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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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Überbringer die volle Penston auszuzahlen sei. Froh, wie ein Gott, fliegt
der glückliche Schauspieler mit dem kais. Befehl zu dem Generalinten¬
danten. Dieser aber wird beim Anblick des Papiers vor Zorn roth und
bleich -- So? -- schreit er auf -- Sie haben es gewagt, mich beim
Kaiser zu verklagen? Jetzt erhalten Sie erst recht nichts, sehen Sie zu,
ob Sie nochmals Audienz bekommen -- und mit diesen Worten warf
er das Papier in die Schublade und zeigte dem unglücklichen Schau¬
spieler die Thüre.

-- In einer Zeit, wo Alles auf Wohlfeilheit speculirt, wo Alles Indu¬
strie und Kleinhandel treibt, konnte auch die Bildhauerkunst nicht zurück¬
bleiben und mit jedem Tage mehrt sie die Überschwemmung mit einem
Industriezweig, den man bisher kaum gekannt: Die Überschwemmung
mit Statuetten. Man fabricirt diese kleinen Statuen mit gleicher Leich¬
tigkeit, wie man Zündhütchen und Oblaten fabricirt; aus Gvps, aus
Bronze, aus Blei, aus Papiermache, aus Chokolade sogar! Die Zeiten
sind vorüber, wo man höchstens alle sechs Monate irgend eine Heilige,
oder berühmte Tänzerin aus Marmor haute, heutzutage reicht es hin,
daß wir den Künstler zwölf Stunden früher in Kenntniß von unseren
Wünschen setzen und er liefert uns eine ganze Glyptothek der berühmte¬
sten Personen. In einer Viertelstunde ist eine Tänzerin gebacken, in
fünf Minuten ist ein Diplomat gegossen. Vielleicht kommt noch die Zeit,
wo man die Bücher nicht mehr mit schlechten Holzschnitten und Litho¬
graphien illustriren wird, man wird es vorziehen, die Niebelungen mit
Statuetten herauszugeben, wer auf die neue Ausgabe von Pfister's Ge¬
schichte der Deutschen subscribirt, wird bei jeder Lieferung eine ganze
Schachtel deutscher Kaiser erhalten. So eben lesen wir die Ankündigung
einer Kunsthandlung, welche uns eine Collectio" von Statuetten deut¬
scher Staatsmänner verspricht. Die Idee ist sehr glücklich. In einem
Jahrhundert, wo Alles klein und kleinlich ist, wäre es lächerlich, große
Statuen unsern Tageshelden zu errichten; Statuetten sind höchst zeit¬
gemäß.

-- Die Mnemonik schickt ihre Apostel nach den größten Städten
und auch an den Höfen laßt sie sich vertreten. Einer ihrer ausgezeich¬
neten Apostel, Herr Professor Pick aus Wien, wird das Evangelium der
Mnemonik durch ganz Deutschland predigen.




Zur Privatnotiz. Herrn Emil Meklenburg! Ihre Adresse ist leider so
undeutlich geschrieben, daß wir in Verlegenheit sind, wie wir Ihnen die Antwort
zukommen lassen sollen. --

Dem Herrn Verfasser des Artikels: "Zur polnischen Frage für Deutschland.
Won einem Deutschpolen!" Wir bitten um gefällige Angabe Ihres Namens-




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur I. Knranda.
Druck von Friedrich Andrä.

Überbringer die volle Penston auszuzahlen sei. Froh, wie ein Gott, fliegt
der glückliche Schauspieler mit dem kais. Befehl zu dem Generalinten¬
danten. Dieser aber wird beim Anblick des Papiers vor Zorn roth und
bleich — So? — schreit er auf — Sie haben es gewagt, mich beim
Kaiser zu verklagen? Jetzt erhalten Sie erst recht nichts, sehen Sie zu,
ob Sie nochmals Audienz bekommen — und mit diesen Worten warf
er das Papier in die Schublade und zeigte dem unglücklichen Schau¬
spieler die Thüre.

— In einer Zeit, wo Alles auf Wohlfeilheit speculirt, wo Alles Indu¬
strie und Kleinhandel treibt, konnte auch die Bildhauerkunst nicht zurück¬
bleiben und mit jedem Tage mehrt sie die Überschwemmung mit einem
Industriezweig, den man bisher kaum gekannt: Die Überschwemmung
mit Statuetten. Man fabricirt diese kleinen Statuen mit gleicher Leich¬
tigkeit, wie man Zündhütchen und Oblaten fabricirt; aus Gvps, aus
Bronze, aus Blei, aus Papiermache, aus Chokolade sogar! Die Zeiten
sind vorüber, wo man höchstens alle sechs Monate irgend eine Heilige,
oder berühmte Tänzerin aus Marmor haute, heutzutage reicht es hin,
daß wir den Künstler zwölf Stunden früher in Kenntniß von unseren
Wünschen setzen und er liefert uns eine ganze Glyptothek der berühmte¬
sten Personen. In einer Viertelstunde ist eine Tänzerin gebacken, in
fünf Minuten ist ein Diplomat gegossen. Vielleicht kommt noch die Zeit,
wo man die Bücher nicht mehr mit schlechten Holzschnitten und Litho¬
graphien illustriren wird, man wird es vorziehen, die Niebelungen mit
Statuetten herauszugeben, wer auf die neue Ausgabe von Pfister's Ge¬
schichte der Deutschen subscribirt, wird bei jeder Lieferung eine ganze
Schachtel deutscher Kaiser erhalten. So eben lesen wir die Ankündigung
einer Kunsthandlung, welche uns eine Collectio» von Statuetten deut¬
scher Staatsmänner verspricht. Die Idee ist sehr glücklich. In einem
Jahrhundert, wo Alles klein und kleinlich ist, wäre es lächerlich, große
Statuen unsern Tageshelden zu errichten; Statuetten sind höchst zeit¬
gemäß.

