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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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Napoleon's von seinen freiheitsschwärmerischcn italienischen Landsleu-
ten, die ihn an Talleyrand schreiben ließ: "Von" vous inn^im;"
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dnrch Vereinigung der bisher von Graubündten abhängigen Gegenden
des Velrelin, Chiavenna und Bormio die "rühmliche und schöne Rolle
zu spielen hat, dem Schwächern gegen den Starken, und gegen das
positive Recht der Juristen zu einem Rechte zu verhelfen, welches nie
verjährt, weil es von Gott, nicht von Juristen herstammt!" Von der
Schnelligkeit, mit der beim Beginn der ägyptischen Erpedition Malta
innerhalb acht Tagen organisirt ward, heißt es: "Größe des Geistes
zeigt sich überall. Alles ward von Bonaparte ganz vortrefflich einge¬
richtet und angeordnet. Nach Achtung für Grundsatz und Sittlichkeit
in der Wahl der Mittel zu politischen Zwecken und nach Rücksicht auf
den moralischen Charakter der Menschen, denen man bedeutendere Po¬
sten gibt, darf man bei Bonaparte so wenig als bei allen Regierun¬
gen unserer Zeit fragen." (S. 218--219.) Er bewundert den Helden
selbst noch an jenem 19. Brumaire, wo dieser "die Republik in eine
militairische Monarchie umwandelte" und setzt hinzu, "daß diese Um¬
wandlung zum großen Vortheile von Frankreich und von ganz Europa
gediehen sein würde, wenn der große Geist, der die neue Ordnung er-
schuf, auf dem plebejischen Wege, der ihn zur Heldcngröße geführt
hatte, beharrt wäre und nicht das alte Ritterthum und den byzantini¬
schen Thron erneut hätte." (S. 25,8.) Diesem Vorwurfe werden wir
später noch weiter ausgeführt begegnen.

Der Zug nach Italien, "der durch die Einfalt der Oesterreicher
und durch ihr Verzagen herbeigeführte glänzende, schnelle Erfolg",
machte Bonaparte zum Abgott aller Franzosen, ja man kann sagen
aller Welt. Schlosser, aller französischen Begeisterung abhold, kann
doch nicht umhin, in dieselbe wenigstens 'zur Hälfte einzustimmen:
"Groß war er damals allerdings (ruft er aus), besonders wenn man
ihn mit den regierenden Pygmäen und ihren adligen Ministern ver¬
glich." (S. 287.) Er beklagt ihn, daß er zu seinen kolossalen Plänen
alle diplomatischen Künste der allen Zeit neben der ganzen Sophisterei
der Revolution anzuwenden gezwungen war. "Er handelte nie ab¬
sichtlich schlecht, er war oft gemüthlich und freundlich, that wohl und
forderte das Gute, wie er das Schlechte haßte; aber die Verachtung
der erbärmlichen Menschen und Regierungen, mit denen er es zu thun
hatte, und die genialen Pläne, mit denen er stets umging, brachten


Napoleon's von seinen freiheitsschwärmerischcn italienischen Landsleu-
ten, die ihn an Talleyrand schreiben ließ: „Von« vous inn^im;»
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ti<zux, nantillon et Illolie!" Es erquickt ihn, wenn sein Bonaparte
dnrch Vereinigung der bisher von Graubündten abhängigen Gegenden
des Velrelin, Chiavenna und Bormio die „rühmliche und schöne Rolle
zu spielen hat, dem Schwächern gegen den Starken, und gegen das
positive Recht der Juristen zu einem Rechte zu verhelfen, welches nie
verjährt, weil es von Gott, nicht von Juristen herstammt!" Von der
Schnelligkeit, mit der beim Beginn der ägyptischen Erpedition Malta
innerhalb acht Tagen organisirt ward, heißt es: „Größe des Geistes
zeigt sich überall. Alles ward von Bonaparte ganz vortrefflich einge¬
richtet und angeordnet. Nach Achtung für Grundsatz und Sittlichkeit
in der Wahl der Mittel zu politischen Zwecken und nach Rücksicht auf
den moralischen Charakter der Menschen, denen man bedeutendere Po¬
sten gibt, darf man bei Bonaparte so wenig als bei allen Regierun¬
gen unserer Zeit fragen." (S. 218—219.) Er bewundert den Helden
selbst noch an jenem 19. Brumaire, wo dieser „die Republik in eine
militairische Monarchie umwandelte" und setzt hinzu, „daß diese Um¬
wandlung zum großen Vortheile von Frankreich und von ganz Europa
gediehen sein würde, wenn der große Geist, der die neue Ordnung er-
schuf, auf dem plebejischen Wege, der ihn zur Heldcngröße geführt
hatte, beharrt wäre und nicht das alte Ritterthum und den byzantini¬
schen Thron erneut hätte." (S. 25,8.) Diesem Vorwurfe werden wir
später noch weiter ausgeführt begegnen.

