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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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ein verdorbener Student ist. Der hat mir nun versprochen mich mor¬
gen Abend zu einer ganz eigenthümlichen Parthie mitzunehmen. Sie
haben nämlich Nachricht erhalten, daß morgen Nachts ein Haufe be¬
waffneter schwarzer eine bedeutende Partie Tabak herüber paschen
wolle, und werden ihnen daher den Uebergang über das Grenzflüßchen
streitig machen."

Und Du willst diesem Unternehmen doch nicht etwa beiwohnen,
fragte Fritz ängstlich.

Das versteht sich, erwiderte Hugo entschlossen, diese schöne Ge¬
legenheit, einmal in meinem Leben Flintenkugeln pfeifen zu hören,
werde ich mir doch nicht entgehen lassen. Der lange Franz führt den
Zug an, und hat mir auf sein heiliges Ehrenwort versprochen, mich
mitzunehmen. Mir ist es freilich ganz gleichgültig, ob die armen
Teufel von schwarzem ein paar Centner Tabak nach Wien hinein¬
bringen oder nicht; ja es sollte mir sogar leid thun, wenn ich mit
meines Onkels guter Jagdbüchse einen derselben niederschießen müßte,
da die Kerle nur aus Noth paschen, und ich aus Uebermuth; aber
mitmachen muß ich die Geschichte, so viel steht fest.

Unter diesen Gesprächen war es vollends Abend geworden, und
Hugo selbst erinnerte jetzt seinen jungen Freund daran, daß es die
höchste Zeit für ihn sei, in die Militärakademie zurückzukehren, wenn
er sich nicht sicherer Entdeckung und Bestrafung aussetzen wolle.

"Ich will Dich nach Hause fahren, Fritz, wenigstens bis zu dem
Seitenwege, der zu der Gartenmauer der Aeademie führt, denn es
wäre für uns doch nicht gerathen, uns das Hauptthor aufsperren zu
lassen. He, Johann, wandte sich Hugo zu dem Bedienten, der den
verwundeten Hund hinweggeschafft hatte, und jetzt wieder zurückgekehrt
war, lasse einspannen.

Aber junger Herr, entgegnete Johann schüchtern, es sind noch
keine zwei Stunden her, daß die Pferde todtmüde und schweißtriefend
in den Stall kamen. Sie haben noch kaum Zeit gehabt zu fressen
und zu saufen.

Lasse einspannen Alter, sage ich Dir, rief Hugo ungeduldig
mit dem Fuße stampfend ; ich kann doch meinen Gast nicht zu Fuße
nach Hause gehen lassen.

Johann gehorchte und nach ein paar Minuten stand das Ge¬
spann in dem Haupthöfe der Fabrik. Johann betrachtete es seufzend
und kopfschüttelnd.


ein verdorbener Student ist. Der hat mir nun versprochen mich mor¬
gen Abend zu einer ganz eigenthümlichen Parthie mitzunehmen. Sie
haben nämlich Nachricht erhalten, daß morgen Nachts ein Haufe be¬
waffneter schwarzer eine bedeutende Partie Tabak herüber paschen
wolle, und werden ihnen daher den Uebergang über das Grenzflüßchen
streitig machen."

Und Du willst diesem Unternehmen doch nicht etwa beiwohnen,
fragte Fritz ängstlich.

Das versteht sich, erwiderte Hugo entschlossen, diese schöne Ge¬
legenheit, einmal in meinem Leben Flintenkugeln pfeifen zu hören,
werde ich mir doch nicht entgehen lassen. Der lange Franz führt den
Zug an, und hat mir auf sein heiliges Ehrenwort versprochen, mich
mitzunehmen. Mir ist es freilich ganz gleichgültig, ob die armen
Teufel von schwarzem ein paar Centner Tabak nach Wien hinein¬
bringen oder nicht; ja es sollte mir sogar leid thun, wenn ich mit
meines Onkels guter Jagdbüchse einen derselben niederschießen müßte,
da die Kerle nur aus Noth paschen, und ich aus Uebermuth; aber
mitmachen muß ich die Geschichte, so viel steht fest.

