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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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geordneten Untersuchung die Opposition so tief von dem Unwerthe der
ständischen Verfassung Würtembergs *) und von der Unvereinbarkeit
der eigenen Bestrebungen mit dem herrschenden System überzeugte, daß
sie bis uach der Julirevolution auf die fernere Theilnahme an ständi¬
scher Wirksamkeit verzichtete, wie denn damals namentlich Uhland und
Schott, welche List auf's Entschiedenste vertheidigt hatten, sofort auf¬
traten. Der Justizreferendar von Prieser aus Augsburg, welcher da¬
mals (und zwar, wie in der Kammet damals behauptet wurde, unge--
setMcherweise) als Richter gegen List mit aufgetreten war, wurde spä¬
ter Mitglied der Mainzer Centraluntersuchungs-Commission und ist
jetzt Justizminister, während Herr von Maucler die oberste Landesbe-
Horde, den k. Geheimen Rath präsidire; von den Kammermitgliedcrn,
welche sich für List's Ausschließung besonders vernehmen ließen, wurde
Herr Weishaar nachmals Minister, die HH. Bolev und v. GaiSberg
Präsidenten des Oberrribunals, Hr. Advocat Fcuerlein Obertribunals¬
rath, Hr. Advocat Gmelin Staatsrath, Hr. Mosthaf Regierungsdi-
rector, Hr. Autenrieth Universitätskanzler. Auch alle evangelischen und
katholischen Prälaten stimmten gegen List. Vergeblich suchte dieser so¬
wohl in der Kammer, als durch schriftstellerische Thätigkeit den Be¬
weis für die Wahrheit seiner Behauptungen zu führen, von welchen
er auf's Lebendigste überzeugt war und auch später niemals abging,
vergeblich ward er hierin von seinen Meinungsgenossen in der Kam¬
mer unterstützt (es wurde z. B. damals schon die würtenbergische Cen¬
sur in der Art gehandhabt, daß laut einer Mittheilung im Stände¬
saale einem Blatte der Satz gestrichen wurde: "Im Himmel gilt kein



Dieselbe wurde bekanntlich im Spätsommer 1819 sehr eilfertig berathen
und angenommen, weil man die Besorgniß zu verbreiten wußte, dass die Karls¬
bader Beschlüsse selbst das Wenige, wenn es nicht .vorher noch verbürgt werde,
nehmen könnten. Die Fehlerhaftigkeit dieser Bersassungsurkunde erfuhr Lift sel¬
ber; der H. 185 sagt- //Niemand kann wegen seiner in der Stcindevcrsammlung
gehaltenen Vortrage und gegebenen Abstimmungen zur Verantwortlichkeit gezo¬
gen werden." Bis hierher ist der H. sehr deutlich und löblich. Nun fährt er
aber fort - "Jedoch sind Beleidigungen und Verleumdungen der Negierung, der
Ständeversammlung oder einzelner Personen nach den bestehenden Gesetzen in dem
ordentlichen Weg des Rechtes unterworfen." Damit ist der erste Satz vollstän¬
dig aufgehoben und kommt d?r ganze H. neben die Stelle im Beaumarchais zu
stehen: nie <1it, pile, ^lourvu c^no is no ^>itrlo vn mes 6erits ni <Zs 1'snto-
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geordneten Untersuchung die Opposition so tief von dem Unwerthe der
ständischen Verfassung Würtembergs *) und von der Unvereinbarkeit
der eigenen Bestrebungen mit dem herrschenden System überzeugte, daß
sie bis uach der Julirevolution auf die fernere Theilnahme an ständi¬
scher Wirksamkeit verzichtete, wie denn damals namentlich Uhland und
Schott, welche List auf's Entschiedenste vertheidigt hatten, sofort auf¬
traten. Der Justizreferendar von Prieser aus Augsburg, welcher da¬
mals (und zwar, wie in der Kammet damals behauptet wurde, unge--
setMcherweise) als Richter gegen List mit aufgetreten war, wurde spä¬
ter Mitglied der Mainzer Centraluntersuchungs-Commission und ist
jetzt Justizminister, während Herr von Maucler die oberste Landesbe-
Horde, den k. Geheimen Rath präsidire; von den Kammermitgliedcrn,
welche sich für List's Ausschließung besonders vernehmen ließen, wurde
Herr Weishaar nachmals Minister, die HH. Bolev und v. GaiSberg
Präsidenten des Oberrribunals, Hr. Advocat Fcuerlein Obertribunals¬
rath, Hr. Advocat Gmelin Staatsrath, Hr. Mosthaf Regierungsdi-
rector, Hr. Autenrieth Universitätskanzler. Auch alle evangelischen und
katholischen Prälaten stimmten gegen List. Vergeblich suchte dieser so¬
wohl in der Kammer, als durch schriftstellerische Thätigkeit den Be¬
weis für die Wahrheit seiner Behauptungen zu führen, von welchen
er auf's Lebendigste überzeugt war und auch später niemals abging,