— Die Mnemonik schickt ihre Apostel nach den größten Städten
und auch an den Höfen laßt sie sich vertreten. Einer ihrer ausgezeich¬
neten Apostel, Herr Professor Pick aus Wien, wird das Evangelium der
Mnemonik durch ganz Deutschland predigen.




Zur Privatnotiz. Herrn Emil Meklenburg! Ihre Adresse ist leider so
undeutlich geschrieben, daß wir in Verlegenheit sind, wie wir Ihnen die Antwort
zukommen lassen sollen. —

Dem Herrn Verfasser des Artikels: „Zur polnischen Frage für Deutschland.
Won einem Deutschpolen!" Wir bitten um gefällige Angabe Ihres Namens-




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Knranda.
Druck von Friedrich Andrä.
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[0460] Überbringer die volle Penston auszuzahlen sei. Froh, wie ein Gott, fliegt der glückliche Schauspieler mit dem kais. Befehl zu dem Generalinten¬ danten. Dieser aber wird beim Anblick des Papiers vor Zorn roth und bleich — So? — schreit er auf — Sie haben es gewagt, mich beim Kaiser zu verklagen? Jetzt erhalten Sie erst recht nichts, sehen Sie zu, ob Sie nochmals Audienz bekommen — und mit diesen Worten warf er das Papier in die Schublade und zeigte dem unglücklichen Schau¬ spieler die Thüre. — In einer Zeit, wo Alles auf Wohlfeilheit speculirt, wo Alles Indu¬ strie und Kleinhandel treibt, konnte auch die Bildhauerkunst nicht zurück¬ bleiben und mit jedem Tage mehrt sie die Überschwemmung mit einem Industriezweig, den man bisher kaum gekannt: Die Überschwemmung mit Statuetten. Man fabricirt diese kleinen Statuen mit gleicher Leich¬ tigkeit, wie man Zündhütchen und Oblaten fabricirt; aus Gvps, aus Bronze, aus Blei, aus Papiermache, aus Chokolade sogar! Die Zeiten sind vorüber, wo man höchstens alle sechs Monate irgend eine Heilige, oder berühmte Tänzerin aus Marmor haute, heutzutage reicht es hin, daß wir den Künstler zwölf Stunden früher in Kenntniß von unseren Wünschen setzen und er liefert uns eine ganze Glyptothek der berühmte¬ sten Personen. In einer Viertelstunde ist eine Tänzerin gebacken, in fünf Minuten ist ein Diplomat gegossen. Vielleicht kommt noch die Zeit, wo man die Bücher nicht mehr mit schlechten Holzschnitten und Litho¬ graphien illustriren wird, man wird es vorziehen, die Niebelungen mit Statuetten herauszugeben, wer auf die neue Ausgabe von Pfister's Ge¬ schichte der Deutschen subscribirt, wird bei jeder Lieferung eine ganze Schachtel deutscher Kaiser erhalten. So eben lesen wir die Ankündigung einer Kunsthandlung, welche uns eine Collectio» von Statuetten deut¬ scher Staatsmänner verspricht. Die Idee ist sehr glücklich. In einem Jahrhundert, wo Alles klein und kleinlich ist, wäre es lächerlich, große Statuen unsern Tageshelden zu errichten; Statuetten sind höchst zeit¬ gemäß. — Die Mnemonik schickt ihre Apostel nach den größten Städten und auch an den Höfen laßt sie sich vertreten. Einer ihrer ausgezeich¬ neten Apostel, Herr Professor Pick aus Wien, wird das Evangelium der Mnemonik durch ganz Deutschland predigen. Zur Privatnotiz. Herrn Emil Meklenburg! Ihre Adresse ist leider so undeutlich geschrieben, daß wir in Verlegenheit sind, wie wir Ihnen die Antwort zukommen lassen sollen. — Dem Herrn Verfasser des Artikels: „Zur polnischen Frage für Deutschland. Won einem Deutschpolen!" Wir bitten um gefällige Angabe Ihres Namens- Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Knranda. Druck von Friedrich Andrä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/460>, abgerufen am 24.11.2024.