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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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gezappelt und gearbeitet habe,,, als tanzten sie am Galgen in der Lust
zwischen Himmel und Erde. Habe meine Freude daran, ihnen die
Köpfe zu zerschlagen; das ist unser Exercitium, wenn's nicht auf die
Rabenäser losgeht. Auf unserer Station solltest du stehen, da wür¬
dest du den Dienst kennen lernen; hier bekommt man erst einen Be¬
griff davon. Kreuzschwere Noth, habe schon manchen Strauß in den
böhmischen Wäldern mitgemacht, aber Alles war nur Bubenspiel im
Vergleich mit dem Mordio der Gegenwart."

Camill mußte ihm einige Neuigkeiten erzählen, wie es nämlich in
der Ebene zugehe, denn er war erst aus dem Flachlande angekommen.
Da erkundigte er sich unter Anderm, ob Guam schon eingerückt sei?
"Was Teufel und alle Mordio!" schrie Leidenfroh, drehte den Schnur¬
bart und stellte sich in Position. "He, Jäger, habt ihr's gehört? Der
PolakI Hol' mich der Kukuk, heute noch bringe ich von dem Markt
eine Guitarre, der soll uns vorsingen und vorspielen, daß alle Dirnen
in der ganzen Gegend verrückt werden. Das Aas hat gewiß einen
Höllcnrausch, wenn er einrückt. Ich stelle mir das ganze Tableau vor,
wenn wir ihn werden, wie einen todten Hund, auf's Bett schleppen
müssen. Hat es immer so gemacht; kann's nicht lassen; ist sonst ein
braver, tüchtiger Kerl; hab' ihn lieb, wie mein Auge; er läßt die
Zwanziger fliegen und genirt sich nicht und knickert nicht."

Kaum hatte er dies gesagt, so erklang auch schon aus der Ferne
Jauchzen und Freudengeschrei und immer näher rollte ein Wagen mit
Jägern besetzt. Am Steg hielten sie still, sprangen Alle herab und
unter Gelächter, Fluchen und Wirrwarr hoben sie endlich eine, in einen
grünen Rock gehüllte, mit einem Czako bedeckte kleine menschliche Figur
hervor, die so dick als lang war, stellten sie auf die Füße und brach¬
ten sie über den Steg bis vor die Kaserne, wo der Commandant ihnen
entgegentrat. "Kreuzsapperment!" schrie einer von dieser saubern Gesell¬
schaft, Namens Jenner, der wackelnden Statue in das Ohr; "Guam,
nimm dich zusammen; das ist der Herr Commandant, melde dich;
stehe fest! sei ein Mann!" "Werft die Bestie in's Wasser, daß sie zur
Vernunft kommt," sagte Camill's Begleiter; "das sind mir Dienst¬
männer; auf diese kann man Hoffnungen bauen." "Hatte halt 'nen
Rausch," erwiderte Janko kaltblütig; "wollte ich sein Geld haben;
kannte schon. Guam, haben mitsammen Bruderschaften getrunken."
Mit diesen Worten ging er auf Guam zu, griff nach seiner .Hand,
setzte den Mund an dessen Ohr und rief ihm hinein: "Polak, kennte
mich? -- alten Janko? Soll ich lassen bringen Schnaps?"


gezappelt und gearbeitet habe,,, als tanzten sie am Galgen in der Lust
zwischen Himmel und Erde. Habe meine Freude daran, ihnen die
Köpfe zu zerschlagen; das ist unser Exercitium, wenn's nicht auf die
Rabenäser losgeht. Auf unserer Station solltest du stehen, da wür¬
dest du den Dienst kennen lernen; hier bekommt man erst einen Be¬
griff davon. Kreuzschwere Noth, habe schon manchen Strauß in den
böhmischen Wäldern mitgemacht, aber Alles war nur Bubenspiel im
Vergleich mit dem Mordio der Gegenwart."

Camill mußte ihm einige Neuigkeiten erzählen, wie es nämlich in
der Ebene zugehe, denn er war erst aus dem Flachlande angekommen.
Da erkundigte er sich unter Anderm, ob Guam schon eingerückt sei?
„Was Teufel und alle Mordio!" schrie Leidenfroh, drehte den Schnur¬
bart und stellte sich in Position. „He, Jäger, habt ihr's gehört? Der
PolakI Hol' mich der Kukuk, heute noch bringe ich von dem Markt
eine Guitarre, der soll uns vorsingen und vorspielen, daß alle Dirnen
in der ganzen Gegend verrückt werden. Das Aas hat gewiß einen
Höllcnrausch, wenn er einrückt. Ich stelle mir das ganze Tableau vor,
wenn wir ihn werden, wie einen todten Hund, auf's Bett schleppen
müssen. Hat es immer so gemacht; kann's nicht lassen; ist sonst ein
braver, tüchtiger Kerl; hab' ihn lieb, wie mein Auge; er läßt die
Zwanziger fliegen und genirt sich nicht und knickert nicht."

Kaum hatte er dies gesagt, so erklang auch schon aus der Ferne
Jauchzen und Freudengeschrei und immer näher rollte ein Wagen mit
Jägern besetzt. Am Steg hielten sie still, sprangen Alle herab und
unter Gelächter, Fluchen und Wirrwarr hoben sie endlich eine, in einen
grünen Rock gehüllte, mit einem Czako bedeckte kleine menschliche Figur
hervor, die so dick als lang war, stellten sie auf die Füße und brach¬
ten sie über den Steg bis vor die Kaserne, wo der Commandant ihnen
entgegentrat. „Kreuzsapperment!" schrie einer von dieser saubern Gesell¬
schaft, Namens Jenner, der wackelnden Statue in das Ohr; „Guam,
nimm dich zusammen; das ist der Herr Commandant, melde dich;
stehe fest! sei ein Mann!" „Werft die Bestie in's Wasser, daß sie zur
Vernunft kommt," sagte Camill's Begleiter; „das sind mir Dienst¬
männer; auf diese kann man Hoffnungen bauen." „Hatte halt 'nen
Rausch," erwiderte Janko kaltblütig; „wollte ich sein Geld haben;
kannte schon. Guam, haben mitsammen Bruderschaften getrunken."
Mit diesen Worten ging er auf Guam zu, griff nach seiner .Hand,
setzte den Mund an dessen Ohr und rief ihm hinein: „Polak, kennte
mich? — alten Janko? Soll ich lassen bringen Schnaps?"


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/58>, abgerufen am 23.07.2024.