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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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sogar auf ungestüme Weise verlangt, denkt er nicht. Die Herrn Baron
Gumpenberg, von Lerchenseldt, die Pfarrer Wagner, Bauer, Würth,
Götz u. s. w., mit die tüchtigsten Männer der bairischen Opposition,
würden in Baden mit ihren jetzigen politischen Gesinnungen eher auf
der ministeriellen, als auf der opponirenden, Seite sitzen. Nur die Guts¬
besitzer von Closen und Schmelzer aus AUbaiern, wie die Rheinbaiern
Willich, Stockinger, Heintz, Christmann, können sich der badischen äu¬
ßern linken Seite schon nähern, obgleich sie noch lange nicht so radi-
cal in Gesinnung und mehr noch im Auftreten, wie diese sind.
Die Abgeordneten Zittek, Mittermaier, Christ, Schmidt, denen die ba¬
dischen radikalen Blätter so ost die Halbheit ihrer Gesinnung mit höh¬
nenden Worten vorwarfen, gehörten nach derselben der äußersten Op¬
position in München an. Dort will man nur das Bestehende erhal¬
ten und den Fortschritt in gemäßigter ruhiger Weise gemacht wissen;
in Karlsruhe aber von der äußersten, aus 8 bis 10 Mitgliedern be-
stehenden Linken, Veränderung in allen staatlichen Verhältnissen, und
zwar möglichst an einem Tage. Es ist dies ein ungeheurer Unterschied
zwischen diesen beiden Oppositionen, die in beiden letzten Kammern so
viel das Ministerium angriffe"?, demselben so ost einen harten Schlag
beibrachten. Auch das Verhältniß der Kammern zu dem ihnen gegen¬
überstehenden Ministerium selbst ist ein ganz verschiedener. Herr von
Abel, denn von diesem allein kann nur die Rede sein, ist entschieden
mit der gewandteste, aber zugleich reactionairste und der schroff ultra¬
montanen Richtung ergebenste unter allen Ministern unserer neunund¬
dreißig verschiedenen deutschen Staaten. Daß, so lange er das Ru¬
der in Händen führt, keine Aenderung zum Bessern, wohl aber eine
allmälige stets vermehrte Beeinträchtigung jeglicher Freiheit eintreten
wird, weiß in Baiern nicht allein die Opposition der Kammern; da"
her mußte diese alle Mittel aufbieten, um Hrn. v. Abel von seinem Platze zu
entfernen und kein noch so großesOpfer scheuen, wenn sie dies dadurch hätte
"langen können. Dies ist aber nicht immer mit voller Kraft von ihr
geschehen, denn es fehlte ihr Einheit und fester Plan; darum hat
zwar Herr von Abel sie so oft besiegt lind steht jetzt sogar fester, wie
er je gestanden, und die Resultate des ganzen letzten Landtags sind
daher für die Gegenwart für nichts anzuschlagen, wie auch schon der
Landtagsabschied, der aus der Feder des Herrn von Abel geflossen,
dem Blindesten begreiflich machen mußte.

Ganz anders aber in Baden. Die beiden der Kammer haupt¬
sächlich gegenüberstehenden Vertreter der Regierung, Geheimerach Ne-


sogar auf ungestüme Weise verlangt, denkt er nicht. Die Herrn Baron
Gumpenberg, von Lerchenseldt, die Pfarrer Wagner, Bauer, Würth,
Götz u. s. w., mit die tüchtigsten Männer der bairischen Opposition,
würden in Baden mit ihren jetzigen politischen Gesinnungen eher auf
der ministeriellen, als auf der opponirenden, Seite sitzen. Nur die Guts¬
besitzer von Closen und Schmelzer aus AUbaiern, wie die Rheinbaiern
Willich, Stockinger, Heintz, Christmann, können sich der badischen äu¬
ßern linken Seite schon nähern, obgleich sie noch lange nicht so radi-
cal in Gesinnung und mehr noch im Auftreten, wie diese sind.
Die Abgeordneten Zittek, Mittermaier, Christ, Schmidt, denen die ba¬
dischen radikalen Blätter so ost die Halbheit ihrer Gesinnung mit höh¬
nenden Worten vorwarfen, gehörten nach derselben der äußersten Op¬
position in München an. Dort will man nur das Bestehende erhal¬
ten und den Fortschritt in gemäßigter ruhiger Weise gemacht wissen;
in Karlsruhe aber von der äußersten, aus 8 bis 10 Mitgliedern be-
stehenden Linken, Veränderung in allen staatlichen Verhältnissen, und
zwar möglichst an einem Tage. Es ist dies ein ungeheurer Unterschied
zwischen diesen beiden Oppositionen, die in beiden letzten Kammern so
viel das Ministerium angriffe«?, demselben so ost einen harten Schlag
beibrachten. Auch das Verhältniß der Kammern zu dem ihnen gegen¬
überstehenden Ministerium selbst ist ein ganz verschiedener. Herr von
Abel, denn von diesem allein kann nur die Rede sein, ist entschieden
mit der gewandteste, aber zugleich reactionairste und der schroff ultra¬
montanen Richtung ergebenste unter allen Ministern unserer neunund¬
dreißig verschiedenen deutschen Staaten. Daß, so lange er das Ru¬
der in Händen führt, keine Aenderung zum Bessern, wohl aber eine
allmälige stets vermehrte Beeinträchtigung jeglicher Freiheit eintreten
wird, weiß in Baiern nicht allein die Opposition der Kammern; da«
her mußte diese alle Mittel aufbieten, um Hrn. v. Abel von seinem Platze zu
entfernen und kein noch so großesOpfer scheuen, wenn sie dies dadurch hätte
"langen können. Dies ist aber nicht immer mit voller Kraft von ihr
geschehen, denn es fehlte ihr Einheit und fester Plan; darum hat
zwar Herr von Abel sie so oft besiegt lind steht jetzt sogar fester, wie
er je gestanden, und die Resultate des ganzen letzten Landtags sind
daher für die Gegenwart für nichts anzuschlagen, wie auch schon der
Landtagsabschied, der aus der Feder des Herrn von Abel geflossen,
dem Blindesten begreiflich machen mußte.

