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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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nächsten Generalkommando mit offene" Armen wieder angenommen, so fühlbar
wird bereits der Mangel an Unterärzten. Ob Napoleon wohl Kaiser geworden
wäre, wenn er gewußt hatte, sein Lebelang nichts als Gemeiner sein zu können?

Höchst verderblich ist die gegenwärtige Einrichtung, wo Unterärzte nie, weder
Geldzulage, noch Beförderung zu hoffen indem, und der Oberarzt erst in 30 -40
Jahren Aussicht hat, zum Ncgimentsarzte zu qvaneiren, daher gewöhnlich durch
den Tod früher befördert wird. Durch den neuen Neformplan geschieht diesen
Uebelständen gar keine Abhülfe, und es wäre vielleicht eben so wohl gera¬
then, wieder Feldscheerer und Bader in die Armee aufzunehmen, für welche
eigentlich die Stellung und Zahlung bestimmt war, oder sich dieselben aus der
Mannschaft zu rekrntiren, Leute aber, die man nicht würdigen und schätzen will,
wissenschaftlich gebildete Männer, die man geistig tödtet, aus der Armee zu entlassen.
Die Herren Stabs- und Oberoffiziere könnten ja aus monatlichen Gagerückläfsen
sich einen eigenen Leibmediker bei jedem Regimente für ihre Person anstellen; ob
aber ein Soldat, der gar leicht zu ersetzen ist, mehr oder weniger stirbt, durch
Unwissenheit des Feldscheerers oder Lässigkeit des Doctors, kömmt wohl am Ende
auf Eins heraus. Aber dem Menschenfreunde kann dies nicht gleichgültig blei¬
ben. Von Jahr zu Jahr nimmt diese furchtbare Apathie bei den österreichischen
Fcldärzten sichtlich zu; was jetzt noch zu retten wäre, die schönen Kräfte, das wis¬
senschaftliche, lebendige Streben, das noch vor zehn ja fünf Jahren österreichische
Feldärzte beseelte, erlöschen und erlahmen allgemach, und dürften in Bälde nicht
mehr anzufachen sein. Was wird erst geschehen im Falle eines Krieges oder einer
Epidemie, wo von dem raschen, verständigen und energischen Eingreifen eines ein¬
zigen Arztes das Leben laufender Soldaten, das Wohl ganzer Ortschaften und
Gegenden abhängt! Hier handelt es sich also mehr darum, Tausende, ja Mittönen
Menschen zu bewahren, als den zeitlichen Wohlstand von höchstens 1500 Aerzten
zu fördern. --

Der Staatsrath kennt die Gefahren, die Uebelstände und die trostlose Lage
der Aerzte, bald anch der Mannschaft, er kennt sie genau, und sollte es nur durch
die gediegene Denkschrift sein, die der liebenswürdige, für alles Gute begeisterte
Erzherzog Stephan in dieser Angelegenheit ihm zur Durchsicht übersandte; an ihm
S ^ ^ ist es nun, sie zu würdige" und zu beseitige"! --




nächsten Generalkommando mit offene» Armen wieder angenommen, so fühlbar
wird bereits der Mangel an Unterärzten. Ob Napoleon wohl Kaiser geworden
wäre, wenn er gewußt hatte, sein Lebelang nichts als Gemeiner sein zu können?

Höchst verderblich ist die gegenwärtige Einrichtung, wo Unterärzte nie, weder
Geldzulage, noch Beförderung zu hoffen indem, und der Oberarzt erst in 30 -40
Jahren Aussicht hat, zum Ncgimentsarzte zu qvaneiren, daher gewöhnlich durch
den Tod früher befördert wird. Durch den neuen Neformplan geschieht diesen
Uebelständen gar keine Abhülfe, und es wäre vielleicht eben so wohl gera¬
then, wieder Feldscheerer und Bader in die Armee aufzunehmen, für welche
eigentlich die Stellung und Zahlung bestimmt war, oder sich dieselben aus der
Mannschaft zu rekrntiren, Leute aber, die man nicht würdigen und schätzen will,
wissenschaftlich gebildete Männer, die man geistig tödtet, aus der Armee zu entlassen.
Die Herren Stabs- und Oberoffiziere könnten ja aus monatlichen Gagerückläfsen
sich einen eigenen Leibmediker bei jedem Regimente für ihre Person anstellen; ob
aber ein Soldat, der gar leicht zu ersetzen ist, mehr oder weniger stirbt, durch
Unwissenheit des Feldscheerers oder Lässigkeit des Doctors, kömmt wohl am Ende
auf Eins heraus. Aber dem Menschenfreunde kann dies nicht gleichgültig blei¬
ben. Von Jahr zu Jahr nimmt diese furchtbare Apathie bei den österreichischen
Fcldärzten sichtlich zu; was jetzt noch zu retten wäre, die schönen Kräfte, das wis¬
senschaftliche, lebendige Streben, das noch vor zehn ja fünf Jahren österreichische
Feldärzte beseelte, erlöschen und erlahmen allgemach, und dürften in Bälde nicht
mehr anzufachen sein. Was wird erst geschehen im Falle eines Krieges oder einer
Epidemie, wo von dem raschen, verständigen und energischen Eingreifen eines ein¬
zigen Arztes das Leben laufender Soldaten, das Wohl ganzer Ortschaften und
Gegenden abhängt! Hier handelt es sich also mehr darum, Tausende, ja Mittönen
Menschen zu bewahren, als den zeitlichen Wohlstand von höchstens 1500 Aerzten
zu fördern. —