vergeblich ward er hierin von seinen Meinungsgenossen in der Kam¬
mer unterstützt (es wurde z. B. damals schon die würtenbergische Cen¬
sur in der Art gehandhabt, daß laut einer Mittheilung im Stände¬
saale einem Blatte der Satz gestrichen wurde: „Im Himmel gilt kein



Dieselbe wurde bekanntlich im Spätsommer 1819 sehr eilfertig berathen
und angenommen, weil man die Besorgniß zu verbreiten wußte, dass die Karls¬
bader Beschlüsse selbst das Wenige, wenn es nicht .vorher noch verbürgt werde,
nehmen könnten. Die Fehlerhaftigkeit dieser Bersassungsurkunde erfuhr Lift sel¬
ber; der H. 185 sagt- //Niemand kann wegen seiner in der Stcindevcrsammlung
gehaltenen Vortrage und gegebenen Abstimmungen zur Verantwortlichkeit gezo¬
gen werden." Bis hierher ist der H. sehr deutlich und löblich. Nun fährt er
aber fort - „Jedoch sind Beleidigungen und Verleumdungen der Negierung, der
Ständeversammlung oder einzelner Personen nach den bestehenden Gesetzen in dem
ordentlichen Weg des Rechtes unterworfen." Damit ist der erste Satz vollstän¬
dig aufgehoben und kommt d?r ganze H. neben die Stelle im Beaumarchais zu
stehen: nie <1it, pile, ^lourvu c^no is no ^>itrlo vn mes 6erits ni <Zs 1'snto-
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[0455] geordneten Untersuchung die Opposition so tief von dem Unwerthe der ständischen Verfassung Würtembergs *) und von der Unvereinbarkeit der eigenen Bestrebungen mit dem herrschenden System überzeugte, daß sie bis uach der Julirevolution auf die fernere Theilnahme an ständi¬ scher Wirksamkeit verzichtete, wie denn damals namentlich Uhland und Schott, welche List auf's Entschiedenste vertheidigt hatten, sofort auf¬ traten. Der Justizreferendar von Prieser aus Augsburg, welcher da¬ mals (und zwar, wie in der Kammet damals behauptet wurde, unge-- setMcherweise) als Richter gegen List mit aufgetreten war, wurde spä¬ ter Mitglied der Mainzer Centraluntersuchungs-Commission und ist jetzt Justizminister, während Herr von Maucler die oberste Landesbe- Horde, den k. Geheimen Rath präsidire; von den Kammermitgliedcrn, welche sich für List's Ausschließung besonders vernehmen ließen, wurde Herr Weishaar nachmals Minister, die HH. Bolev und v. GaiSberg Präsidenten des Oberrribunals, Hr. Advocat Fcuerlein Obertribunals¬ rath, Hr. Advocat Gmelin Staatsrath, Hr. Mosthaf Regierungsdi- rector, Hr. Autenrieth Universitätskanzler. Auch alle evangelischen und katholischen Prälaten stimmten gegen List. Vergeblich suchte dieser so¬ wohl in der Kammer, als durch schriftstellerische Thätigkeit den Be¬ weis für die Wahrheit seiner Behauptungen zu führen, von welchen er auf's Lebendigste überzeugt war und auch später niemals abging, vergeblich ward er hierin von seinen Meinungsgenossen in der Kam¬ mer unterstützt (es wurde z. B. damals schon die würtenbergische Cen¬ sur in der Art gehandhabt, daß laut einer Mittheilung im Stände¬ saale einem Blatte der Satz gestrichen wurde: „Im Himmel gilt kein Dieselbe wurde bekanntlich im Spätsommer 1819 sehr eilfertig berathen und angenommen, weil man die Besorgniß zu verbreiten wußte, dass die Karls¬ bader Beschlüsse selbst das Wenige, wenn es nicht .vorher noch verbürgt werde, nehmen könnten. Die Fehlerhaftigkeit dieser Bersassungsurkunde erfuhr Lift sel¬ ber; der H. 185 sagt- //Niemand kann wegen seiner in der Stcindevcrsammlung gehaltenen Vortrage und gegebenen Abstimmungen zur Verantwortlichkeit gezo¬ gen werden." Bis hierher ist der H. sehr deutlich und löblich. Nun fährt er aber fort - „Jedoch sind Beleidigungen und Verleumdungen der Negierung, der Ständeversammlung oder einzelner Personen nach den bestehenden Gesetzen in dem ordentlichen Weg des Rechtes unterworfen." Damit ist der erste Satz vollstän¬ dig aufgehoben und kommt d?r ganze H. neben die Stelle im Beaumarchais zu stehen: nie <1it, pile, ^lourvu c^no is no ^>itrlo vn mes 6erits ni <Zs 1'snto- rit<z, ni 6» priee, ni et« I.i, potiti-me, ni <1v la moi-»I<z, ni <1«s gsns su plano, ni tief corps en vrvilit, ni <Is l'oiivra,, ni c?es -ultro» »pkvtilo!««, ni als p«,-- somno yui dienne Z> lzneliine vliosv, is xuis tout imprimer librsmsnt. 60^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/455>, abgerufen am 23.07.2024.