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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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demselben Tage führt dem Unwürdigen, der das schreiben konnte, das
Schicksal eine Rimesse von 1000 Pf. Sterling aus England zu!!
Zwischen den Gasthöfen -- Stadt Paris, Tarone, Courtois :c.
-- Rahel, Kurnatowski -- und pro knien-i einige Soireen bei Sta¬
dion und O'Farn, -- geht nun die tolle Passion für Christel ihren
Gang. Mit Zinnow hatte ich Freundschaft geschlossen. --
'

Bei Christels Mutter in Treptow werden tagelange Rendezvous
gehalten.

Zinnow verliebt sich in Pauline. Nun bin ich obendrauf bei Chri¬
stel. -- "N.-rilltenmit c'oft Jo <1vI1r" complot!^ -- Dabei die größte
Intimität mit Zinnow. Wir fressen und saufen in der Stadt Paris,
fahren wie toll im Whisky auf der Promenade, spielen Tarok ze.

Am 4. Mai schlägt mir (Minister) Voß die Erlaubniß zu einer
Reise nach Teplitz ab. -- Am folgenden Tage, nach einer Unterredung
mit Grattenauer über meine häuslichen und Geldverhältnisse, seht der
Gedanke, Berlin zu verlassen und meine Ehe zu trennen, sich in
mir fest.

Am 1Z. sagte ich meinem Schwiegervater, da er eine große Amts¬
reise antrat, nach einer ziemlich milden Unterredung -- "u>, .nlle"
"toi-liet" -- so heißt es im Tagebuch. Mithin muß ich damals meine
Trennung von Berlin schon für gewiß, und für ewig gehalten haben.
-- Ebenso scheint am 48. Mai eine Haupterplication mit meinem Va¬
ter stattgefunden zu haben.

Am 21. kommt Lombard zu nur, und sagt mir, der König
werde die Erlaubniß zu meiner Reise ertheilen.

Am 24. zieht meine Frau und Schwiegermutter ohne mich nach
Schöneberg. Der Abschied muß traurig gewesen sein. -- Wiederum
höchst fatale Erklärung mit dem Minister Voß über meine bevorste¬
hende Reise. -- Endlich Abends ein herzzerreißendes Gespräch mit
meinem Vater, welches damit schließt, daß er, als wir uns verlassen,
einen Anfall von Schwindel bekommt, fallt (ich mit ihm) und sich am
Kopf verwundet. -- Und nach solchen Scenen konnte ich von Gott
Verlaßner den Abend noch mit Christel, Zinnow und Bohlen zu¬
bringen !

Indessen söhne ich mich am folgenden Tage mit meinem Vater,
der sich besser befindet, Mutter und Schwestern aus. Und der redliche
alte Mann gibt mir noch Geld zur Reise!

Unterdessen geht die Geschichte mit Christel ihren Gang) bald
in, Frieden, bald im Krieg, aber immer Christel und Christel! -- Zu-


demselben Tage führt dem Unwürdigen, der das schreiben konnte, das
Schicksal eine Rimesse von 1000 Pf. Sterling aus England zu!!
Zwischen den Gasthöfen — Stadt Paris, Tarone, Courtois :c.
— Rahel, Kurnatowski — und pro knien-i einige Soireen bei Sta¬
dion und O'Farn, — geht nun die tolle Passion für Christel ihren
Gang. Mit Zinnow hatte ich Freundschaft geschlossen. —
'

Bei Christels Mutter in Treptow werden tagelange Rendezvous
gehalten.

Zinnow verliebt sich in Pauline. Nun bin ich obendrauf bei Chri¬
stel. — „N.-rilltenmit c'oft Jo <1vI1r« complot!^ — Dabei die größte
Intimität mit Zinnow. Wir fressen und saufen in der Stadt Paris,
fahren wie toll im Whisky auf der Promenade, spielen Tarok ze.

Am 4. Mai schlägt mir (Minister) Voß die Erlaubniß zu einer
Reise nach Teplitz ab. — Am folgenden Tage, nach einer Unterredung
mit Grattenauer über meine häuslichen und Geldverhältnisse, seht der
Gedanke, Berlin zu verlassen und meine Ehe zu trennen, sich in
mir fest.

