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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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Was hiernach um die einzelnen Verbrechen betrifft, so zeigt
sich, d a ß i n den k a t h o l i s es e n L a n d e s theile n in e h r M ort -
thaten und Todtschläge zur Untersuchung gekommen,
alsi in den evangelischen, so zwar, daß unter den Katholiken
auf eine Million vier Verbrechen dieser Art mehr gezählt wurden-
Klima und Nationalität können hier nicht zur Erklärung herangezo-
gen werden, da die östlichen und westlichen Provinzen, die Polen,
Westphalen und Rheinländer gleichzeitig in Betracht gezogen worden.
Auch die verschiedene Dichtheit der Bevölkerung, worauf wir unten
noch zurückkommen, reicht zur Lösung der Differenz nicht aus, da
die dichtbevölkertsten und die spärlichst bewohnten Landestheile der Mon ¬
arabic gleichzeitig in dem obigen Durchschnitt begriffen sind. Ich mei¬
nerseits suche vergeblich nach einer Erklärung, und will nur die Frage
wagen: ob vielleicht das katholische Institut der priesterlichen Absolu-
tion hier von einigem Einfluß sein könnte? und, i-.zch/Ach ö?6 ymrZKstt

,,u°'v> Der Kindermorde kamen zwar einige mehr (1 auf eine Million)
in den katholischen, als in den evangelischen Landestheilen vor; der
Unterschied ist aber zu unerheblich, um irgend welche Schlüsse zu ge¬
statten. Eine Bemerkung aber drängt sich auf: die nämlich, daß das
berühmte Gebot des cose K-molvon, der bekanntlich in unsern Rhein-
Provinzen in Kraft steht: in, recnorcliv se 1^ paternitv "se j"te"lito,
während umgekehrt in den altländischen, unter der Herrschaft des all¬
gemeinen Landrcchts stehenden Provinzen, der Geschwächten die mög¬
lichsten gesetzlichen Zugeständnisse in Beziehung auf die reclivi-ein? ^lo
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dell einen Vater reclamiren können, -- daß dieser außerordentlich wich¬
tige gesetzliche Unterschied auf die Vermehrung oder Minderung der
Kindermorde gar keinen Einfluß zu haben scheint. Die rheini¬
schen Gerichtshöfe, deren Geschwächte weder durch ein Findelhaus,
noch durch eine reclamirte Vaterschaft ihre Lage erleichtern konnten,
hatten nur über vier Kindermordo unter einer Million Einwohner zu
erkennen, während in den altländischen Departements Bre.vian, Glo-
gau, ^ernigerode, Königsberg, Jnsterburg, Greifswald, Paderborn,
^romberg und Münster noch etwas mehr Verbrechen dieser Art zur
nchlerllchm Cognition kamen. '."-amol .nttchu'.et,lZ

>^ Fleischliche Verbrechen kamen erheblich mehr (16 mehr
auf eine Million Einwohner) in den evangelischen Landes-
theilen zur Untersuchung Das religiöse Bekenntniß, und was
in- Beziehung auf Sitte und Lebensweise damit zusammenhängt, hat


Was hiernach um die einzelnen Verbrechen betrifft, so zeigt
sich, d a ß i n den k a t h o l i s es e n L a n d e s theile n in e h r M ort -
thaten und Todtschläge zur Untersuchung gekommen,
alsi in den evangelischen, so zwar, daß unter den Katholiken
auf eine Million vier Verbrechen dieser Art mehr gezählt wurden-
Klima und Nationalität können hier nicht zur Erklärung herangezo-
gen werden, da die östlichen und westlichen Provinzen, die Polen,
Westphalen und Rheinländer gleichzeitig in Betracht gezogen worden.
Auch die verschiedene Dichtheit der Bevölkerung, worauf wir unten
noch zurückkommen, reicht zur Lösung der Differenz nicht aus, da
die dichtbevölkertsten und die spärlichst bewohnten Landestheile der Mon ¬
arabic gleichzeitig in dem obigen Durchschnitt begriffen sind. Ich mei¬
nerseits suche vergeblich nach einer Erklärung, und will nur die Frage
wagen: ob vielleicht das katholische Institut der priesterlichen Absolu-
tion hier von einigem Einfluß sein könnte? und, i-.zch/Ach ö?6 ymrZKstt

