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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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Gespräche mit dem Fürsten Metternich ausgeführt wurde, witzig persistirt.
Hammer^Pnrgsrall war wirklich komisch und rührend zugleich; wenn ihn
auch Alle belächelten lind sein Drängen als Eitelkeit einer erhofften
Präsidentschaft erklärten und seine persönliche Beziehung zum Fürsten
Metternich eben als das Haupthinderniß betrachteten, er gab die Idee
nicht auf; er hielt es für die Ehre Oesterreichs empfindlich, für die
Deutschen in der österreichischen Monarchie beleidigend, daß die Böhmen,
die Ungarn, die Italiener seit lange besitzen, was der deutsche, neben
dem italienischen intelligentesten Theil der Monarchie, vergebens zu er¬
reichen strebt.

Zehn Jahre vergingen; Jacquin, Littrow und Buchholz starben
und die Haare der Uebrigen, die eine Akademie zu constituiren berufen
sind, wurden mittlerweile grau; die Hoffnung verschwand mehr und
mehr und selbst Hammer-Purgstall, wenn er sie auch nicht im Herzen
aufgegeben hatte, fing zu zweifeln an, daß er ihre Erfüllung erleben
werde.

So standen diese Angelegenheiten, als die Proklamation einer
Akademie der Wissenschaften in Wien, am Pfingstfeste dieses Jahres in
der Wiener Hofzeitung mitgetheilt, die Augen Aller blendete, so uner¬
wartet hatten seit Jahren nur wenige Ereignisse gewirkt, wenige so lebhafte
Besprechung selbst in solchen Kreisen gefunden, wo die Wissenschaften eben
nicht Stoff der Unterhaltung zu sein pflegt. Die Ueberraschung war
aber eine um so größere, als grade in dem Momente des Unglücks in
Polen Niemand die Aufmerksamkeit auf den Zustand der Wissenschaften
in Oesterreich gelenkt glaubte, noch weniger, daß die eben jetzt außer¬
ordentlich in Anspruch genommenen Finanzen (selbst der Eisenbahnbau
wurde lässiger betrieben, weil das Aerar den Baupächtern die stipulirten
Vorschüsse verzögern mußte) eben jetzt eine Ausgabe zu machen ge¬
sonnen sei, welche jährlich 4V,(1W Gulden Conv.-Münze in Anspruch
nimmt, eine außerordentliche Summe in einem Lande, wo bis jetzt für
die Wissenschaft als solche blutwenig verwendet worden war. Einige Su¬
perkluge wollten sogar die Absicht wittern, die in der Polenangelegenheit
gegen einen sehr hohen Staatsmann wachgerufene Stimmung der deutschen
Presse durch ein Zugeständniß an geistige Entwickelungsfragen etwas um¬
zustimmen, und sie suchten ihre Behauptung dadurch zu commentiren, daß
eine Akademie der Wissenschaften, die doch streng in den Bereich des
Ministers des Innern gehört und auch von diesem vor zehn Jahren
aufgenommen wurde, plötzlich "auf den Antrag des Ministers deö
Aeußern" in's Leben trat. Andere meinten, der Fürst wolle durch einen


Gespräche mit dem Fürsten Metternich ausgeführt wurde, witzig persistirt.
Hammer^Pnrgsrall war wirklich komisch und rührend zugleich; wenn ihn
auch Alle belächelten lind sein Drängen als Eitelkeit einer erhofften
Präsidentschaft erklärten und seine persönliche Beziehung zum Fürsten
Metternich eben als das Haupthinderniß betrachteten, er gab die Idee
nicht auf; er hielt es für die Ehre Oesterreichs empfindlich, für die
Deutschen in der österreichischen Monarchie beleidigend, daß die Böhmen,
die Ungarn, die Italiener seit lange besitzen, was der deutsche, neben
dem italienischen intelligentesten Theil der Monarchie, vergebens zu er¬
reichen strebt.

Zehn Jahre vergingen; Jacquin, Littrow und Buchholz starben
und die Haare der Uebrigen, die eine Akademie zu constituiren berufen
sind, wurden mittlerweile grau; die Hoffnung verschwand mehr und
mehr und selbst Hammer-Purgstall, wenn er sie auch nicht im Herzen
aufgegeben hatte, fing zu zweifeln an, daß er ihre Erfüllung erleben
werde.

So standen diese Angelegenheiten, als die Proklamation einer
Akademie der Wissenschaften in Wien, am Pfingstfeste dieses Jahres in
der Wiener Hofzeitung mitgetheilt, die Augen Aller blendete, so uner¬
wartet hatten seit Jahren nur wenige Ereignisse gewirkt, wenige so lebhafte
Besprechung selbst in solchen Kreisen gefunden, wo die Wissenschaften eben
nicht Stoff der Unterhaltung zu sein pflegt. Die Ueberraschung war
aber eine um so größere, als grade in dem Momente des Unglücks in
Polen Niemand die Aufmerksamkeit auf den Zustand der Wissenschaften
in Oesterreich gelenkt glaubte, noch weniger, daß die eben jetzt außer¬
ordentlich in Anspruch genommenen Finanzen (selbst der Eisenbahnbau
wurde lässiger betrieben, weil das Aerar den Baupächtern die stipulirten
Vorschüsse verzögern mußte) eben jetzt eine Ausgabe zu machen ge¬
sonnen sei, welche jährlich 4V,(1W Gulden Conv.-Münze in Anspruch
nimmt, eine außerordentliche Summe in einem Lande, wo bis jetzt für
die Wissenschaft als solche blutwenig verwendet worden war. Einige Su¬
perkluge wollten sogar die Absicht wittern, die in der Polenangelegenheit
gegen einen sehr hohen Staatsmann wachgerufene Stimmung der deutschen
Presse durch ein Zugeständniß an geistige Entwickelungsfragen etwas um¬
zustimmen, und sie suchten ihre Behauptung dadurch zu commentiren, daß
eine Akademie der Wissenschaften, die doch streng in den Bereich des
Ministers des Innern gehört und auch von diesem vor zehn Jahren
aufgenommen wurde, plötzlich „auf den Antrag des Ministers deö
Aeußern" in's Leben trat. Andere meinten, der Fürst wolle durch einen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/379>, abgerufen am 26.08.2024.