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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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devint I'zur it'vero linie iivvv los 6vvnomvuts-- eine denkwürdige
Probe der Stockblindhcit, in welcher verständige Menschen zuweisen
über ihre nächsten Schicksale schweben! -- °

Am 8. Mai reisete die Herzogin von Sagan nach Paris, nach¬
dem sie mich in der letzten Zeit, durch gewisse neu angesponnene Ver¬
hältnisse, die mit denen, wovon ich der Vertraute war, nicht gut stimm¬
ten, in mancherlei Verlegenheiten verwickelt hatte. Beinahe hätte ich
mich entschlossen, unaufgefordert ebenfalls nach Paris zu reisen; doch
gab ich dies unverdaute Projecr bald wieder auf.

Am 3. Juni ging ich nach Baden, und brachte den ganzen Mo¬
nat bald dort bald in Wien zu. In Baden gebrauchte ich das Jo-
hannisbad, weil ich die stärkern fürchtete. Meine dortigen Gesellschaften
waren vorzüglich die der Fürstin Bagrathion, der Gräfin Fuchs; F.
Land, jetzt englischer Minister, viele Freunde. -- In der Stadt gab
ich, in meiner kleinen, aber sehr gut eingerichteten Wohnung, häufige
und ausgezeichnete Diners. General Langenau, Graf Schulenburg,
die Grasen Kolowrat, Vater und Sohn, Fürst Paul Esterhazy und
Andere sah ich täglich. Gearbeitet wurde gar nicht viel.

Am 16. hielt der Kaiser seinen Einzug in Wien; und am Abend
dieses Tages waren Stadt und Vorstädte auf'ö prachtvollste erleuch¬
tet. ES war die schönste Illumination, die ich je erlebte.

In den ersten Tagen des Juli kamen Fürst Karl Schwarzenberg,
mit dem ich damals viel umging, Graf Stadion, mein getreuer Pilat,
und viele Andere aus Frankreich zurück; Graf Clam-Martinitz aus
London.

Am 15. fuhr ich dem Fürsten Metiernich nach Se. Potter, und
voll da, nach zweitägigem Harren, am 17. nach Moll entgegen, wo
er zwischen 4 lind 5 Uhr Morgens ankam, und von wo ich ihn (am
18.) nach Bnrkersdors begleitete.

Am 20. wurde (auf Veranstaltung des Grafen Ferdinand Palffy)
dem Fürsten vor der Staatskanzlei eine feierliche Nachtmusik gebracht.

Die Fürstin wohnte mit ihren Kindern in Baden; der Fürst war
die meiste Zeit ebendaselbst; und dies war auch mein Fall. -- Durch
die Ankunft der Herzogin von Sagan wurde dieser Aufenthalt sehr
stürmisch, und ich mußte die Ehre, Vertrauter und Vermittler zu heilt,
oft theuer bezahlen.

Meine Gesundheit war damals so fest, daß ich mehr als einmal
mitten in der Nacht von Baden nach Wien, oder von Wien nach
Baden fuhr. An letzterem Orte hielt ich mich während des ganzen


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devint I'zur it'vero linie iivvv los 6vvnomvuts— eine denkwürdige
Probe der Stockblindhcit, in welcher verständige Menschen zuweisen
über ihre nächsten Schicksale schweben! — °

Am 8. Mai reisete die Herzogin von Sagan nach Paris, nach¬
dem sie mich in der letzten Zeit, durch gewisse neu angesponnene Ver¬
hältnisse, die mit denen, wovon ich der Vertraute war, nicht gut stimm¬
ten, in mancherlei Verlegenheiten verwickelt hatte. Beinahe hätte ich
mich entschlossen, unaufgefordert ebenfalls nach Paris zu reisen; doch
gab ich dies unverdaute Projecr bald wieder auf.

Am 3. Juni ging ich nach Baden, und brachte den ganzen Mo¬
nat bald dort bald in Wien zu. In Baden gebrauchte ich das Jo-
hannisbad, weil ich die stärkern fürchtete. Meine dortigen Gesellschaften
waren vorzüglich die der Fürstin Bagrathion, der Gräfin Fuchs; F.
Land, jetzt englischer Minister, viele Freunde. — In der Stadt gab
ich, in meiner kleinen, aber sehr gut eingerichteten Wohnung, häufige
und ausgezeichnete Diners. General Langenau, Graf Schulenburg,
die Grasen Kolowrat, Vater und Sohn, Fürst Paul Esterhazy und
Andere sah ich täglich. Gearbeitet wurde gar nicht viel.

