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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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daß sie eine Ahnung von derlei Dingen haben können? Wir, mit de¬
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sprechen? Wir Kinder mit dem Fallhäubchen auf dem Kopfe sollen
plötzlich diese Sprache reifer Männer verstehen? Wir sind also keine
Kinder mehr? wir dürfen also schon einen Hut tragen und Cigarren
rauchen und Billard spielen? Warum aber müssen wir noch immer
diesen verfluchten Semmelbrei tagtäglich in unsern Journalen genießen?
Haben wir schon Zähne oder nicht? Entweder -- oder!

Daß man in einer Zeit, wie die jetzige, wo die Regierung das
Vertrauen der Nation so sehr nöthig hat und auch bei einiger Offen¬
heit sicher darauf rechnen kann, in einer Ze,t, in welcher manche trübe
Zeichen am Himmel stehen und der gegenseitige innige Anschluß zwi¬
schen Negierung und Volk das sicherste Mittel ist zur Besiegung des er¬
schütterten Credits und der bangen Erwartungen bedrohlicher Conflicte
nach außen wie nach innen (in Galizien); daß man in einer solchen Zeit
die Fesseln der Presse nicht wenigstens einigermaßen lüftet und ihr
wenigstens nach einigen Seiten hin die Besprechung der Landesinter¬
essen gestattet, sieht wie Mangel an Vertrauen zu sich selbst aus, und
daß es so aussieht, muß der Regierung mehr schaden als Alles, womit
eine mäßige Preßbewegung ihr schaden könnte. Mäßige Preßbewegung!
Die deutschen Leser spötteln wahrscheinlich über den beschränkten, knaben¬
haften Oesterreicher, der nur etwas Butter auf sein Brod und nicht
sogleich eine volle Mahlzeit anstrebt; aber Ihr müßt hungern wie wir,
um zu begreifen, wie nothwendig uns vor Allem die Erlösung von die¬
sem ewigen Wasser und Brod ist, zu welchem eines der redlichsten,
treuesten und ruhigsten Völker der Welt in seiner ganzen Gedankenwelt
verurtheilt ist, als hätte es Gott weiß wie viele Verbrechen begangen,
wie viele Revolutionen gemacht!


Rainer.


daß sie eine Ahnung von derlei Dingen haben können? Wir, mit de¬
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sprechen? Wir Kinder mit dem Fallhäubchen auf dem Kopfe sollen
plötzlich diese Sprache reifer Männer verstehen? Wir sind also keine
Kinder mehr? wir dürfen also schon einen Hut tragen und Cigarren
rauchen und Billard spielen? Warum aber müssen wir noch immer
diesen verfluchten Semmelbrei tagtäglich in unsern Journalen genießen?
Haben wir schon Zähne oder nicht? Entweder — oder!

Daß man in einer Zeit, wie die jetzige, wo die Regierung das
Vertrauen der Nation so sehr nöthig hat und auch bei einiger Offen¬
heit sicher darauf rechnen kann, in einer Ze,t, in welcher manche trübe
Zeichen am Himmel stehen und der gegenseitige innige Anschluß zwi¬
schen Negierung und Volk das sicherste Mittel ist zur Besiegung des er¬
schütterten Credits und der bangen Erwartungen bedrohlicher Conflicte
nach außen wie nach innen (in Galizien); daß man in einer solchen Zeit
die Fesseln der Presse nicht wenigstens einigermaßen lüftet und ihr
wenigstens nach einigen Seiten hin die Besprechung der Landesinter¬
essen gestattet, sieht wie Mangel an Vertrauen zu sich selbst aus, und
daß es so aussieht, muß der Regierung mehr schaden als Alles, womit
eine mäßige Preßbewegung ihr schaden könnte. Mäßige Preßbewegung!
Die deutschen Leser spötteln wahrscheinlich über den beschränkten, knaben¬
haften Oesterreicher, der nur etwas Butter auf sein Brod und nicht
sogleich eine volle Mahlzeit anstrebt; aber Ihr müßt hungern wie wir,
um zu begreifen, wie nothwendig uns vor Allem die Erlösung von die¬
sem ewigen Wasser und Brod ist, zu welchem eines der redlichsten,
treuesten und ruhigsten Völker der Welt in seiner ganzen Gedankenwelt
verurtheilt ist, als hätte es Gott weiß wie viele Verbrechen begangen,
wie viele Revolutionen gemacht!


Rainer.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/344>, abgerufen am 26.08.2024.