seite als ausübenden Künstler in England, Frankreich und Italien, es stand ihm
als schöpferischen Künstler zur Seite von seiner in seinem 17. Jahre geschriebenen
Ouvertüre zum "Sommernachtstraum", bis ans sein letztes Werk, es stand ihm als
organisirenden und dirigirenden Künstler zur Seite von der Reorganisation der Leip¬
ziger Gewandhausconcerte, bis zu dem letzten großen Musikfeste in Cöln, sein starker
männlicher Geist, seine liebenswürdige Persönlichkeit, seine poetische Begeisterung er¬
warb ihm allenthalben den Enthusiasmus der großen künstlerischen Körperschaften, die
er zu dirigiren nach allen Seiten hin berufen ward.

So trank er aus jedem Kelche künstlerischer Erfolge den goldenen Wein bis auf den
Grund. Mancher Künstler ward schon von den Großen der Erde mit Orden und Auszeich¬
nungen bedeckt, wie er, während die Nation ihm den Rücken kehrt; Mendelssohn war
ein Liebling des Volkes, wie der Fürsten, die in ihren Gunstbezeigungen gegen ihn blos der
öffentlichen Stimme folgten. Mancher Künstler ist ein Liebling des Volkes, während
ihm die Kollegen, die Männer der Wissenschaft naserümvfcnd den Rücken kehren; Men¬
delssohn ward von den Musikern der strengsten Observanz als ein Klassiker verehrt.
Mancher musikalische Klassiker wandelt steif und unverstanden auf den Gipfeln des Par¬
nasses, während das Volk unten nichts von ihm weiß und wissen will, Mendelssohn
vereinigte mit der Achtung der Kenner auch die Gunst der Liebhaber. Seine Lieder
finden sich auf allen Piano's, sein "Paulus" verbreitete seiue Popularität in die wei¬
testen Kreise der Bildung. Eins schien ihm von der Natur versagt, die dramatische
Komposition, die Gunst der Bühne. Sein edler Ehrgeiz strebte anch diese zu errin¬
gen. Die Nachricht verbreitete sich, er habe eine Oper vollendet, die Freunde bestätigen
die Nachricht. Die Verehrer, die Neider siud gespannt, ob der auf dem Gipfel seines
Ruhmes stehende Künstler noch höher steigen oder stürzen werde. Die Gefahr war viel¬
leicht nahe. Da trat die schützende Glücksgöttin heran und küßte ihn in der Gestalt
eines bleichen Todesengels auf die feingeschnittenen Lippen. Er entschlief, und ein Schrei
der Klage geht durch Deutschland: "Er ist zu früh gestorben!"

Heil dem, der so stirbt und den jungfräulichen Kranz des Ruhms unverweilt,
unberührt, wie ein Gott in frischer Jugend in sein Grab nimmt. Sein Todestag
ward in Leipzig wie ein öffentliches Unglück hingenommen. Das Sterbehaus war von
Hunderten belagert. An seinem Bette stand eine edle Frau, die ihm Alles war, lieb¬
reizende Kinder, die seinen Namen fortpflanzen, von fern und nah kamen bis noch
spät in die Nacht die Freunde und Angehörigen mit Eisenbahnzügen herbeigestürzt, um
seinen letzten Blick noch zu sehen. Wer so stirbt, der ist nnr halb zu beweinen. Auf
seinen Grabstein sollte man setzen: Hier ruht einer der bedeutendsten und einer der
I. R. glücklichsten Menschen seiner Zeit.




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. Redacteur: I. Kuranda.
Druck von Friedrich Andr-i.

in den Weg, und auch hierin zeigte sie sich doppelt besorgt für seine Zukunft. Wie
manches Talent geht gerade im Schooße des Reichthums unter, wie manche rohe Gold-
Mcnschen ersticken, verpesten die guten Keime ihrer Kinder.

Felix Mendelssohn ward aber nicht wie gewöhnliche Glückskinder nur mit reiche»
Eltern, sondern auch mit hochgebildeten Eltern gesegnet, Eltern, die in seiner zartesten
Kindheit seine Anlagen erkannten und mit Pietät sie pflegten. Was Berlin in der
Zeit nach dem Befreiungskriege an Berühmtheiten in Kunst und Wissenschaften besaß,
ward um Nath befragt, ward wo möglich herbeigezogen, den Geist des Knaben
zu Pflegen und heranzubilden. Und wieder mischte sich das Glück ein. Ein genialer
Mensch, eine jener seltenen befruchtenden Naturen, die ewige Saat in die Phantasie
des Zöglings lege», fand sich als Lehrer des Knaben, Ludwig Berger! Dieser, nebst
Zelter und Bernhard Klein halfen dem Genie des jungen Tondichters zu seiner frühen
Reife. Und nun folgte ihm das Glück auf alle» Wegen seiner Kunst. Es stand ihm
zur Seite als ausübenden Künstler in England, Frankreich und Italien, es stand ihm
als schöpferischen Künstler zur Seite von seiner in seinem 17. Jahre geschriebenen
Ouvertüre zum „Sommernachtstraum", bis ans sein letztes Werk, es stand ihm als
organisirenden und dirigirenden Künstler zur Seite von der Reorganisation der Leip¬
ziger Gewandhausconcerte, bis zu dem letzten großen Musikfeste in Cöln, sein starker
männlicher Geist, seine liebenswürdige Persönlichkeit, seine poetische Begeisterung er¬
warb ihm allenthalben den Enthusiasmus der großen künstlerischen Körperschaften, die
er zu dirigiren nach allen Seiten hin berufen ward.

