Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.ters Becher; ein Gesuch des hochwürdigen Herrn Wilhelm Gärtner, Was die genannten drei Todten betrifft, so waren sie alle drei -- Das vielfach besprochene Censur-Collegium soll denn doch dem¬ ters Becher; ein Gesuch des hochwürdigen Herrn Wilhelm Gärtner, Was die genannten drei Todten betrifft, so waren sie alle drei — Das vielfach besprochene Censur-Collegium soll denn doch dem¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0342" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183924"/> <p xml:id="ID_1039" prev="#ID_1038"> ters Becher; ein Gesuch des hochwürdigen Herrn Wilhelm Gärtner,<lb/> Verfassers eines eben erschienenen Trauerspiels: „Andreas Hofer", des<lb/> Doctors August Schilling, obligaten Bestngers des Grafen Dietrich¬<lb/> stein, seines Chefs u. s. w. Unter allen Diesen ist nicht Einer, den<lb/> das materielle Bedürfniß zur Concurrenz um die Censvrstelle zwingt!</p><lb/> <p xml:id="ID_1040"> Was die genannten drei Todten betrifft, so waren sie alle drei —<lb/> Schriftsteller; der schlechteste unter ihnen war Herr Johann Baptist<lb/> Rupprecht, der sich vom bankromirten Kaufmann zu dieser Stelle her¬<lb/> abgeschwungen hatte. Der fürstl. schwarzenbergische Rath T. E. Hohler<lb/> stand in der Mitte; er war es, der nach Hormayer in Gemeinschaft<lb/> mit Herrn v. Mühlfeld das „Archiv" redigirte und von dem Hormayer<lb/> das Witzwort sagte, das Archiv sei jetzt nur ein hohles Mühlengeklapper.<lb/> Der beste und ehrlichste unter den Dreien war der greise Official des<lb/> Staatsraths, Christoph Kuffner. Er hat mehrere nicht ganz werthlose<lb/> Stücke für die Bühne geschrieben lind ein recht brauchbares Werk nach<lb/> Art der Reisen des jüngern Anacharsis unter dem Titel: „Artemidor<lb/> im Reiche der Römer." Zweimal war er auf dem Wege, im Schlepp¬<lb/> tau eines Genies in die Unsterblichkeit mit hinein geschleift zu werden.<lb/> Er hat nämlich zwei Cantaten geschrieben, die eine für Mozart, die<lb/> andere für Beethoven; aber beide Meister überraschte der Tod während<lb/> der Composition. Welch' ein eigenthümlicher Unstern des Poeten! —<lb/> Hohler und Kuffner wußten übrigens durch Einsicht und Billigkeits¬<lb/> gefühl mit ihrer Stellung theilweise zu versöhnen; sie hatten aber auch<lb/> nicht im besondern Grade das Vertrauen der Censurhofstelle und wenn<lb/> man einen Schriftsteller besonders ins Auge fassen zu müssen glaubte,<lb/> erhielt Rupprecht oder Hofrath Gärtner die Censur.</p><lb/> <p xml:id="ID_1041" next="#ID_1042"> Das vielfach besprochene Censur-Collegium soll denn doch dem¬<lb/> nächst in's Leben treten; jedes der Hauptdikasterien: Hvfkammer, Hof¬<lb/> kriegsrath, Regierung u. s. w. wird einen Mann als Contingent in<lb/> das Collegium stellen. Bis jetzt fand die Realisirung nur in dem<lb/> Umstände ein Hinderniß, daß man sich über das Local nicht vereinigen<lb/> konnte, indem die Herren, welche das Collegium construiren, erklärten, daß<lb/> sie ihre Sitzungen durchaus nicht im Gebäude der Polizeihofftelle halten<lb/> wollten, indem sie die leider in Oesterreich zu spät erkannte Gesinnung<lb/> leitet, daß die Wissenschaft und die Literatur nicht in den Beruf der Polizei<lb/> gehören; nur ist zu befürchten, daß diefeJfolirung eben nur eine äußerliche<lb/> sein werde, indem der Polizeidirector von Brünn, Hr. v. Haasenöhrl, zum<lb/> Leiter des Censur-Collegiums designirt ist, ein Mann, der wohlwollend,<lb/> aber ohne höhere ltterarische Bildung ist und sein ganzes Wissen ein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0342]
ters Becher; ein Gesuch des hochwürdigen Herrn Wilhelm Gärtner,
Verfassers eines eben erschienenen Trauerspiels: „Andreas Hofer", des
Doctors August Schilling, obligaten Bestngers des Grafen Dietrich¬
stein, seines Chefs u. s. w. Unter allen Diesen ist nicht Einer, den
das materielle Bedürfniß zur Concurrenz um die Censvrstelle zwingt!
Was die genannten drei Todten betrifft, so waren sie alle drei —
Schriftsteller; der schlechteste unter ihnen war Herr Johann Baptist
Rupprecht, der sich vom bankromirten Kaufmann zu dieser Stelle her¬
abgeschwungen hatte. Der fürstl. schwarzenbergische Rath T. E. Hohler
stand in der Mitte; er war es, der nach Hormayer in Gemeinschaft
mit Herrn v. Mühlfeld das „Archiv" redigirte und von dem Hormayer
das Witzwort sagte, das Archiv sei jetzt nur ein hohles Mühlengeklapper.
Der beste und ehrlichste unter den Dreien war der greise Official des
Staatsraths, Christoph Kuffner. Er hat mehrere nicht ganz werthlose
Stücke für die Bühne geschrieben lind ein recht brauchbares Werk nach
Art der Reisen des jüngern Anacharsis unter dem Titel: „Artemidor
im Reiche der Römer." Zweimal war er auf dem Wege, im Schlepp¬
tau eines Genies in die Unsterblichkeit mit hinein geschleift zu werden.
Er hat nämlich zwei Cantaten geschrieben, die eine für Mozart, die
andere für Beethoven; aber beide Meister überraschte der Tod während
der Composition. Welch' ein eigenthümlicher Unstern des Poeten! —
Hohler und Kuffner wußten übrigens durch Einsicht und Billigkeits¬
gefühl mit ihrer Stellung theilweise zu versöhnen; sie hatten aber auch
nicht im besondern Grade das Vertrauen der Censurhofstelle und wenn
man einen Schriftsteller besonders ins Auge fassen zu müssen glaubte,
erhielt Rupprecht oder Hofrath Gärtner die Censur.
Das vielfach besprochene Censur-Collegium soll denn doch dem¬
nächst in's Leben treten; jedes der Hauptdikasterien: Hvfkammer, Hof¬
kriegsrath, Regierung u. s. w. wird einen Mann als Contingent in
das Collegium stellen. Bis jetzt fand die Realisirung nur in dem
Umstände ein Hinderniß, daß man sich über das Local nicht vereinigen
konnte, indem die Herren, welche das Collegium construiren, erklärten, daß
sie ihre Sitzungen durchaus nicht im Gebäude der Polizeihofftelle halten
wollten, indem sie die leider in Oesterreich zu spät erkannte Gesinnung
leitet, daß die Wissenschaft und die Literatur nicht in den Beruf der Polizei
gehören; nur ist zu befürchten, daß diefeJfolirung eben nur eine äußerliche
sein werde, indem der Polizeidirector von Brünn, Hr. v. Haasenöhrl, zum
Leiter des Censur-Collegiums designirt ist, ein Mann, der wohlwollend,
aber ohne höhere ltterarische Bildung ist und sein ganzes Wissen ein
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