Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.V. Aus Wien. Freundschaftsverhältnisse -- Der Erzherzog Palatin. -- Niederrösterr. Stände. -- Korrespondenzen. -- Irrthümer. -- Witthaucr. -- Burgtheater. --Haussuchung. -- lüanss vslüdre. Der Prinz von Preußen ist gestern von hier abgereist und ein Tag Die Nachricht von der Erkrankung des Erzherzog Palatins in Pesth Die Denkschrift der niederösterreichischen Stande, welche die Grenz¬ V. Aus Wien. Freundschaftsverhältnisse — Der Erzherzog Palatin. — Niederrösterr. Stände. — Korrespondenzen. — Irrthümer. — Witthaucr. — Burgtheater. --Haussuchung. — lüanss vslüdre. Der Prinz von Preußen ist gestern von hier abgereist und ein Tag Die Nachricht von der Erkrankung des Erzherzog Palatins in Pesth Die Denkschrift der niederösterreichischen Stande, welche die Grenz¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0085" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183667"/> </div> <div n="2"> <head> V.<lb/> Aus Wien.</head><lb/> <note type="argument"> Freundschaftsverhältnisse — Der Erzherzog Palatin. — Niederrösterr. Stände. —<lb/> Korrespondenzen. — Irrthümer. — Witthaucr. — Burgtheater. --Haussuchung.<lb/> — lüanss vslüdre.</note><lb/> <p xml:id="ID_191"> Der Prinz von Preußen ist gestern von hier abgereist und ein Tag<lb/> früher der Graf von Trautmansdorf, unser Gesandter am Berliner Hof.<lb/> Die Verhältnisse zu Preußen sind jetzt ganz besonders rosig angethan,<lb/> und was Oesterreich betrifft, so ist's ehrlich gemeint. Oesterreich hat auf¬<lb/> gehört, ein Eroberungsstaat zu sein, es hat keine vergrößerungssüchtigen<lb/> ilrrierv-i'ensves, und wie jeder mehr auf Erhaltung als auf Erwer¬<lb/> bung angewiesene Mensch streckt es den Nachbarn die Hände entgegen,<lb/> um mit Allen in gutem Einvernehmen zu bleiben. Die alljährliche An¬<lb/> wesenheit der Königin von Preußen in Ischl, die Besuche und Zusam¬<lb/> menkünfte des preußischen Monarchen bei und mit dem Fürsten Metter-<lb/> nich, haben mehr Persönlichkeit in das Verhältniß beider Höfe zu ein¬<lb/> ander gebracht. Zwischen dem Kaiser Franz und Friedrich Wilhelm III.<lb/> war die Allianz durch gemeinsame Schicksale nicht blos eine staatliche,<lb/> sondern auch eine persönliche. Dieses Persönlichkeitsverhältniß hörte durch<lb/> den Tod der beiden Monarchen auf, und es ist daher nicht ohne Wich¬<lb/> tigkeit, daß die gegenseitigen Besuche unter den Mitgliedern beider Dy¬<lb/> nastien jetzt wieder häufiger werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_192"> Die Nachricht von der Erkrankung des Erzherzog Palatins in Pesth<lb/> erregt hier die allgemeinste Theilnahme, um so mehr, als der greise, hoch¬<lb/> verdiente Prinz in seiner Stellung kaum zu ersetzen ist und in seiner<lb/> edlen, in Ungarn wie in Oesterreich gleichmäßig populairen Persönlichkeit<lb/> die sichersten Garantien zur Harmonie zwischen dem leicht reizbaren Un¬<lb/> garn und der übrigen Monarchie liegen und sein Einfluß jetzt um so<lb/> nothwendiger ist, als es gilt, die Zollschranken zwischen Ungarn und dem<lb/> übrigen Oesterreich aufzuheben und den Adel an der Donau und an der<lb/> Theiß für diese Idee und den damit verbundenen scheinbaren Opfern zu<lb/> gewinnen. Bei dem kräftigen Naturell des edlen Greises ist zu hoffen,<lb/> daß der Anfall leicht besiegt werden wird; auch lauten die Krankheits-<lb/> bülletins bereits günstiger.</p><lb/> <p xml:id="ID_193" next="#ID_194"> Die Denkschrift der niederösterreichischen Stande, welche die Grenz¬<lb/> boten in No. 38 mittheilten, haben hier das verdiente Aufsehen erregt,<lb/> da man in der That diesen Herren eine so würdige und freimüthige<lb/> Sprache nicht zugetraut hat. Die ständische Körperschaft darf sich dar¬<lb/> über nicht täuschen, daß sie im Publicum bisher wenig Theilnahme fand.<lb/> Zwar stoßen die hiesigen Landtage nicht grade auf Antipathien beim Mit¬<lb/> telstand, so wie es dem Anscheine nach in Böhmen der Fall ist, aber das<lb/> Interesse für sie gibt sich in keinerlei Weise kund, man sah gleichgiltig<lb/> zu. Der ständische Ausschuß zählt mehrere treffliche und beliebte Män¬<lb/> ner in seiner Mitte, namentlich den Grafen Colloredo-Mansfeld, Graf<lb/> Anton Pergen, den Prälat von Meil und den geistvollen, verdienstreichen<lb/> Baron Doblhoss, so wie die Ständeschaft selbst genug der intelligenten</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0085]
V.
