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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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sein? -- In seiner Art ebenso seltsam ist ein Doppelselbstmord, der
im September 1833 <ius dem Rgsbez. Magdeburg berichtet wurde,
wo (und zwar in der Stadt Magdeburg selbst) ein Unteroffizier der
Festungsgarnison und eine Lustdirne sich mit -- einer Kanone erschos¬
sen. (Ein ähnlicher Selbstmord hat sich Anfangs vorigen Jahres s1845I
in der Stadt Posen, unter noch weit ungewöhnlichern Verhältnissen
zugetragen, wo der sehr reiche, sehr angesehene, sehr einflußreiche, in
den glücklichsten äußern Verhältnissei, lebende Graf N. in hypochon¬
drischer Verstimmung gleichfalls seinem Leben ein Ziel setzte, indem er
sich vor einen kleinen Lustböller in seinem Park legte, und diesen los¬
gehen ließ.)

3. Provinz Brandenburg. Ein I7jähriger Bursche im Regie¬
rungsbezirk Potsdam schnitt im September 1836 einem vierjährigen
Kinde, aus Rache wegen der Schimpfreden deö Kindes gegen ihn,
den Leib auf! In demselben Rgöbez. erhängte (im Februar 1836) eine
Wittwe ihre vierjährige Tochter, wurde eine Nothzucht an einer 51
Jahre alten Frau verübt.

4. Rheinprovinz. Ein im Juli 1838 im Rgsbez. Trier vor¬
gekommener Selbstmord durch Kriechen in einen geheizten Backofen
verdient gewiß gleichfalls hier angeführt zu werden, nicht weniger als
die (1839 Juli) gegen einen 17jährigen Menschen eröffnete Unter¬
suchung wegen Verdachts unzüchtiger Gewaltthat gegen eine 75jäh-
rige Frau! -- Höchst selten sind die Selbstmorde der Weiber durch
Feuergewehre. Im Juni 1835 versuchte ein Frauenzimmer (im
Rgsbez. Aachen) die freiwillige Tödtung durch einen Pistolenschuß.
Psychologisches Interesse, wegen der merkwürdigen Uebereinstimmung
in der trüben Lebensansicht unter mehrern Menschen, bietet auch ein
in der Stadt Düsseldorf im März 1825 vorgekommener dreifacher
Selbstmord. Ein 65jähriger Beamter erhängte sich mit seinen beiden,
gleichfalls schon bejahrten Schwestern, nachdem seine Pensionirung
erfolgt war, aus Besorgniß vor häuslichem Elend. Die Unglücklichen
hatten die Stricke sich selbst aus dünnem Bindfaden zusammengedreht,
und höchst wahrscheinlich hatte der Bruder, neben dessen Leiche allein
man einen Stuhl fand, erst beide Schwestern ausgehängt, denn die¬
selben hingen frei, und höher, als sie selbst zu reichen vermocht hätten.

5. Provinz Westphalen. Als hier aufzeichnungöwerth finde
ich in den Acten nur den einzigen Fall (Rgöbez. Minden, Juni 1838)
von Blutschande und Mord. Ein Bruder hatte seine Schwester "un¬
glücklich gemacht" und der Großvater erdrosselte das "Kind" -- es ist


sein? — In seiner Art ebenso seltsam ist ein Doppelselbstmord, der
im September 1833 <ius dem Rgsbez. Magdeburg berichtet wurde,
wo (und zwar in der Stadt Magdeburg selbst) ein Unteroffizier der
Festungsgarnison und eine Lustdirne sich mit — einer Kanone erschos¬
sen. (Ein ähnlicher Selbstmord hat sich Anfangs vorigen Jahres s1845I
in der Stadt Posen, unter noch weit ungewöhnlichern Verhältnissen
zugetragen, wo der sehr reiche, sehr angesehene, sehr einflußreiche, in
den glücklichsten äußern Verhältnissei, lebende Graf N. in hypochon¬
drischer Verstimmung gleichfalls seinem Leben ein Ziel setzte, indem er
sich vor einen kleinen Lustböller in seinem Park legte, und diesen los¬
gehen ließ.)

3. Provinz Brandenburg. Ein I7jähriger Bursche im Regie¬
rungsbezirk Potsdam schnitt im September 1836 einem vierjährigen
Kinde, aus Rache wegen der Schimpfreden deö Kindes gegen ihn,
den Leib auf! In demselben Rgöbez. erhängte (im Februar 1836) eine
Wittwe ihre vierjährige Tochter, wurde eine Nothzucht an einer 51
Jahre alten Frau verübt.

4. Rheinprovinz. Ein im Juli 1838 im Rgsbez. Trier vor¬
gekommener Selbstmord durch Kriechen in einen geheizten Backofen
verdient gewiß gleichfalls hier angeführt zu werden, nicht weniger als
die (1839 Juli) gegen einen 17jährigen Menschen eröffnete Unter¬
suchung wegen Verdachts unzüchtiger Gewaltthat gegen eine 75jäh-
rige Frau! — Höchst selten sind die Selbstmorde der Weiber durch
Feuergewehre. Im Juni 1835 versuchte ein Frauenzimmer (im
Rgsbez. Aachen) die freiwillige Tödtung durch einen Pistolenschuß.
Psychologisches Interesse, wegen der merkwürdigen Uebereinstimmung
in der trüben Lebensansicht unter mehrern Menschen, bietet auch ein
in der Stadt Düsseldorf im März 1825 vorgekommener dreifacher
Selbstmord. Ein 65jähriger Beamter erhängte sich mit seinen beiden,
gleichfalls schon bejahrten Schwestern, nachdem seine Pensionirung
erfolgt war, aus Besorgniß vor häuslichem Elend. Die Unglücklichen
hatten die Stricke sich selbst aus dünnem Bindfaden zusammengedreht,
und höchst wahrscheinlich hatte der Bruder, neben dessen Leiche allein
man einen Stuhl fand, erst beide Schwestern ausgehängt, denn die¬
selben hingen frei, und höher, als sie selbst zu reichen vermocht hätten.

5. Provinz Westphalen. Als hier aufzeichnungöwerth finde
ich in den Acten nur den einzigen Fall (Rgöbez. Minden, Juni 1838)
von Blutschande und Mord. Ein Bruder hatte seine Schwester „un¬
glücklich gemacht" und der Großvater erdrosselte das „Kind" — es ist


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/484>, abgerufen am 24.11.2024.