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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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genug neben vielem Aerger nicht unerhebliche Nachtheile für eine große
Wirthschaft entstehen. Wenn nun der Herr die Arbeit abschätzt, wie
sie wirklich ist, nicht wie sie sein könnte, so wird er dem Verpflichte¬
ten eine sehr günstige Rechnung stellen können, ohne in der That sich
zu schaden. Denn der Verpflichtete wird künftig in der langen Zeit, die
er auf herrschaftlichen Feldern größtentheils vergeudete, bei redlichem
Fleiße die Geldleistungen, die ihm für Erlaß der Frohnen angesonnen
werden, erwerben, und nebenbei für sich wenigstens die halbe Zeit ge¬
winnen. Wird noch überdies ein Drittel der ermittelten Entschädigung
dem Bauer erlassen, wie in Sachsen geschehen ist, so wird man an
wohlwollender Berechnung der Entschädigung zu Gunsten der Bauern
nicht zweifeln können, und wenn dennoch einer der Verpflichteten dar¬
an zweifelt, so muß man es dann der Justiz überlassen, einen solchen
Befangenen aufzuklären. Jedenfalls kann bei der verständigen Lö¬
sung einer fo wichtigen Frage auf den Beifall eines Unverständigen
weder gerechnet noch gewartet werden. Allerdings ist zuzugeben, daß
eine solche Ablösung für den unbemittelten Bauer immer noch höchst
drückend sein würde, wenn er alljährlich den Betrag der abgelösten
Roboten bezahlen sollte, und wenn diese Verpflichtung ausgesprochen
würde, so könnte leicht die ganze Unternehmung scheitern. Allein es
gibt einen Ausweg in dieser Sache, den die sächsische Negierung mit
dem erfreulichsten Erfolge betreten hat. Sie hat nämlich die für die
Unterthanenpflichten ausgeworfene Entschädigung mit 25 multiplicirt
und so capitalisirt, dieses Capital in Landrentenbriefen dargestellt, den
Berechtigten als zinstragendes Staatspapier übergeben, und die Ver¬
pflichteten genöthigt, ihre capitalifirte Frohnenentschädigung mit 4 pCt.
zu verzinsen. Diese Zinsen werden mit 3^ pCt. den Landesrentenbrief-
Jnhabern als Zinsen ihrer Papiere überlassen, und mit H pCt. zur
Tilgung der Landrentenbriefe selbst verwendet. So sind die Berech¬
tigten sogleich im Besitz von verkäuflichen Papieren und somit zur Dis¬
position über bedeutende Summen gelangt, und die Verpflichteten wer¬
den binnen 5l) Jahren mit den Zinsen von 4 pCt. zugleich das Ca¬
pital zurückgezahlt haben. Der Vortheil, welcher beiden Theilen aus
diesem Verfahren erwuchs, die Beschaffung werthvoller Papiere ohne
Dazwischenkunft von Geldmännern, lediglich dadurch, daß der Staat
die Garantie übernahm, die Zinsen von den Verpflichteten einzieht und
an die Berechtigten gegen Zinöleisten auszahlt, auch die Amortisirung
der Landrentenbriefe besorgt, hat beide Theile so zufrieden gestellt, daß
niemals diese Entschädigungsweife weder drückend noch ungenügend


genug neben vielem Aerger nicht unerhebliche Nachtheile für eine große
Wirthschaft entstehen. Wenn nun der Herr die Arbeit abschätzt, wie
sie wirklich ist, nicht wie sie sein könnte, so wird er dem Verpflichte¬
ten eine sehr günstige Rechnung stellen können, ohne in der That sich
zu schaden. Denn der Verpflichtete wird künftig in der langen Zeit, die
er auf herrschaftlichen Feldern größtentheils vergeudete, bei redlichem
Fleiße die Geldleistungen, die ihm für Erlaß der Frohnen angesonnen
werden, erwerben, und nebenbei für sich wenigstens die halbe Zeit ge¬
winnen. Wird noch überdies ein Drittel der ermittelten Entschädigung
dem Bauer erlassen, wie in Sachsen geschehen ist, so wird man an
wohlwollender Berechnung der Entschädigung zu Gunsten der Bauern
nicht zweifeln können, und wenn dennoch einer der Verpflichteten dar¬
an zweifelt, so muß man es dann der Justiz überlassen, einen solchen
Befangenen aufzuklären. Jedenfalls kann bei der verständigen Lö¬
sung einer fo wichtigen Frage auf den Beifall eines Unverständigen
weder gerechnet noch gewartet werden. Allerdings ist zuzugeben, daß
eine solche Ablösung für den unbemittelten Bauer immer noch höchst
drückend sein würde, wenn er alljährlich den Betrag der abgelösten
Roboten bezahlen sollte, und wenn diese Verpflichtung ausgesprochen
würde, so könnte leicht die ganze Unternehmung scheitern. Allein es
gibt einen Ausweg in dieser Sache, den die sächsische Negierung mit
dem erfreulichsten Erfolge betreten hat. Sie hat nämlich die für die
Unterthanenpflichten ausgeworfene Entschädigung mit 25 multiplicirt
und so capitalisirt, dieses Capital in Landrentenbriefen dargestellt, den
Berechtigten als zinstragendes Staatspapier übergeben, und die Ver¬
pflichteten genöthigt, ihre capitalifirte Frohnenentschädigung mit 4 pCt.
zu verzinsen. Diese Zinsen werden mit 3^ pCt. den Landesrentenbrief-
Jnhabern als Zinsen ihrer Papiere überlassen, und mit H pCt. zur
Tilgung der Landrentenbriefe selbst verwendet. So sind die Berech¬
tigten sogleich im Besitz von verkäuflichen Papieren und somit zur Dis¬
position über bedeutende Summen gelangt, und die Verpflichteten wer¬
den binnen 5l) Jahren mit den Zinsen von 4 pCt. zugleich das Ca¬
pital zurückgezahlt haben. Der Vortheil, welcher beiden Theilen aus
diesem Verfahren erwuchs, die Beschaffung werthvoller Papiere ohne
Dazwischenkunft von Geldmännern, lediglich dadurch, daß der Staat
die Garantie übernahm, die Zinsen von den Verpflichteten einzieht und
an die Berechtigten gegen Zinöleisten auszahlt, auch die Amortisirung
der Landrentenbriefe besorgt, hat beide Theile so zufrieden gestellt, daß
niemals diese Entschädigungsweife weder drückend noch ungenügend


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/404>, abgerufen am 24.11.2024.