Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

in Contributionen, Einquartierungen, Todesängsten und Kriechereien ab¬
gefordert, und nie bis auf den heutigen Tag ist uns der geringste Treffer
zugefallen. Alle die großen Gewinnste ihrer Lotterie: Unabhängigkeit
des Staates von Außen, Freiheit und Gleichheit im Innern, wahre
Volksvertretung, Oeffentlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz, Ge--
schwornengerichte, Freiheit der Presse und die übrigen größern und
kleinern Prämien der Revolution haben andere gewonnen. Wir Frank¬
furter haben nichts von diesem Allen, nickt einmal die Hoffnung dazu.
nieder, nichts als nieder! Darum mißgönne man uns nicht unsere
Klassen-Lotterie. Und wenn unsere Collecteurs die "mit besonderer
Sorgfalt ausgesuchten" Nummern nach Paris schicken und sie nicht
eher ihren Mitbürgern überlassen, so ist dieses eine Großmuth, welche
die Franzosen nicht um uns verdient haben.

-- Nur die Freiheit des PreßbengelS kann gegen die Frechheit der
VolkSbengel schützen.

-- DaS Studirzimmer eines Gelehrten gleicht oft der Kindbettsstube
einer Wöchnerin. DaS Weinen und Schreien der neugebornen, un¬
saubern Gedankchen ist Jedem, nur nicht dem Vater zuwider. Darum
soll ein Gelehrter, wenn er Besuch erwartet, erst die Wiege wegtragen
lassen und seinem Gaste blos die erwachsenen Kinder präsentiren.

ngi-jnwtSMMchv uiN .Si8!ijus.note,5i"->--
-- Höflichkeit ist ein Regen- und Sonnenschirm. Sie schützt vor
Nässe und Wärme; aber sie macht weichlich. .....

"j^Il!)"> t'>?U^'int"Il'Ztsiil^kek)lI^"i""v
-- Vor Kurzem erklärte ein französischer Schriftsteller öffentlich, daß
er gegen einen genannten Journalisten eine Injurienklage anstellen würde,
weil ihn dieser einen Anhänger der Minister gescholten habe. Es
ist ein Gegenstück dazu, daß Chateaubriand in seiner neuesten Druck¬
schrift den Königlichen Ordonnanzen vorwirft, sie enthielten antimonar-
chische Grundsätze. Ich glaube, daß solche Reden Beweise wahrhafter
Freiheit sind. Haben wir es einmal in Deutschland so weit gebracht,
Dann wollen wir aus unsern Tintengläsern Wein trinken und friedlich
spazieren gehen. Aber bis dahin wollen wir schreiben. --

-- Wenn die Minister Gewaltstreiche begehen, um ihre Macht zu
zeigen, zu schrecken und hierdurch Einfluß zu erlangen, so mag man
es dabei bewenden lassen, ihren bösen Willen zu tadeln. Wenn sie sich.


in Contributionen, Einquartierungen, Todesängsten und Kriechereien ab¬
gefordert, und nie bis auf den heutigen Tag ist uns der geringste Treffer
zugefallen. Alle die großen Gewinnste ihrer Lotterie: Unabhängigkeit
des Staates von Außen, Freiheit und Gleichheit im Innern, wahre
Volksvertretung, Oeffentlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz, Ge--
schwornengerichte, Freiheit der Presse und die übrigen größern und
kleinern Prämien der Revolution haben andere gewonnen. Wir Frank¬
furter haben nichts von diesem Allen, nickt einmal die Hoffnung dazu.
nieder, nichts als nieder! Darum mißgönne man uns nicht unsere
Klassen-Lotterie. Und wenn unsere Collecteurs die „mit besonderer
Sorgfalt ausgesuchten" Nummern nach Paris schicken und sie nicht
eher ihren Mitbürgern überlassen, so ist dieses eine Großmuth, welche
die Franzosen nicht um uns verdient haben.

— Nur die Freiheit des PreßbengelS kann gegen die Frechheit der
VolkSbengel schützen.

