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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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bemerkenswerth, daß schon so kurze Zeit nach der Erfindung der Buch¬
druckerkunst, dieses Mittel der raschen Gedankenverbreitung in einem so
ausgedehnten Maße zur AuSfechtung der kirchlichen und politischen
Streitigkeiten benutzt ward? Aus Hütten's eigenem, in dieser Polemik
sich bewegenden, literarischen Wirke" können wir abnehme", welche
Masse von Streit- u"d Flugschrifte" damals in Deutschland publicirt
wurden. Sie sind als der Keim des Zeitnngswesens zu betrachten
und deshalb hat auch Deutschland, wie von Prutz in seiner Geschichte
jenes Instituts so treffend nachgewiesen worden ist, das Verdienst, die
Wiege der Journalistik geworden zu sein, wenn auch dies deutsche
Kind die Erziehung und Ausbildung, welche es auf seine gegenwär¬
tige, imposante Höhe erhob, in England und Frankreich erhalten hat.
So sehen wir schon an Hutten's Beispiel, wie durch das unerschrok-
kene, öffentliche Auftreten eines Mannes in Schrift und Wort das
Werk einer aufstrebende" Geistesbefreiung sichtlich gefördert und unter¬
stützt worden ist. Freilich konnte er auf diesem Wege "och "icht un¬
mittelbar an das Volk sprechen; denn als Gelehrter hatte er von früh
an seine Muttersprache über der lateinischen vernachlässigt und schrieb
daher größtentheils nur in der letztern, aber später, als er an Luther's
Beispiele abnahm, wie ausgiebig die von deutschen Gelehrten so wenig
angebaute deutsche Sprache war, übersetzte er theils einige seiner frü¬
hern Streitschriften aus dem Lateinischen, theils versuchte er sich in
ursprünglichem Deutsch. So schrieb er namentlich seine "Klage und
Vermahnung gegen die übermäßige Gewalt des Papstes zu Rom und
der ungeistlichen Geistlichen" und seine "Vermahnung an die freien und
Reichsstädte deutscher Nation" in gereimte" Versen, an denen die ker¬
nige Frische des Ausdrucks und der Gedanken zu bewundern ist.


E. P.


Grenzl'oder. II. 18-i".7Z

bemerkenswerth, daß schon so kurze Zeit nach der Erfindung der Buch¬
druckerkunst, dieses Mittel der raschen Gedankenverbreitung in einem so
ausgedehnten Maße zur AuSfechtung der kirchlichen und politischen
Streitigkeiten benutzt ward? Aus Hütten's eigenem, in dieser Polemik
sich bewegenden, literarischen Wirke» können wir abnehme», welche
Masse von Streit- u»d Flugschrifte» damals in Deutschland publicirt
wurden. Sie sind als der Keim des Zeitnngswesens zu betrachten
und deshalb hat auch Deutschland, wie von Prutz in seiner Geschichte
jenes Instituts so treffend nachgewiesen worden ist, das Verdienst, die
Wiege der Journalistik geworden zu sein, wenn auch dies deutsche
Kind die Erziehung und Ausbildung, welche es auf seine gegenwär¬
tige, imposante Höhe erhob, in England und Frankreich erhalten hat.
So sehen wir schon an Hutten's Beispiel, wie durch das unerschrok-
kene, öffentliche Auftreten eines Mannes in Schrift und Wort das
Werk einer aufstrebende» Geistesbefreiung sichtlich gefördert und unter¬
stützt worden ist. Freilich konnte er auf diesem Wege »och »icht un¬
mittelbar an das Volk sprechen; denn als Gelehrter hatte er von früh
an seine Muttersprache über der lateinischen vernachlässigt und schrieb
daher größtentheils nur in der letztern, aber später, als er an Luther's
Beispiele abnahm, wie ausgiebig die von deutschen Gelehrten so wenig
angebaute deutsche Sprache war, übersetzte er theils einige seiner frü¬
hern Streitschriften aus dem Lateinischen, theils versuchte er sich in
ursprünglichem Deutsch. So schrieb er namentlich seine „Klage und
Vermahnung gegen die übermäßige Gewalt des Papstes zu Rom und
der ungeistlichen Geistlichen" und seine „Vermahnung an die freien und
Reichsstädte deutscher Nation" in gereimte» Versen, an denen die ker¬
nige Frische des Ausdrucks und der Gedanken zu bewundern ist.


E. P.


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[0577] bemerkenswerth, daß schon so kurze Zeit nach der Erfindung der Buch¬ druckerkunst, dieses Mittel der raschen Gedankenverbreitung in einem so ausgedehnten Maße zur AuSfechtung der kirchlichen und politischen Streitigkeiten benutzt ward? Aus Hütten's eigenem, in dieser Polemik sich bewegenden, literarischen Wirke» können wir abnehme», welche Masse von Streit- u»d Flugschrifte» damals in Deutschland publicirt wurden. Sie sind als der Keim des Zeitnngswesens zu betrachten und deshalb hat auch Deutschland, wie von Prutz in seiner Geschichte jenes Instituts so treffend nachgewiesen worden ist, das Verdienst, die Wiege der Journalistik geworden zu sein, wenn auch dies deutsche Kind die Erziehung und Ausbildung, welche es auf seine gegenwär¬ tige, imposante Höhe erhob, in England und Frankreich erhalten hat. So sehen wir schon an Hutten's Beispiel, wie durch das unerschrok- kene, öffentliche Auftreten eines Mannes in Schrift und Wort das Werk einer aufstrebende» Geistesbefreiung sichtlich gefördert und unter¬ stützt worden ist. Freilich konnte er auf diesem Wege »och »icht un¬ mittelbar an das Volk sprechen; denn als Gelehrter hatte er von früh an seine Muttersprache über der lateinischen vernachlässigt und schrieb daher größtentheils nur in der letztern, aber später, als er an Luther's Beispiele abnahm, wie ausgiebig die von deutschen Gelehrten so wenig angebaute deutsche Sprache war, übersetzte er theils einige seiner frü¬ hern Streitschriften aus dem Lateinischen, theils versuchte er sich in ursprünglichem Deutsch. So schrieb er namentlich seine „Klage und Vermahnung gegen die übermäßige Gewalt des Papstes zu Rom und der ungeistlichen Geistlichen" und seine „Vermahnung an die freien und Reichsstädte deutscher Nation" in gereimte» Versen, an denen die ker¬ nige Frische des Ausdrucks und der Gedanken zu bewundern ist. E. P. Grenzl'oder. II. 18-i«.7Z

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/577>, abgerufen am 24.11.2024.