Unter diesen Gesprächen war es vollends Abend geworden, und
Hugo selbst erinnerte jetzt seinen jungen Freund daran, daß es die
höchste Zeit für ihn sei, in die Militärakademie zurückzukehren, wenn
er sich nicht sicherer Entdeckung und Bestrafung aussetzen wolle.

„Ich will Dich nach Hause fahren, Fritz, wenigstens bis zu dem
Seitenwege, der zu der Gartenmauer der Aeademie führt, denn es
wäre für uns doch nicht gerathen, uns das Hauptthor aufsperren zu
lassen. He, Johann, wandte sich Hugo zu dem Bedienten, der den
verwundeten Hund hinweggeschafft hatte, und jetzt wieder zurückgekehrt
war, lasse einspannen.

Aber junger Herr, entgegnete Johann schüchtern, es sind noch
keine zwei Stunden her, daß die Pferde todtmüde und schweißtriefend
in den Stall kamen. Sie haben noch kaum Zeit gehabt zu fressen
und zu saufen.

Lasse einspannen Alter, sage ich Dir, rief Hugo ungeduldig
mit dem Fuße stampfend ; ich kann doch meinen Gast nicht zu Fuße
nach Hause gehen lassen.

Johann gehorchte und nach ein paar Minuten stand das Ge¬
spann in dem Haupthöfe der Fabrik. Johann betrachtete es seufzend
und kopfschüttelnd.


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[0512] ein verdorbener Student ist. Der hat mir nun versprochen mich mor¬ gen Abend zu einer ganz eigenthümlichen Parthie mitzunehmen. Sie haben nämlich Nachricht erhalten, daß morgen Nachts ein Haufe be¬ waffneter schwarzer eine bedeutende Partie Tabak herüber paschen wolle, und werden ihnen daher den Uebergang über das Grenzflüßchen streitig machen." Und Du willst diesem Unternehmen doch nicht etwa beiwohnen, fragte Fritz ängstlich. Das versteht sich, erwiderte Hugo entschlossen, diese schöne Ge¬ legenheit, einmal in meinem Leben Flintenkugeln pfeifen zu hören, werde ich mir doch nicht entgehen lassen. Der lange Franz führt den Zug an, und hat mir auf sein heiliges Ehrenwort versprochen, mich mitzunehmen. Mir ist es freilich ganz gleichgültig, ob die armen Teufel von schwarzem ein paar Centner Tabak nach Wien hinein¬ bringen oder nicht; ja es sollte mir sogar leid thun, wenn ich mit meines Onkels guter Jagdbüchse einen derselben niederschießen müßte, da die Kerle nur aus Noth paschen, und ich aus Uebermuth; aber mitmachen muß ich die Geschichte, so viel steht fest. Unter diesen Gesprächen war es vollends Abend geworden, und Hugo selbst erinnerte jetzt seinen jungen Freund daran, daß es die höchste Zeit für ihn sei, in die Militärakademie zurückzukehren, wenn er sich nicht sicherer Entdeckung und Bestrafung aussetzen wolle. „Ich will Dich nach Hause fahren, Fritz, wenigstens bis zu dem Seitenwege, der zu der Gartenmauer der Aeademie führt, denn es wäre für uns doch nicht gerathen, uns das Hauptthor aufsperren zu lassen. He, Johann, wandte sich Hugo zu dem Bedienten, der den verwundeten Hund hinweggeschafft hatte, und jetzt wieder zurückgekehrt war, lasse einspannen. Aber junger Herr, entgegnete Johann schüchtern, es sind noch keine zwei Stunden her, daß die Pferde todtmüde und schweißtriefend in den Stall kamen. Sie haben noch kaum Zeit gehabt zu fressen und zu saufen. Lasse einspannen Alter, sage ich Dir, rief Hugo ungeduldig mit dem Fuße stampfend ; ich kann doch meinen Gast nicht zu Fuße nach Hause gehen lassen. Johann gehorchte und nach ein paar Minuten stand das Ge¬ spann in dem Haupthöfe der Fabrik. Johann betrachtete es seufzend und kopfschüttelnd.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/512>, abgerufen am 26.08.2024.