— DaS Studirzimmer eines Gelehrten gleicht oft der Kindbettsstube
einer Wöchnerin. DaS Weinen und Schreien der neugebornen, un¬
saubern Gedankchen ist Jedem, nur nicht dem Vater zuwider. Darum
soll ein Gelehrter, wenn er Besuch erwartet, erst die Wiege wegtragen
lassen und seinem Gaste blos die erwachsenen Kinder präsentiren.

ngi-jnwtSMMchv uiN .Si8!ijus.note,5i»->—
— Höflichkeit ist ein Regen- und Sonnenschirm. Sie schützt vor
Nässe und Wärme; aber sie macht weichlich. .....

»j^Il!)»> t'>?U^'int»Il'Ztsiil^kek)lI^»i««v
— Vor Kurzem erklärte ein französischer Schriftsteller öffentlich, daß
er gegen einen genannten Journalisten eine Injurienklage anstellen würde,
weil ihn dieser einen Anhänger der Minister gescholten habe. Es
ist ein Gegenstück dazu, daß Chateaubriand in seiner neuesten Druck¬
schrift den Königlichen Ordonnanzen vorwirft, sie enthielten antimonar-
chische Grundsätze. Ich glaube, daß solche Reden Beweise wahrhafter
Freiheit sind. Haben wir es einmal in Deutschland so weit gebracht,
Dann wollen wir aus unsern Tintengläsern Wein trinken und friedlich
spazieren gehen. Aber bis dahin wollen wir schreiben. —

