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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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Die österreichischen Feldärzte

Der k. k. Hofkriegsrath hat endlich nach langem Zaudern auf wiederholte
Mahnung des Staatsrathes einen Neformplau für die öfter. Militärärzte dem
Staatsrathe unterlegt, welcher zu merkwürdig ist, als daß wir ihn zur Charak-
terisirung einer so hohen Stelle nicht öffentlich mittheilen sollten, einerseits, weil
er als Mißgeburt hoffentlich nie das Licht der Welt erblicken wird, andererseits
aber um nachzuweisen, wie man durch die Unfähigkeit Einzelner beim Hofkriegsrathe
nur das Wohl von Tausenden dem sichern Verderben Preis zu gebe" Gefahr läuft.
Als 1824 nur Doctoren der Medicin und Chirurgie in der Armee als Oberärzte
anzustellen befohlen wurde, versprach weiland Kaiser Franz demgemäß eine Re-
gulirung der bisherigen Stellung und Zahlung der Feldärzte. Nach 21 Jahren
beschloß endlich der Hofkriegsrath blos den Ober- und Unterärzte" eine Gage¬
erhöhung, ersteren aber Osfiziersraug, d. h. das goldene l?orde-en"-o zuzugestehen --
das ganze übrige morsche, unhaltbare Gebäude aber fortbestehe" zu lassen. Der
Staatsrath verwarf den Plan und befahl (1,845) in möglichster Beschleunigung
eine Reformirung der ganzen ärztlichen Branche mit Zugrundlegung des Planes
vom verstorbenen Oberstseldarzt Jsfordink nebst den durch die Gegenwart beding¬
ten Modificationen vorzulegen. Der Senat der Josephsakademie befürchtete, man
könnte den Mehrbetrag der Besoldung zu hoch finden und minderte daher die Jsfor-
diutischen Ansätze. Der Referent in Sauitätöaugelegeuhciten beim HofkricgSrathe
("c,ti>, Keiio ein Nichtarzt) meinte, der Plan dürfte vielleicht nicht die Genehmi¬
gung der Herren Generäle erhalten, setzte daher abermals die Gagen herab, und
ließ außer dem goldenen t'nrtt; - für die Oberärzte alles im Stande des
Jahres nach Christi Geburt 1772.

Nun trat auch der Hoskriegsrathspräsideut auf und sprach jene berühmten
Worte: "Fort mit dem ?ordo.oj,ö<-, ein Mensch, der mir die Nägel schneiden
muß, kaun kein goldenes I"ordo-<-,,ce tragen, und was Geld anbelangt, so wissen
sich die Feldärzte auf andere Art es schon zu verdienen. Man gebe ihnen Offiziers¬
charakter ohne Ofsiziersauszeichnung!"

Auf diese Art verstümmelter als 1845, gelangte kürzlich der Rumpf des
Planes zum Staatsrath. Der Plan, so gestaltet, kann und wird nicht von


Die österreichischen Feldärzte

Der k. k. Hofkriegsrath hat endlich nach langem Zaudern auf wiederholte
Mahnung des Staatsrathes einen Neformplau für die öfter. Militärärzte dem
Staatsrathe unterlegt, welcher zu merkwürdig ist, als daß wir ihn zur Charak-
terisirung einer so hohen Stelle nicht öffentlich mittheilen sollten, einerseits, weil
er als Mißgeburt hoffentlich nie das Licht der Welt erblicken wird, andererseits
aber um nachzuweisen, wie man durch die Unfähigkeit Einzelner beim Hofkriegsrathe
nur das Wohl von Tausenden dem sichern Verderben Preis zu gebe» Gefahr läuft.
Als 1824 nur Doctoren der Medicin und Chirurgie in der Armee als Oberärzte
anzustellen befohlen wurde, versprach weiland Kaiser Franz demgemäß eine Re-
gulirung der bisherigen Stellung und Zahlung der Feldärzte. Nach 21 Jahren
beschloß endlich der Hofkriegsrath blos den Ober- und Unterärzte» eine Gage¬
erhöhung, ersteren aber Osfiziersraug, d. h. das goldene l?orde-en«-o zuzugestehen —
das ganze übrige morsche, unhaltbare Gebäude aber fortbestehe» zu lassen. Der
Staatsrath verwarf den Plan und befahl (1,845) in möglichster Beschleunigung
eine Reformirung der ganzen ärztlichen Branche mit Zugrundlegung des Planes
vom verstorbenen Oberstseldarzt Jsfordink nebst den durch die Gegenwart beding¬
ten Modificationen vorzulegen. Der Senat der Josephsakademie befürchtete, man
könnte den Mehrbetrag der Besoldung zu hoch finden und minderte daher die Jsfor-
diutischen Ansätze. Der Referent in Sauitätöaugelegeuhciten beim HofkricgSrathe
(»c,ti>, Keiio ein Nichtarzt) meinte, der Plan dürfte vielleicht nicht die Genehmi¬
gung der Herren Generäle erhalten, setzte daher abermals die Gagen herab, und
ließ außer dem goldenen t'nrtt; - für die Oberärzte alles im Stande des
Jahres nach Christi Geburt 1772.