So trank er aus jedem Kelche künstlerischer Erfolge den goldenen Wein bis auf den
Grund. Mancher Künstler ward schon von den Großen der Erde mit Orden und Auszeich¬
nungen bedeckt, wie er, während die Nation ihm den Rücken kehrt; Mendelssohn war
ein Liebling des Volkes, wie der Fürsten, die in ihren Gunstbezeigungen gegen ihn blos der
öffentlichen Stimme folgten. Mancher Künstler ist ein Liebling des Volkes, während
ihm die Kollegen, die Männer der Wissenschaft naserümvfcnd den Rücken kehren; Men¬
delssohn ward von den Musikern der strengsten Observanz als ein Klassiker verehrt.
Mancher musikalische Klassiker wandelt steif und unverstanden auf den Gipfeln des Par¬
nasses, während das Volk unten nichts von ihm weiß und wissen will, Mendelssohn
vereinigte mit der Achtung der Kenner auch die Gunst der Liebhaber. Seine Lieder
finden sich auf allen Piano's, sein „Paulus" verbreitete seiue Popularität in die wei¬
testen Kreise der Bildung. Eins schien ihm von der Natur versagt, die dramatische
Komposition, die Gunst der Bühne. Sein edler Ehrgeiz strebte anch diese zu errin¬
gen. Die Nachricht verbreitete sich, er habe eine Oper vollendet, die Freunde bestätigen
die Nachricht. Die Verehrer, die Neider siud gespannt, ob der auf dem Gipfel seines
Ruhmes stehende Künstler noch höher steigen oder stürzen werde. Die Gefahr war viel¬
leicht nahe. Da trat die schützende Glücksgöttin heran und küßte ihn in der Gestalt
eines bleichen Todesengels auf die feingeschnittenen Lippen. Er entschlief, und ein Schrei
der Klage geht durch Deutschland: „Er ist zu früh gestorben!"

Heil dem, der so stirbt und den jungfräulichen Kranz des Ruhms unverweilt,
unberührt, wie ein Gott in frischer Jugend in sein Grab nimmt. Sein Todestag
ward in Leipzig wie ein öffentliches Unglück hingenommen. Das Sterbehaus war von
Hunderten belagert. An seinem Bette stand eine edle Frau, die ihm Alles war, lieb¬
reizende Kinder, die seinen Namen fortpflanzen, von fern und nah kamen bis noch
spät in die Nacht die Freunde und Angehörigen mit Eisenbahnzügen herbeigestürzt, um
seinen letzten Blick noch zu sehen. Wer so stirbt, der ist nnr halb zu beweinen. Auf
seinen Grabstein sollte man setzen: Hier ruht einer der bedeutendsten und einer der
I. R. glücklichsten Menschen seiner Zeit.