Der Staatsrath kennt die Gefahren, die Uebelstände und die trostlose Lage
der Aerzte, bald anch der Mannschaft, er kennt sie genau, und sollte es nur durch
die gediegene Denkschrift sein, die der liebenswürdige, für alles Gute begeisterte
Erzherzog Stephan in dieser Angelegenheit ihm zur Durchsicht übersandte; an ihm
S ^ ^ ist es nun, sie zu würdige» und zu beseitige»! —




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[0122] nächsten Generalkommando mit offene» Armen wieder angenommen, so fühlbar wird bereits der Mangel an Unterärzten. Ob Napoleon wohl Kaiser geworden wäre, wenn er gewußt hatte, sein Lebelang nichts als Gemeiner sein zu können? Höchst verderblich ist die gegenwärtige Einrichtung, wo Unterärzte nie, weder Geldzulage, noch Beförderung zu hoffen indem, und der Oberarzt erst in 30 -40 Jahren Aussicht hat, zum Ncgimentsarzte zu qvaneiren, daher gewöhnlich durch den Tod früher befördert wird. Durch den neuen Neformplan geschieht diesen Uebelständen gar keine Abhülfe, und es wäre vielleicht eben so wohl gera¬ then, wieder Feldscheerer und Bader in die Armee aufzunehmen, für welche eigentlich die Stellung und Zahlung bestimmt war, oder sich dieselben aus der Mannschaft zu rekrntiren, Leute aber, die man nicht würdigen und schätzen will, wissenschaftlich gebildete Männer, die man geistig tödtet, aus der Armee zu entlassen. Die Herren Stabs- und Oberoffiziere könnten ja aus monatlichen Gagerückläfsen sich einen eigenen Leibmediker bei jedem Regimente für ihre Person anstellen; ob aber ein Soldat, der gar leicht zu ersetzen ist, mehr oder weniger stirbt, durch Unwissenheit des Feldscheerers oder Lässigkeit des Doctors, kömmt wohl am Ende auf Eins heraus. Aber dem Menschenfreunde kann dies nicht gleichgültig blei¬ ben. Von Jahr zu Jahr nimmt diese furchtbare Apathie bei den österreichischen Fcldärzten sichtlich zu; was jetzt noch zu retten wäre, die schönen Kräfte, das wis¬ senschaftliche, lebendige Streben, das noch vor zehn ja fünf Jahren österreichische Feldärzte beseelte, erlöschen und erlahmen allgemach, und dürften in Bälde nicht mehr anzufachen sein. Was wird erst geschehen im Falle eines Krieges oder einer Epidemie, wo von dem raschen, verständigen und energischen Eingreifen eines ein¬ zigen Arztes das Leben laufender Soldaten, das Wohl ganzer Ortschaften und Gegenden abhängt! Hier handelt es sich also mehr darum, Tausende, ja Mittönen Menschen zu bewahren, als den zeitlichen Wohlstand von höchstens 1500 Aerzten zu fördern. — Der Staatsrath kennt die Gefahren, die Uebelstände und die trostlose Lage der Aerzte, bald anch der Mannschaft, er kennt sie genau, und sollte es nur durch die gediegene Denkschrift sein, die der liebenswürdige, für alles Gute begeisterte Erzherzog Stephan in dieser Angelegenheit ihm zur Durchsicht übersandte; an ihm S ^ ^ ist es nun, sie zu würdige» und zu beseitige»! —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/122>, abgerufen am 12.12.2024.