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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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muthe vertheidigte, blieb ohne Erfolg. Doch scheint man, nachdem
seine Beleidigung der Staatsdienerschaft einigermaßen durch den ecla-
tanten Verlust seiner Abgeordnetenstelle, durch eine lange peinliche Un¬
tersuchung und durch die kostspielige Selbstverbannung aus dem Va¬
terlande gesühnt, auch für den demokratischen Geist der Kammeroppo-
sition an Lift ein Exempel statuirt war, die äußerste Konsequenz für
unnöthig gehalten zu haben, wenigstens durste List nun einen Theil
seiner Strafe erstehen und dann nach Amerika auswandern. Auf
Hohenasperg mußte der geniale begeisterte Volksvertreter, der intellec-
tuelle Urheber des deutschen Zollvereins, der Mann, mit welchem
in den letzten Jahren manche Fürsten und Minister freundlich ver¬
kehrten, der Schriftsteller und Agitator von europäischem Rufe, als
Festungssträfling Zwangsarbeit verrichten, durfte aus Vergünstigung
Acten für die Canzleien abschreiben!

Von den vierzig Wünschen, welchen jene incriminirte Stelle der
Petition zur Einleitung diente, ist seither nur der geringste Theil ver¬
wirklicht worden, während die meisten und wichtigsten Punkte: Ab¬
schaffung der lebenslänglichen Gemeinderathsstellen, Selbstständigkeit
des Gemeindewescns, Oeffentlichkeit der Rechtspflege mit Geschwore¬
nen, Aufhebung der umiöthigen Kreisstellen, Vereinfachung des Ab-
gabeusystems, Fuirung der Zehnten und Gulden, Veräußerung der
Staatsdomänen, Beschränkung des Staatsaufwandes, namentlich in
den Departements des Kriegs und des Auswärtigen, heute so wenig
wie vor einem Vierteljahrhundert erledigt sind. 8in U-allein- vita.




muthe vertheidigte, blieb ohne Erfolg. Doch scheint man, nachdem
seine Beleidigung der Staatsdienerschaft einigermaßen durch den ecla-
tanten Verlust seiner Abgeordnetenstelle, durch eine lange peinliche Un¬
tersuchung und durch die kostspielige Selbstverbannung aus dem Va¬
terlande gesühnt, auch für den demokratischen Geist der Kammeroppo-
sition an Lift ein Exempel statuirt war, die äußerste Konsequenz für
unnöthig gehalten zu haben, wenigstens durste List nun einen Theil
seiner Strafe erstehen und dann nach Amerika auswandern. Auf
Hohenasperg mußte der geniale begeisterte Volksvertreter, der intellec-
tuelle Urheber des deutschen Zollvereins, der Mann, mit welchem
in den letzten Jahren manche Fürsten und Minister freundlich ver¬
kehrten, der Schriftsteller und Agitator von europäischem Rufe, als
Festungssträfling Zwangsarbeit verrichten, durfte aus Vergünstigung
Acten für die Canzleien abschreiben!

Von den vierzig Wünschen, welchen jene incriminirte Stelle der
Petition zur Einleitung diente, ist seither nur der geringste Theil ver¬
wirklicht worden, während die meisten und wichtigsten Punkte: Ab¬
schaffung der lebenslänglichen Gemeinderathsstellen, Selbstständigkeit
des Gemeindewescns, Oeffentlichkeit der Rechtspflege mit Geschwore¬
nen, Aufhebung der umiöthigen Kreisstellen, Vereinfachung des Ab-
gabeusystems, Fuirung der Zehnten und Gulden, Veräußerung der
Staatsdomänen, Beschränkung des Staatsaufwandes, namentlich in
den Departements des Kriegs und des Auswärtigen, heute so wenig
wie vor einem Vierteljahrhundert erledigt sind. 8in U-allein- vita.




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[0457] muthe vertheidigte, blieb ohne Erfolg. Doch scheint man, nachdem seine Beleidigung der Staatsdienerschaft einigermaßen durch den ecla- tanten Verlust seiner Abgeordnetenstelle, durch eine lange peinliche Un¬ tersuchung und durch die kostspielige Selbstverbannung aus dem Va¬ terlande gesühnt, auch für den demokratischen Geist der Kammeroppo- sition an Lift ein Exempel statuirt war, die äußerste Konsequenz für unnöthig gehalten zu haben, wenigstens durste List nun einen Theil seiner Strafe erstehen und dann nach Amerika auswandern. Auf Hohenasperg mußte der geniale begeisterte Volksvertreter, der intellec- tuelle Urheber des deutschen Zollvereins, der Mann, mit welchem in den letzten Jahren manche Fürsten und Minister freundlich ver¬ kehrten, der Schriftsteller und Agitator von europäischem Rufe, als Festungssträfling Zwangsarbeit verrichten, durfte aus Vergünstigung Acten für die Canzleien abschreiben! Von den vierzig Wünschen, welchen jene incriminirte Stelle der Petition zur Einleitung diente, ist seither nur der geringste Theil ver¬ wirklicht worden, während die meisten und wichtigsten Punkte: Ab¬ schaffung der lebenslänglichen Gemeinderathsstellen, Selbstständigkeit des Gemeindewescns, Oeffentlichkeit der Rechtspflege mit Geschwore¬ nen, Aufhebung der umiöthigen Kreisstellen, Vereinfachung des Ab- gabeusystems, Fuirung der Zehnten und Gulden, Veräußerung der Staatsdomänen, Beschränkung des Staatsaufwandes, namentlich in den Departements des Kriegs und des Auswärtigen, heute so wenig wie vor einem Vierteljahrhundert erledigt sind. 8in U-allein- vita.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/457>, abgerufen am 26.08.2024.