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. Redacteur: I. Kuranda.
Druck von Friedrich Andr-i.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0236" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185000"/>
            <p xml:id="ID_783" prev="#ID_782"> in den Weg, und auch hierin zeigte sie sich doppelt besorgt für seine Zukunft. Wie<lb/>
manches Talent geht gerade im Schooße des Reichthums unter, wie manche rohe Gold-<lb/>
Mcnschen ersticken, verpesten die guten Keime ihrer Kinder.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_784"> Felix Mendelssohn ward aber nicht wie gewöhnliche Glückskinder nur mit reiche»<lb/>
Eltern, sondern auch mit hochgebildeten Eltern gesegnet, Eltern, die in seiner zartesten<lb/>
Kindheit seine Anlagen erkannten und mit Pietät sie pflegten. Was Berlin in der<lb/>
Zeit nach dem Befreiungskriege an Berühmtheiten in Kunst und Wissenschaften besaß,<lb/>
ward um Nath befragt, ward wo möglich herbeigezogen, den Geist des Knaben<lb/>
zu Pflegen und heranzubilden. Und wieder mischte sich das Glück ein. Ein genialer<lb/>
Mensch, eine jener seltenen befruchtenden Naturen, die ewige Saat in die Phantasie<lb/>
des Zöglings lege», fand sich als Lehrer des Knaben, Ludwig Berger! Dieser, nebst<lb/>
Zelter und Bernhard Klein halfen dem Genie des jungen Tondichters zu seiner frühen<lb/>
Reife. Und nun folgte ihm das Glück auf alle» Wegen seiner Kunst. Es stand ihm<lb/>
zur Seite als ausübenden Künstler in England, Frankreich und Italien, es stand ihm<lb/>
als schöpferischen Künstler zur Seite von seiner in seinem 17. Jahre geschriebenen<lb/>
Ouvertüre zum &#x201E;Sommernachtstraum", bis ans sein letztes Werk, es stand ihm als<lb/>
organisirenden und dirigirenden Künstler zur Seite von der Reorganisation der Leip¬<lb/>
ziger Gewandhausconcerte, bis zu dem letzten großen Musikfeste in Cöln, sein starker<lb/>
männlicher Geist, seine liebenswürdige Persönlichkeit, seine poetische Begeisterung er¬<lb/>
warb ihm allenthalben den Enthusiasmus der großen künstlerischen Körperschaften, die<lb/>
er zu dirigiren nach allen Seiten hin berufen ward.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_785"> So trank er aus jedem Kelche künstlerischer Erfolge den goldenen Wein bis auf den<lb/>
Grund. Mancher Künstler ward schon von den Großen der Erde mit Orden und Auszeich¬<lb/>
nungen bedeckt, wie er, während die Nation ihm den Rücken kehrt; Mendelssohn war<lb/>
ein Liebling des Volkes, wie der Fürsten, die in ihren Gunstbezeigungen gegen ihn blos der<lb/>
öffentlichen Stimme folgten. Mancher Künstler ist ein Liebling des Volkes, während<lb/>
ihm die Kollegen, die Männer der Wissenschaft naserümvfcnd den Rücken kehren; Men¬<lb/>
delssohn ward von den Musikern der strengsten Observanz als ein Klassiker verehrt.<lb/>
Mancher musikalische Klassiker wandelt steif und unverstanden auf den Gipfeln des Par¬<lb/>
nasses, während das Volk unten nichts von ihm weiß und wissen will, Mendelssohn<lb/>
vereinigte mit der Achtung der Kenner auch die Gunst der Liebhaber. Seine Lieder<lb/>
finden sich auf allen Piano's, sein &#x201E;Paulus" verbreitete seiue Popularität in die wei¬<lb/>
testen Kreise der Bildung. Eins schien ihm von der Natur versagt, die dramatische<lb/>
Komposition, die Gunst der Bühne. Sein edler Ehrgeiz strebte anch diese zu errin¬<lb/>
gen. Die Nachricht verbreitete sich, er habe eine Oper vollendet, die Freunde bestätigen<lb/>
die Nachricht. Die Verehrer, die Neider siud gespannt, ob der auf dem Gipfel seines<lb/>
Ruhmes stehende Künstler noch höher steigen oder stürzen werde. Die Gefahr war viel¬<lb/>
leicht nahe. Da trat die schützende Glücksgöttin heran und küßte ihn in der Gestalt<lb/>
eines bleichen Todesengels auf die feingeschnittenen Lippen. Er entschlief, und ein Schrei<lb/>
der Klage geht durch Deutschland: &#x201E;Er ist zu früh gestorben!"</p><lb/>
            <p xml:id="ID_786"> Heil dem, der so stirbt und den jungfräulichen Kranz des Ruhms unverweilt,<lb/>
unberührt, wie ein Gott in frischer Jugend in sein Grab nimmt. Sein Todestag<lb/>
ward in Leipzig wie ein öffentliches Unglück hingenommen. Das Sterbehaus war von<lb/>
Hunderten belagert. An seinem Bette stand eine edle Frau, die ihm Alles war, lieb¬<lb/>
reizende Kinder, die seinen Namen fortpflanzen, von fern und nah kamen bis noch<lb/>
spät in die Nacht die Freunde und Angehörigen mit Eisenbahnzügen herbeigestürzt, um<lb/>
seinen letzten Blick noch zu sehen. Wer so stirbt, der ist nnr halb zu beweinen. Auf<lb/>