Nun trat auch der Hoskriegsrathspräsideut auf und sprach jene berühmten
Worte: „Fort mit dem ?ordo.oj,ö<-, ein Mensch, der mir die Nägel schneiden
muß, kaun kein goldenes I»ordo-<-,,ce tragen, und was Geld anbelangt, so wissen
sich die Feldärzte auf andere Art es schon zu verdienen. Man gebe ihnen Offiziers¬
charakter ohne Ofsiziersauszeichnung!"

Auf diese Art verstümmelter als 1845, gelangte kürzlich der Rumpf des
Planes zum Staatsrath. Der Plan, so gestaltet, kann und wird nicht von


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[0116] Die österreichischen Feldärzte Der k. k. Hofkriegsrath hat endlich nach langem Zaudern auf wiederholte Mahnung des Staatsrathes einen Neformplau für die öfter. Militärärzte dem Staatsrathe unterlegt, welcher zu merkwürdig ist, als daß wir ihn zur Charak- terisirung einer so hohen Stelle nicht öffentlich mittheilen sollten, einerseits, weil er als Mißgeburt hoffentlich nie das Licht der Welt erblicken wird, andererseits aber um nachzuweisen, wie man durch die Unfähigkeit Einzelner beim Hofkriegsrathe nur das Wohl von Tausenden dem sichern Verderben Preis zu gebe» Gefahr läuft. Als 1824 nur Doctoren der Medicin und Chirurgie in der Armee als Oberärzte anzustellen befohlen wurde, versprach weiland Kaiser Franz demgemäß eine Re- gulirung der bisherigen Stellung und Zahlung der Feldärzte. Nach 21 Jahren beschloß endlich der Hofkriegsrath blos den Ober- und Unterärzte» eine Gage¬ erhöhung, ersteren aber Osfiziersraug, d. h. das goldene l?orde-en«-o zuzugestehen — das ganze übrige morsche, unhaltbare Gebäude aber fortbestehe» zu lassen. Der Staatsrath verwarf den Plan und befahl (1,845) in möglichster Beschleunigung eine Reformirung der ganzen ärztlichen Branche mit Zugrundlegung des Planes vom verstorbenen Oberstseldarzt Jsfordink nebst den durch die Gegenwart beding¬ ten Modificationen vorzulegen. Der Senat der Josephsakademie befürchtete, man könnte den Mehrbetrag der Besoldung zu hoch finden und minderte daher die Jsfor- diutischen Ansätze. Der Referent in Sauitätöaugelegeuhciten beim HofkricgSrathe (»c,ti>, Keiio ein Nichtarzt) meinte, der Plan dürfte vielleicht nicht die Genehmi¬ gung der Herren Generäle erhalten, setzte daher abermals die Gagen herab, und ließ außer dem goldenen t'nrtt; - für die Oberärzte alles im Stande des Jahres nach Christi Geburt 1772. Nun trat auch der Hoskriegsrathspräsideut auf und sprach jene berühmten Worte: „Fort mit dem ?ordo.oj,ö<-, ein Mensch, der mir die Nägel schneiden muß, kaun kein goldenes I»ordo-<-,,ce tragen, und was Geld anbelangt, so wissen sich die Feldärzte auf andere Art es schon zu verdienen. Man gebe ihnen Offiziers¬ charakter ohne Ofsiziersauszeichnung!" Auf diese Art verstümmelter als 1845, gelangte kürzlich der Rumpf des Planes zum Staatsrath. Der Plan, so gestaltet, kann und wird nicht von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/116>, abgerufen am 22.07.2024.