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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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Zangen angefaßt und mit der Asche ihrer verbrannten Kleider und Betten sechs
Fuß tief vergraben. Die andern Sachen werden nach geschehener Reinigung der
Nachlaßbehördc übersandt. Nach Beendigung der bestimmten Frist erhält der Ent¬
lassene eine unentgeldliche Urkunde darüber, die Sanitätsfeda; auch darf Niemand
von dem Contumazialpersonal bei Verlust seines Amtes eine Belohnung verlangen.
Vor Ablauf der Zeit kann man lediglich dann die Anstalt verlassen, wenn man
wieder in das Ausland, woher man gekommen, zurückkehrt.

Bei unverdächtigen Zeiten müssen alle gebrauchten Kleider und schmuzige Wä¬
sche so wie alle Briefe dem Reinigungsverfahren unterworfen werden. In ver¬
dächtigen Zeiten werden gebrauchte Kleider, welche als Waaren ankommen, ganz
zurückgewiesen. Die mit der Reinigung der Waaren beschäftigten Diener bleiben
als exponirt so lange abgeschlossen, wie die betreffenden Waaren; sobald diese ab¬
geliefert werden, wird der Fußboden mit Chlorkalkauflösung gewaschen und das
Magazin mit Chlordämpfcn geräuchert.

Bei der Reinigung der verschiedenen Waaren kommt es auf die Verschieden¬
heit derselben in Beziehung ans die Fähigkeit, Peststoff zu verbreiten an. Gift¬
fangende Körper solche, an denen wegen ihrer rauhen oder porösen Beschaffenheit
der Peststvff länger kleben bleiben kann. Nicht giftfangende Körper sind alle glat¬
ten Gegenstände, bei denen dies weniger zu befürchten ist. Zu den höchst verdäch¬
tigen Gegenständen gehören solche, womit gewöhnlich der menschliche Körper am
meisten in Verbindung kommt, als Kleider, Betten und selbst das Lagerstrvh,
Kämme, Rasirzeug, Schmuck, Rosenkränze, Brieftaschen, Tabakspfeifen, Regen¬
schirme u. s. w. Ferner Stühle und dann Ueberzüge, Vorhänge musikalische In¬
strumente, Bücher, Schreib- und Feuerzeuge, Speise- Küchen- und Hausgeräthe.
Verdächtig sind alle Gegenstände, welche bei ihrer Verfertigung oder während des
Transports von pestverdächtigen Personen berührt worden sein können., als: Wa¬
gen, irdene oder metallne Gefäße, Galanterie- und Waaren von Flachs, Wolle,
Baumwolle, Seide, Federn, Felle, Pergament, Wachs, Fett, Papier, Waarenver-
schläge und Tonnen.

Das Reinigen dieser Sachen geschieht entweder durch Wa scheu mit Wasser
und Lauge, oder mit Wasser und Essig, oder Salz oder Seife; das Neinigen
entweder mit Chlvrdämpfeu nach den Guyton-Moreau'schen und Fvnrcroi'schen
Methode; nämlich mit zwei Theilen Salz, eben so viel Braunstein und ein Theil
Schwefelsäure, oder mit Chlorkalk, der mit Wasser benetzt wird. Eine jetzt noch
gewöhnlichere Art ist der russiche Pestrauch, bestehend in 6 Pfd. Waizenklcie mit
1^ Pfd. Schwefel und eben so viel Salpeter. Ferner geschieht das Reinigen durch
erhitzte Luft oder durch Lüften im Luftzuge und Aussetzen in freier Lust.
Welche Reinigungsart anzuwenden, hängt von der Beschaffenheit der Waare oder
deren größerer oder geringerer Verdächtigten ab.

Die verdächtigen Gegenstände werden in gefährlichen oder verdächtigen Zei-


Gmizlwtw. IV. 2

Zangen angefaßt und mit der Asche ihrer verbrannten Kleider und Betten sechs
Fuß tief vergraben. Die andern Sachen werden nach geschehener Reinigung der
Nachlaßbehördc übersandt. Nach Beendigung der bestimmten Frist erhält der Ent¬
lassene eine unentgeldliche Urkunde darüber, die Sanitätsfeda; auch darf Niemand
von dem Contumazialpersonal bei Verlust seines Amtes eine Belohnung verlangen.
Vor Ablauf der Zeit kann man lediglich dann die Anstalt verlassen, wenn man
wieder in das Ausland, woher man gekommen, zurückkehrt.

Bei unverdächtigen Zeiten müssen alle gebrauchten Kleider und schmuzige Wä¬
sche so wie alle Briefe dem Reinigungsverfahren unterworfen werden. In ver¬
dächtigen Zeiten werden gebrauchte Kleider, welche als Waaren ankommen, ganz
zurückgewiesen. Die mit der Reinigung der Waaren beschäftigten Diener bleiben
als exponirt so lange abgeschlossen, wie die betreffenden Waaren; sobald diese ab¬
geliefert werden, wird der Fußboden mit Chlorkalkauflösung gewaschen und das
Magazin mit Chlordämpfcn geräuchert.