seinen Grabstein sollte man setzen: Hier ruht einer der bedeutendsten und einer der<lb/><note type="byline"> I. R.</note> glücklichsten Menschen seiner Zeit. </p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <note type="byline"> Verlag von Fr. Ludw. Herbig. Redacteur: I. Kuranda.<lb/>
Druck von Friedrich Andr-i.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0236] in den Weg, und auch hierin zeigte sie sich doppelt besorgt für seine Zukunft. Wie manches Talent geht gerade im Schooße des Reichthums unter, wie manche rohe Gold- Mcnschen ersticken, verpesten die guten Keime ihrer Kinder. Felix Mendelssohn ward aber nicht wie gewöhnliche Glückskinder nur mit reiche» Eltern, sondern auch mit hochgebildeten Eltern gesegnet, Eltern, die in seiner zartesten Kindheit seine Anlagen erkannten und mit Pietät sie pflegten. Was Berlin in der Zeit nach dem Befreiungskriege an Berühmtheiten in Kunst und Wissenschaften besaß, ward um Nath befragt, ward wo möglich herbeigezogen, den Geist des Knaben zu Pflegen und heranzubilden. Und wieder mischte sich das Glück ein. Ein genialer Mensch, eine jener seltenen befruchtenden Naturen, die ewige Saat in die Phantasie des Zöglings lege», fand sich als Lehrer des Knaben, Ludwig Berger! Dieser, nebst Zelter und Bernhard Klein halfen dem Genie des jungen Tondichters zu seiner frühen Reife. Und nun folgte ihm das Glück auf alle» Wegen seiner Kunst. Es stand ihm zur Seite als ausübenden Künstler in England, Frankreich und Italien, es stand ihm als schöpferischen Künstler zur Seite von seiner in seinem 17. Jahre geschriebenen Ouvertüre zum „Sommernachtstraum", bis ans sein letztes Werk, es stand ihm als organisirenden und dirigirenden Künstler zur Seite von der Reorganisation der Leip¬ ziger Gewandhausconcerte, bis zu dem letzten großen Musikfeste in Cöln, sein starker männlicher Geist, seine liebenswürdige Persönlichkeit, seine poetische Begeisterung er¬ warb ihm allenthalben den Enthusiasmus der großen künstlerischen Körperschaften, die er zu dirigiren nach allen Seiten hin berufen ward. So trank er aus jedem Kelche künstlerischer Erfolge den goldenen Wein bis auf den Grund. Mancher Künstler ward schon von den Großen der Erde mit Orden und Auszeich¬ nungen bedeckt, wie er, während die Nation ihm den Rücken kehrt; Mendelssohn war ein Liebling des Volkes, wie der Fürsten, die in ihren Gunstbezeigungen gegen ihn blos der öffentlichen Stimme folgten. Mancher Künstler ist ein Liebling des Volkes, während ihm die Kollegen, die Männer der Wissenschaft naserümvfcnd den Rücken kehren; Men¬ delssohn ward von den Musikern der strengsten Observanz als ein Klassiker verehrt. Mancher musikalische Klassiker wandelt steif und unverstanden auf den Gipfeln des Par¬ nasses, während das Volk unten nichts von ihm weiß und wissen will, Mendelssohn vereinigte mit der Achtung der Kenner auch die Gunst der Liebhaber. Seine Lieder finden sich auf allen Piano's, sein „Paulus" verbreitete seiue Popularität in die wei¬ testen Kreise der Bildung. Eins schien ihm von der Natur versagt, die dramatische Komposition, die Gunst der Bühne. Sein edler Ehrgeiz strebte anch diese zu errin¬ gen. Die Nachricht verbreitete sich, er habe eine Oper vollendet, die Freunde bestätigen die Nachricht. Die Verehrer, die Neider siud gespannt, ob der auf dem Gipfel seines Ruhmes stehende Künstler noch höher steigen oder stürzen werde. Die Gefahr war viel¬ leicht nahe. Da trat die schützende Glücksgöttin heran und küßte ihn in der Gestalt eines bleichen Todesengels auf die feingeschnittenen Lippen. Er entschlief, und ein Schrei der Klage geht durch Deutschland: „Er ist zu früh gestorben!" Heil dem, der so stirbt und den jungfräulichen Kranz des Ruhms unverweilt, unberührt, wie ein Gott in frischer Jugend in sein Grab nimmt. Sein Todestag ward in Leipzig wie ein öffentliches Unglück hingenommen. Das Sterbehaus war von Hunderten belagert. An seinem Bette stand eine edle Frau, die ihm Alles war, lieb¬ reizende Kinder, die seinen Namen fortpflanzen, von fern und nah kamen bis noch spät in die Nacht die Freunde und Angehörigen mit Eisenbahnzügen herbeigestürzt, um seinen letzten Blick noch zu sehen. Wer so stirbt, der ist nnr halb zu beweinen. Auf seinen Grabstein sollte man setzen: Hier ruht einer der bedeutendsten und einer der I. R. glücklichsten Menschen seiner Zeit. Verlag von Fr. Ludw. Herbig. Redacteur: I. Kuranda. Druck von Friedrich Andr-i.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/236
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/236>, abgerufen am 22.07.2024.