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in den katholischen, als in den evangelischen Landestheilen vor; der
Unterschied ist aber zu unerheblich, um irgend welche Schlüsse zu ge¬
statten. Eine Bemerkung aber drängt sich auf: die nämlich, daß das
berühmte Gebot des cose K-molvon, der bekanntlich in unsern Rhein-
Provinzen in Kraft steht: in, recnorcliv se 1^ paternitv «se j„te«lito,
während umgekehrt in den altländischen, unter der Herrschaft des all¬
gemeinen Landrcchts stehenden Provinzen, der Geschwächten die mög¬
lichsten gesetzlichen Zugeständnisse in Beziehung auf die reclivi-ein? ^lo
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dell einen Vater reclamiren können, — daß dieser außerordentlich wich¬
tige gesetzliche Unterschied auf die Vermehrung oder Minderung der
Kindermorde gar keinen Einfluß zu haben scheint. Die rheini¬
schen Gerichtshöfe, deren Geschwächte weder durch ein Findelhaus,
noch durch eine reclamirte Vaterschaft ihre Lage erleichtern konnten,
hatten nur über vier Kindermordo unter einer Million Einwohner zu
erkennen, während in den altländischen Departements Bre.vian, Glo-
gau, ^ernigerode, Königsberg, Jnsterburg, Greifswald, Paderborn,
^romberg und Münster noch etwas mehr Verbrechen dieser Art zur
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>^ Fleischliche Verbrechen kamen erheblich mehr (16 mehr
auf eine Million Einwohner) in den evangelischen Landes-
theilen zur Untersuchung Das religiöse Bekenntniß, und was
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[0431] Was hiernach um die einzelnen Verbrechen betrifft, so zeigt sich, d a ß i n den k a t h o l i s es e n L a n d e s theile n in e h r M ort - thaten und Todtschläge zur Untersuchung gekommen, alsi in den evangelischen, so zwar, daß unter den Katholiken auf eine Million vier Verbrechen dieser Art mehr gezählt wurden- Klima und Nationalität können hier nicht zur Erklärung herangezo- gen werden, da die östlichen und westlichen Provinzen, die Polen, Westphalen und Rheinländer gleichzeitig in Betracht gezogen worden. Auch die verschiedene Dichtheit der Bevölkerung, worauf wir unten noch zurückkommen, reicht zur Lösung der Differenz nicht aus, da die dichtbevölkertsten und die spärlichst bewohnten Landestheile der Mon ¬ arabic gleichzeitig in dem obigen Durchschnitt begriffen sind. Ich mei¬ nerseits suche vergeblich nach einer Erklärung, und will nur die Frage wagen: ob vielleicht das katholische Institut der priesterlichen Absolu- tion hier von einigem Einfluß sein könnte? und, i-.zch/Ach ö?6 ymrZKstt ,,u°'v> Der Kindermorde kamen zwar einige mehr (1 auf eine Million) in den katholischen, als in den evangelischen Landestheilen vor; der Unterschied ist aber zu unerheblich, um irgend welche Schlüsse zu ge¬ statten. Eine Bemerkung aber drängt sich auf: die nämlich, daß das berühmte Gebot des cose K-molvon, der bekanntlich in unsern Rhein- Provinzen in Kraft steht: in, recnorcliv se 1^ paternitv «se j„te«lito, während umgekehrt in den altländischen, unter der Herrschaft des all¬ gemeinen Landrcchts stehenden Provinzen, der Geschwächten die mög¬ lichsten gesetzlichen Zugeständnisse in Beziehung auf die reclivi-ein? ^lo i» l,itteri.ne! gemacht werden, und sogar öffentliche Weiber im Bor¬ dell einen Vater reclamiren können, — daß dieser außerordentlich wich¬ tige gesetzliche Unterschied auf die Vermehrung oder Minderung der Kindermorde gar keinen Einfluß zu haben scheint. Die rheini¬ schen Gerichtshöfe, deren Geschwächte weder durch ein Findelhaus, noch durch eine reclamirte Vaterschaft ihre Lage erleichtern konnten, hatten nur über vier Kindermordo unter einer Million Einwohner zu erkennen, während in den altländischen Departements Bre.vian, Glo- gau, ^ernigerode, Königsberg, Jnsterburg, Greifswald, Paderborn, ^romberg und Münster noch etwas mehr Verbrechen dieser Art zur nchlerllchm Cognition kamen. '.»-amol .nttchu'.et,lZ >^ Fleischliche Verbrechen kamen erheblich mehr (16 mehr auf eine Million Einwohner) in den evangelischen Landes- theilen zur Untersuchung Das religiöse Bekenntniß, und was in- Beziehung auf Sitte und Lebensweise damit zusammenhängt, hat

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/431>, abgerufen am 24.11.2024.