Bei der Reinigung der verschiedenen Waaren kommt es auf die Verschieden¬
heit derselben in Beziehung ans die Fähigkeit, Peststoff zu verbreiten an. Gift¬
fangende Körper solche, an denen wegen ihrer rauhen oder porösen Beschaffenheit
der Peststvff länger kleben bleiben kann. Nicht giftfangende Körper sind alle glat¬
ten Gegenstände, bei denen dies weniger zu befürchten ist. Zu den höchst verdäch¬
tigen Gegenständen gehören solche, womit gewöhnlich der menschliche Körper am
meisten in Verbindung kommt, als Kleider, Betten und selbst das Lagerstrvh,
Kämme, Rasirzeug, Schmuck, Rosenkränze, Brieftaschen, Tabakspfeifen, Regen¬
schirme u. s. w. Ferner Stühle und dann Ueberzüge, Vorhänge musikalische In¬
strumente, Bücher, Schreib- und Feuerzeuge, Speise- Küchen- und Hausgeräthe.
Verdächtig sind alle Gegenstände, welche bei ihrer Verfertigung oder während des
Transports von pestverdächtigen Personen berührt worden sein können., als: Wa¬
gen, irdene oder metallne Gefäße, Galanterie- und Waaren von Flachs, Wolle,
Baumwolle, Seide, Federn, Felle, Pergament, Wachs, Fett, Papier, Waarenver-
schläge und Tonnen.

Das Reinigen dieser Sachen geschieht entweder durch Wa scheu mit Wasser
und Lauge, oder mit Wasser und Essig, oder Salz oder Seife; das Neinigen
entweder mit Chlvrdämpfeu nach den Guyton-Moreau'schen und Fvnrcroi'schen
Methode; nämlich mit zwei Theilen Salz, eben so viel Braunstein und ein Theil
Schwefelsäure, oder mit Chlorkalk, der mit Wasser benetzt wird. Eine jetzt noch
gewöhnlichere Art ist der russiche Pestrauch, bestehend in 6 Pfd. Waizenklcie mit
1^ Pfd. Schwefel und eben so viel Salpeter. Ferner geschieht das Reinigen durch
erhitzte Luft oder durch Lüften im Luftzuge und Aussetzen in freier Lust.
Welche Reinigungsart anzuwenden, hängt von der Beschaffenheit der Waare oder
deren größerer oder geringerer Verdächtigten ab.

Die verdächtigen Gegenstände werden in gefährlichen oder verdächtigen Zei-


Gmizlwtw. IV. 2
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[0017] Zangen angefaßt und mit der Asche ihrer verbrannten Kleider und Betten sechs Fuß tief vergraben. Die andern Sachen werden nach geschehener Reinigung der Nachlaßbehördc übersandt. Nach Beendigung der bestimmten Frist erhält der Ent¬ lassene eine unentgeldliche Urkunde darüber, die Sanitätsfeda; auch darf Niemand von dem Contumazialpersonal bei Verlust seines Amtes eine Belohnung verlangen. Vor Ablauf der Zeit kann man lediglich dann die Anstalt verlassen, wenn man wieder in das Ausland, woher man gekommen, zurückkehrt. Bei unverdächtigen Zeiten müssen alle gebrauchten Kleider und schmuzige Wä¬ sche so wie alle Briefe dem Reinigungsverfahren unterworfen werden. In ver¬ dächtigen Zeiten werden gebrauchte Kleider, welche als Waaren ankommen, ganz zurückgewiesen. Die mit der Reinigung der Waaren beschäftigten Diener bleiben als exponirt so lange abgeschlossen, wie die betreffenden Waaren; sobald diese ab¬ geliefert werden, wird der Fußboden mit Chlorkalkauflösung gewaschen und das Magazin mit Chlordämpfcn geräuchert. Bei der Reinigung der verschiedenen Waaren kommt es auf die Verschieden¬ heit derselben in Beziehung ans die Fähigkeit, Peststoff zu verbreiten an. Gift¬ fangende Körper solche, an denen wegen ihrer rauhen oder porösen Beschaffenheit der Peststvff länger kleben bleiben kann. Nicht giftfangende Körper sind alle glat¬ ten Gegenstände, bei denen dies weniger zu befürchten ist. Zu den höchst verdäch¬ tigen Gegenständen gehören solche, womit gewöhnlich der menschliche Körper am meisten in Verbindung kommt, als Kleider, Betten und selbst das Lagerstrvh, Kämme, Rasirzeug, Schmuck, Rosenkränze, Brieftaschen, Tabakspfeifen, Regen¬ schirme u. s. w. Ferner Stühle und dann Ueberzüge, Vorhänge musikalische In¬ strumente, Bücher, Schreib- und Feuerzeuge, Speise- Küchen- und Hausgeräthe. Verdächtig sind alle Gegenstände, welche bei ihrer Verfertigung oder während des Transports von pestverdächtigen Personen berührt worden sein können., als: Wa¬ gen, irdene oder metallne Gefäße, Galanterie- und Waaren von Flachs, Wolle, Baumwolle, Seide, Federn, Felle, Pergament, Wachs, Fett, Papier, Waarenver- schläge und Tonnen. Das Reinigen dieser Sachen geschieht entweder durch Wa scheu mit Wasser und Lauge, oder mit Wasser und Essig, oder Salz oder Seife; das Neinigen entweder mit Chlvrdämpfeu nach den Guyton-Moreau'schen und Fvnrcroi'schen Methode; nämlich mit zwei Theilen Salz, eben so viel Braunstein und ein Theil Schwefelsäure, oder mit Chlorkalk, der mit Wasser benetzt wird. Eine jetzt noch gewöhnlichere Art ist der russiche Pestrauch, bestehend in 6 Pfd. Waizenklcie mit 1^ Pfd. Schwefel und eben so viel Salpeter. Ferner geschieht das Reinigen durch erhitzte Luft oder durch Lüften im Luftzuge und Aussetzen in freier Lust. Welche Reinigungsart anzuwenden, hängt von der Beschaffenheit der Waare oder deren größerer oder geringerer Verdächtigten ab. Die verdächtigen Gegenstände werden in gefährlichen oder verdächtigen Zei- Gmizlwtw. IV. 2

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/17>, abgerufen am 03.07.2024.