— Wenn die Minister Gewaltstreiche begehen, um ihre Macht zu
zeigen, zu schrecken und hierdurch Einfluß zu erlangen, so mag man
es dabei bewenden lassen, ihren bösen Willen zu tadeln. Wenn sie sich.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0550" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/184132"/>
          <p xml:id="ID_1582" prev="#ID_1581"> in Contributionen, Einquartierungen, Todesängsten und Kriechereien ab¬<lb/>
gefordert, und nie bis auf den heutigen Tag ist uns der geringste Treffer<lb/>
zugefallen. Alle die großen Gewinnste ihrer Lotterie: Unabhängigkeit<lb/>
des Staates von Außen, Freiheit und Gleichheit im Innern, wahre<lb/>
Volksvertretung, Oeffentlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz, Ge--<lb/>
schwornengerichte, Freiheit der Presse und die übrigen größern und<lb/>
kleinern Prämien der Revolution haben andere gewonnen. Wir Frank¬<lb/>
furter haben nichts von diesem Allen, nickt einmal die Hoffnung dazu.<lb/>
nieder, nichts als nieder! Darum mißgönne man uns nicht unsere<lb/>
Klassen-Lotterie. Und wenn unsere Collecteurs die &#x201E;mit besonderer<lb/>
Sorgfalt ausgesuchten" Nummern nach Paris schicken und sie nicht<lb/>
eher ihren Mitbürgern überlassen, so ist dieses eine Großmuth, welche<lb/>
die Franzosen nicht um uns verdient haben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1583"> &#x2014; Nur die Freiheit des PreßbengelS kann gegen die Frechheit der<lb/>
VolkSbengel schützen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1584"> &#x2014; DaS Studirzimmer eines Gelehrten gleicht oft der Kindbettsstube<lb/>
einer Wöchnerin. DaS Weinen und Schreien der neugebornen, un¬<lb/>
saubern Gedankchen ist Jedem, nur nicht dem Vater zuwider. Darum<lb/>
soll ein Gelehrter, wenn er Besuch erwartet, erst die Wiege wegtragen<lb/>
lassen und seinem Gaste blos die erwachsenen Kinder präsentiren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1585"> ngi-jnwtSMMchv uiN    .Si8!ijus.note,5i»-&gt;&#x2014;<lb/>
&#x2014; Höflichkeit ist ein Regen- und Sonnenschirm. Sie schützt vor<lb/>
Nässe und Wärme; aber sie macht weichlich. .....</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1586"> »j^Il!)»&gt;  t'&gt;?U^'int»Il'Ztsiil^kek)lI^»i««v<lb/>
&#x2014; Vor Kurzem erklärte ein französischer Schriftsteller öffentlich, daß<lb/>
er gegen einen genannten Journalisten eine Injurienklage anstellen würde,<lb/>
weil ihn dieser einen Anhänger der Minister gescholten habe. Es<lb/>
ist ein Gegenstück dazu, daß Chateaubriand in seiner neuesten Druck¬<lb/>
schrift den Königlichen Ordonnanzen vorwirft, sie enthielten antimonar-<lb/>
chische Grundsätze. Ich glaube, daß solche Reden Beweise wahrhafter<lb/>
Freiheit sind. Haben wir es einmal in Deutschland so weit gebracht,<lb/>
Dann wollen wir aus unsern Tintengläsern Wein trinken und friedlich<lb/>
spazieren gehen.  Aber bis dahin wollen wir schreiben. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1587" next="#ID_1588"> &#x2014; Wenn die Minister Gewaltstreiche begehen, um ihre Macht zu<lb/>
zeigen, zu schrecken und hierdurch Einfluß zu erlangen, so mag man<lb/>
es dabei bewenden lassen, ihren bösen Willen zu tadeln. Wenn sie sich.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0550] in Contributionen, Einquartierungen, Todesängsten und Kriechereien ab¬ gefordert, und nie bis auf den heutigen Tag ist uns der geringste Treffer zugefallen. Alle die großen Gewinnste ihrer Lotterie: Unabhängigkeit des Staates von Außen, Freiheit und Gleichheit im Innern, wahre Volksvertretung, Oeffentlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz, Ge-- schwornengerichte, Freiheit der Presse und die übrigen größern und kleinern Prämien der Revolution haben andere gewonnen. Wir Frank¬ furter haben nichts von diesem Allen, nickt einmal die Hoffnung dazu. nieder, nichts als nieder! Darum mißgönne man uns nicht unsere Klassen-Lotterie. Und wenn unsere Collecteurs die „mit besonderer Sorgfalt ausgesuchten" Nummern nach Paris schicken und sie nicht eher ihren Mitbürgern überlassen, so ist dieses eine Großmuth, welche die Franzosen nicht um uns verdient haben. — Nur die Freiheit des PreßbengelS kann gegen die Frechheit der VolkSbengel schützen. — DaS Studirzimmer eines Gelehrten gleicht oft der Kindbettsstube einer Wöchnerin. DaS Weinen und Schreien der neugebornen, un¬ saubern Gedankchen ist Jedem, nur nicht dem Vater zuwider. Darum soll ein Gelehrter, wenn er Besuch erwartet, erst die Wiege wegtragen lassen und seinem Gaste blos die erwachsenen Kinder präsentiren. ngi-jnwtSMMchv uiN .Si8!ijus.note,5i»->— — Höflichkeit ist ein Regen- und Sonnenschirm. Sie schützt vor Nässe und Wärme; aber sie macht weichlich. ..... »j^Il!)»> t'>?U^'int»Il'Ztsiil^kek)lI^»i««v — Vor Kurzem erklärte ein französischer Schriftsteller öffentlich, daß er gegen einen genannten Journalisten eine Injurienklage anstellen würde, weil ihn dieser einen Anhänger der Minister gescholten habe. Es ist ein Gegenstück dazu, daß Chateaubriand in seiner neuesten Druck¬ schrift den Königlichen Ordonnanzen vorwirft, sie enthielten antimonar- chische Grundsätze. Ich glaube, daß solche Reden Beweise wahrhafter Freiheit sind. Haben wir es einmal in Deutschland so weit gebracht, Dann wollen wir aus unsern Tintengläsern Wein trinken und friedlich spazieren gehen. Aber bis dahin wollen wir schreiben. — — Wenn die Minister Gewaltstreiche begehen, um ihre Macht zu zeigen, zu schrecken und hierdurch Einfluß zu erlangen, so mag man es dabei bewenden lassen, ihren bösen Willen zu tadeln. Wenn sie sich.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/550
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/550>, abgerufen am 26.08.2024.