Aus Wien.
Freundschaftsverhältnisse — Der Erzherzog Palatin. — Niederrösterr. Stände. —
Korrespondenzen. — Irrthümer. — Witthaucr. — Burgtheater. --Haussuchung.
— lüanss vslüdre.
Der Prinz von Preußen ist gestern von hier abgereist und ein Tag
früher der Graf von Trautmansdorf, unser Gesandter am Berliner Hof.
Die Verhältnisse zu Preußen sind jetzt ganz besonders rosig angethan,
und was Oesterreich betrifft, so ist's ehrlich gemeint. Oesterreich hat auf¬
gehört, ein Eroberungsstaat zu sein, es hat keine vergrößerungssüchtigen
ilrrierv-i'ensves, und wie jeder mehr auf Erhaltung als auf Erwer¬
bung angewiesene Mensch streckt es den Nachbarn die Hände entgegen,
um mit Allen in gutem Einvernehmen zu bleiben. Die alljährliche An¬
wesenheit der Königin von Preußen in Ischl, die Besuche und Zusam¬
menkünfte des preußischen Monarchen bei und mit dem Fürsten Metter-
nich, haben mehr Persönlichkeit in das Verhältniß beider Höfe zu ein¬
ander gebracht. Zwischen dem Kaiser Franz und Friedrich Wilhelm III.
war die Allianz durch gemeinsame Schicksale nicht blos eine staatliche,
sondern auch eine persönliche. Dieses Persönlichkeitsverhältniß hörte durch
den Tod der beiden Monarchen auf, und es ist daher nicht ohne Wich¬
tigkeit, daß die gegenseitigen Besuche unter den Mitgliedern beider Dy¬
nastien jetzt wieder häufiger werden.
Die Nachricht von der Erkrankung des Erzherzog Palatins in Pesth
erregt hier die allgemeinste Theilnahme, um so mehr, als der greise, hoch¬
verdiente Prinz in seiner Stellung kaum zu ersetzen ist und in seiner
edlen, in Ungarn wie in Oesterreich gleichmäßig populairen Persönlichkeit
die sichersten Garantien zur Harmonie zwischen dem leicht reizbaren Un¬
garn und der übrigen Monarchie liegen und sein Einfluß jetzt um so
nothwendiger ist, als es gilt, die Zollschranken zwischen Ungarn und dem
übrigen Oesterreich aufzuheben und den Adel an der Donau und an der
Theiß für diese Idee und den damit verbundenen scheinbaren Opfern zu
gewinnen. Bei dem kräftigen Naturell des edlen Greises ist zu hoffen,
daß der Anfall leicht besiegt werden wird; auch lauten die Krankheits-
bülletins bereits günstiger.
Die Denkschrift der niederösterreichischen Stande, welche die Grenz¬
boten in No. 38 mittheilten, haben hier das verdiente Aufsehen erregt,
da man in der That diesen Herren eine so würdige und freimüthige
Sprache nicht zugetraut hat. Die ständische Körperschaft darf sich dar¬
über nicht täuschen, daß sie im Publicum bisher wenig Theilnahme fand.
Zwar stoßen die hiesigen Landtage nicht grade auf Antipathien beim Mit¬
telstand, so wie es dem Anscheine nach in Böhmen der Fall ist, aber das
Interesse für sie gibt sich in keinerlei Weise kund, man sah gleichgiltig
zu. Der ständische Ausschuß zählt mehrere treffliche und beliebte Män¬
ner in seiner Mitte, namentlich den Grafen Colloredo-Mansfeld, Graf
Anton Pergen, den Prälat von Meil und den geistvollen, verdienstreichen
Baron Doblhoss, so wie die Ständeschaft selbst genug der intelligenten
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