Am 16. hielt der Kaiser seinen Einzug in Wien; und am Abend
dieses Tages waren Stadt und Vorstädte auf'ö prachtvollste erleuch¬
tet. ES war die schönste Illumination, die ich je erlebte.

In den ersten Tagen des Juli kamen Fürst Karl Schwarzenberg,
mit dem ich damals viel umging, Graf Stadion, mein getreuer Pilat,
und viele Andere aus Frankreich zurück; Graf Clam-Martinitz aus
London.

Am 15. fuhr ich dem Fürsten Metiernich nach Se. Potter, und
voll da, nach zweitägigem Harren, am 17. nach Moll entgegen, wo
er zwischen 4 lind 5 Uhr Morgens ankam, und von wo ich ihn (am
18.) nach Bnrkersdors begleitete.

Am 20. wurde (auf Veranstaltung des Grafen Ferdinand Palffy)
dem Fürsten vor der Staatskanzlei eine feierliche Nachtmusik gebracht.

Die Fürstin wohnte mit ihren Kindern in Baden; der Fürst war
die meiste Zeit ebendaselbst; und dies war auch mein Fall. — Durch
die Ankunft der Herzogin von Sagan wurde dieser Aufenthalt sehr
stürmisch, und ich mußte die Ehre, Vertrauter und Vermittler zu heilt,
oft theuer bezahlen.

Meine Gesundheit war damals so fest, daß ich mehr als einmal
mitten in der Nacht von Baden nach Wien, oder von Wien nach
Baden fuhr. An letzterem Orte hielt ich mich während des ganzen


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[0107] devint I'zur it'vero linie iivvv los 6vvnomvuts— eine denkwürdige Probe der Stockblindhcit, in welcher verständige Menschen zuweisen über ihre nächsten Schicksale schweben! — ° Am 8. Mai reisete die Herzogin von Sagan nach Paris, nach¬ dem sie mich in der letzten Zeit, durch gewisse neu angesponnene Ver¬ hältnisse, die mit denen, wovon ich der Vertraute war, nicht gut stimm¬ ten, in mancherlei Verlegenheiten verwickelt hatte. Beinahe hätte ich mich entschlossen, unaufgefordert ebenfalls nach Paris zu reisen; doch gab ich dies unverdaute Projecr bald wieder auf. Am 3. Juni ging ich nach Baden, und brachte den ganzen Mo¬ nat bald dort bald in Wien zu. In Baden gebrauchte ich das Jo- hannisbad, weil ich die stärkern fürchtete. Meine dortigen Gesellschaften waren vorzüglich die der Fürstin Bagrathion, der Gräfin Fuchs; F. Land, jetzt englischer Minister, viele Freunde. — In der Stadt gab ich, in meiner kleinen, aber sehr gut eingerichteten Wohnung, häufige und ausgezeichnete Diners. General Langenau, Graf Schulenburg, die Grasen Kolowrat, Vater und Sohn, Fürst Paul Esterhazy und Andere sah ich täglich. Gearbeitet wurde gar nicht viel. Am 16. hielt der Kaiser seinen Einzug in Wien; und am Abend dieses Tages waren Stadt und Vorstädte auf'ö prachtvollste erleuch¬ tet. ES war die schönste Illumination, die ich je erlebte. In den ersten Tagen des Juli kamen Fürst Karl Schwarzenberg, mit dem ich damals viel umging, Graf Stadion, mein getreuer Pilat, und viele Andere aus Frankreich zurück; Graf Clam-Martinitz aus London. Am 15. fuhr ich dem Fürsten Metiernich nach Se. Potter, und voll da, nach zweitägigem Harren, am 17. nach Moll entgegen, wo er zwischen 4 lind 5 Uhr Morgens ankam, und von wo ich ihn (am 18.) nach Bnrkersdors begleitete. Am 20. wurde (auf Veranstaltung des Grafen Ferdinand Palffy) dem Fürsten vor der Staatskanzlei eine feierliche Nachtmusik gebracht. Die Fürstin wohnte mit ihren Kindern in Baden; der Fürst war die meiste Zeit ebendaselbst; und dies war auch mein Fall. — Durch die Ankunft der Herzogin von Sagan wurde dieser Aufenthalt sehr stürmisch, und ich mußte die Ehre, Vertrauter und Vermittler zu heilt, oft theuer bezahlen. Meine Gesundheit war damals so fest, daß ich mehr als einmal mitten in der Nacht von Baden nach Wien, oder von Wien nach Baden fuhr. An letzterem Orte hielt ich mich während des ganzen 14"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/107>, abgerufen am 26.08.2024.