Am 1Z. sagte ich meinem Schwiegervater, da er eine große Amts¬
reise antrat, nach einer ziemlich milden Unterredung — „u>, .nlle»
«toi-liet" — so heißt es im Tagebuch. Mithin muß ich damals meine
Trennung von Berlin schon für gewiß, und für ewig gehalten haben.
— Ebenso scheint am 48. Mai eine Haupterplication mit meinem Va¬
ter stattgefunden zu haben.

Am 21. kommt Lombard zu nur, und sagt mir, der König
werde die Erlaubniß zu meiner Reise ertheilen.

Am 24. zieht meine Frau und Schwiegermutter ohne mich nach
Schöneberg. Der Abschied muß traurig gewesen sein. — Wiederum
höchst fatale Erklärung mit dem Minister Voß über meine bevorste¬
hende Reise. — Endlich Abends ein herzzerreißendes Gespräch mit
meinem Vater, welches damit schließt, daß er, als wir uns verlassen,
einen Anfall von Schwindel bekommt, fallt (ich mit ihm) und sich am
Kopf verwundet. — Und nach solchen Scenen konnte ich von Gott
Verlaßner den Abend noch mit Christel, Zinnow und Bohlen zu¬
bringen !

Indessen söhne ich mich am folgenden Tage mit meinem Vater,
der sich besser befindet, Mutter und Schwestern aus. Und der redliche
alte Mann gibt mir noch Geld zur Reise!

Unterdessen geht die Geschichte mit Christel ihren Gang) bald
in, Frieden, bald im Krieg, aber immer Christel und Christel! — Zu-


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[0104] demselben Tage führt dem Unwürdigen, der das schreiben konnte, das Schicksal eine Rimesse von 1000 Pf. Sterling aus England zu!! Zwischen den Gasthöfen — Stadt Paris, Tarone, Courtois :c. — Rahel, Kurnatowski — und pro knien-i einige Soireen bei Sta¬ dion und O'Farn, — geht nun die tolle Passion für Christel ihren Gang. Mit Zinnow hatte ich Freundschaft geschlossen. — ' Bei Christels Mutter in Treptow werden tagelange Rendezvous gehalten. Zinnow verliebt sich in Pauline. Nun bin ich obendrauf bei Chri¬ stel. — „N.-rilltenmit c'oft Jo <1vI1r« complot!^ — Dabei die größte Intimität mit Zinnow. Wir fressen und saufen in der Stadt Paris, fahren wie toll im Whisky auf der Promenade, spielen Tarok ze. Am 4. Mai schlägt mir (Minister) Voß die Erlaubniß zu einer Reise nach Teplitz ab. — Am folgenden Tage, nach einer Unterredung mit Grattenauer über meine häuslichen und Geldverhältnisse, seht der Gedanke, Berlin zu verlassen und meine Ehe zu trennen, sich in mir fest. Am 1Z. sagte ich meinem Schwiegervater, da er eine große Amts¬ reise antrat, nach einer ziemlich milden Unterredung — „u>, .nlle» «toi-liet" — so heißt es im Tagebuch. Mithin muß ich damals meine Trennung von Berlin schon für gewiß, und für ewig gehalten haben. — Ebenso scheint am 48. Mai eine Haupterplication mit meinem Va¬ ter stattgefunden zu haben. Am 21. kommt Lombard zu nur, und sagt mir, der König werde die Erlaubniß zu meiner Reise ertheilen. Am 24. zieht meine Frau und Schwiegermutter ohne mich nach Schöneberg. Der Abschied muß traurig gewesen sein. — Wiederum höchst fatale Erklärung mit dem Minister Voß über meine bevorste¬ hende Reise. — Endlich Abends ein herzzerreißendes Gespräch mit meinem Vater, welches damit schließt, daß er, als wir uns verlassen, einen Anfall von Schwindel bekommt, fallt (ich mit ihm) und sich am Kopf verwundet. — Und nach solchen Scenen konnte ich von Gott Verlaßner den Abend noch mit Christel, Zinnow und Bohlen zu¬ bringen ! Indessen söhne ich mich am folgenden Tage mit meinem Vater, der sich besser befindet, Mutter und Schwestern aus. Und der redliche alte Mann gibt mir noch Geld zur Reise! Unterdessen geht die Geschichte mit Christel ihren Gang) bald in, Frieden, bald im Krieg, aber immer Christel und Christel! — Zu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/104>, abgerufen am 26.08.2024.