Ganz anders aber in Baden. Die beiden der Kammer haupt¬
sächlich gegenüberstehenden Vertreter der Regierung, Geheimerach Ne-


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[0235] sogar auf ungestüme Weise verlangt, denkt er nicht. Die Herrn Baron Gumpenberg, von Lerchenseldt, die Pfarrer Wagner, Bauer, Würth, Götz u. s. w., mit die tüchtigsten Männer der bairischen Opposition, würden in Baden mit ihren jetzigen politischen Gesinnungen eher auf der ministeriellen, als auf der opponirenden, Seite sitzen. Nur die Guts¬ besitzer von Closen und Schmelzer aus AUbaiern, wie die Rheinbaiern Willich, Stockinger, Heintz, Christmann, können sich der badischen äu¬ ßern linken Seite schon nähern, obgleich sie noch lange nicht so radi- cal in Gesinnung und mehr noch im Auftreten, wie diese sind. Die Abgeordneten Zittek, Mittermaier, Christ, Schmidt, denen die ba¬ dischen radikalen Blätter so ost die Halbheit ihrer Gesinnung mit höh¬ nenden Worten vorwarfen, gehörten nach derselben der äußersten Op¬ position in München an. Dort will man nur das Bestehende erhal¬ ten und den Fortschritt in gemäßigter ruhiger Weise gemacht wissen; in Karlsruhe aber von der äußersten, aus 8 bis 10 Mitgliedern be- stehenden Linken, Veränderung in allen staatlichen Verhältnissen, und zwar möglichst an einem Tage. Es ist dies ein ungeheurer Unterschied zwischen diesen beiden Oppositionen, die in beiden letzten Kammern so viel das Ministerium angriffe«?, demselben so ost einen harten Schlag beibrachten. Auch das Verhältniß der Kammern zu dem ihnen gegen¬ überstehenden Ministerium selbst ist ein ganz verschiedener. Herr von Abel, denn von diesem allein kann nur die Rede sein, ist entschieden mit der gewandteste, aber zugleich reactionairste und der schroff ultra¬ montanen Richtung ergebenste unter allen Ministern unserer neunund¬ dreißig verschiedenen deutschen Staaten. Daß, so lange er das Ru¬ der in Händen führt, keine Aenderung zum Bessern, wohl aber eine allmälige stets vermehrte Beeinträchtigung jeglicher Freiheit eintreten wird, weiß in Baiern nicht allein die Opposition der Kammern; da« her mußte diese alle Mittel aufbieten, um Hrn. v. Abel von seinem Platze zu entfernen und kein noch so großesOpfer scheuen, wenn sie dies dadurch hätte "langen können. Dies ist aber nicht immer mit voller Kraft von ihr geschehen, denn es fehlte ihr Einheit und fester Plan; darum hat zwar Herr von Abel sie so oft besiegt lind steht jetzt sogar fester, wie er je gestanden, und die Resultate des ganzen letzten Landtags sind daher für die Gegenwart für nichts anzuschlagen, wie auch schon der Landtagsabschied, der aus der Feder des Herrn von Abel geflossen, dem Blindesten begreiflich machen mußte. Ganz anders aber in Baden. Die beiden der Kammer haupt¬ sächlich gegenüberstehenden Vertreter der Regierung, Geheimerach Ne-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/235>, abgerufen am 26.08.2024.