Der Zug nach Italien, „der durch die Einfalt der Oesterreicher
und durch ihr Verzagen herbeigeführte glänzende, schnelle Erfolg",
machte Bonaparte zum Abgott aller Franzosen, ja man kann sagen
aller Welt. Schlosser, aller französischen Begeisterung abhold, kann
doch nicht umhin, in dieselbe wenigstens 'zur Hälfte einzustimmen:
„Groß war er damals allerdings (ruft er aus), besonders wenn man
ihn mit den regierenden Pygmäen und ihren adligen Ministern ver¬
glich." (S. 287.) Er beklagt ihn, daß er zu seinen kolossalen Plänen
alle diplomatischen Künste der allen Zeit neben der ganzen Sophisterei
der Revolution anzuwenden gezwungen war. „Er handelte nie ab¬
sichtlich schlecht, er war oft gemüthlich und freundlich, that wohl und
forderte das Gute, wie er das Schlechte haßte; aber die Verachtung
der erbärmlichen Menschen und Regierungen, mit denen er es zu thun
hatte, und die genialen Pläne, mit denen er stets umging, brachten


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[0388] Napoleon's von seinen freiheitsschwärmerischcn italienischen Landsleu- ten, die ihn an Talleyrand schreiben ließ: „Von« vous inn^im;» 1:^ liljvrlt; ditil tair« als ^runcles all«se!8 :» un neu^Jo in»i>, «»psüsti- ti<zux, nantillon et Illolie!" Es erquickt ihn, wenn sein Bonaparte dnrch Vereinigung der bisher von Graubündten abhängigen Gegenden des Velrelin, Chiavenna und Bormio die „rühmliche und schöne Rolle zu spielen hat, dem Schwächern gegen den Starken, und gegen das positive Recht der Juristen zu einem Rechte zu verhelfen, welches nie verjährt, weil es von Gott, nicht von Juristen herstammt!" Von der Schnelligkeit, mit der beim Beginn der ägyptischen Erpedition Malta innerhalb acht Tagen organisirt ward, heißt es: „Größe des Geistes zeigt sich überall. Alles ward von Bonaparte ganz vortrefflich einge¬ richtet und angeordnet. Nach Achtung für Grundsatz und Sittlichkeit in der Wahl der Mittel zu politischen Zwecken und nach Rücksicht auf den moralischen Charakter der Menschen, denen man bedeutendere Po¬ sten gibt, darf man bei Bonaparte so wenig als bei allen Regierun¬ gen unserer Zeit fragen." (S. 218—219.) Er bewundert den Helden selbst noch an jenem 19. Brumaire, wo dieser „die Republik in eine militairische Monarchie umwandelte" und setzt hinzu, „daß diese Um¬ wandlung zum großen Vortheile von Frankreich und von ganz Europa gediehen sein würde, wenn der große Geist, der die neue Ordnung er- schuf, auf dem plebejischen Wege, der ihn zur Heldcngröße geführt hatte, beharrt wäre und nicht das alte Ritterthum und den byzantini¬ schen Thron erneut hätte." (S. 25,8.) Diesem Vorwurfe werden wir später noch weiter ausgeführt begegnen. Der Zug nach Italien, „der durch die Einfalt der Oesterreicher und durch ihr Verzagen herbeigeführte glänzende, schnelle Erfolg", machte Bonaparte zum Abgott aller Franzosen, ja man kann sagen aller Welt. Schlosser, aller französischen Begeisterung abhold, kann doch nicht umhin, in dieselbe wenigstens 'zur Hälfte einzustimmen: „Groß war er damals allerdings (ruft er aus), besonders wenn man ihn mit den regierenden Pygmäen und ihren adligen Ministern ver¬ glich." (S. 287.) Er beklagt ihn, daß er zu seinen kolossalen Plänen alle diplomatischen Künste der allen Zeit neben der ganzen Sophisterei der Revolution anzuwenden gezwungen war. „Er handelte nie ab¬ sichtlich schlecht, er war oft gemüthlich und freundlich, that wohl und forderte das Gute, wie er das Schlechte haßte; aber die Verachtung der erbärmlichen Menschen und Regierungen, mit denen er es zu thun hatte, und die genialen Pläne, mit denen er stets umging, brachten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/388>, abgerufen am 23.07.2024.