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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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Wirth hat sich einen Namen errungen, der ihm bleiben wird, wenn
man längst nicht mehr an die Censur, seine Hauptfeindin, denken wird.
-- Aber mit dem Namen, mit der bloßen Berühmtheit ist auch Alles
gethan. Wäre Wirth in Frankreich, England oder Nordamerika gebo¬
ren, so würde er geachtet und geehrt inmitten alles politischen Lebens
dastehen; ein anderer Franklin oder Benjamin Constant. Aber er hat
die Ehre, Deutschland seine Heimath zu nennen, -- verbannt aus sei¬
nem Vaterlande, lebt er drum einsam in der Ferne, wo Niemand ihn
und seine Geschichte kennt, wo Niemand seine Bedeutenden zu würdi¬
gen vermag. Das Ehrenschwert, womit die Frankfurter ihn beschenk¬
ten, ist in öffentlicher, nothwendiger Subhastation verkauft; die Presse,
mit der er seine deutsche Geschichte druckte, versiegelt. Man wollte in
Baiern, Würmnberg und Baden für ihn sammeln; er aber lehnte alle
Unterstützung mit den Worten ab, er sieche nicht auf der Festung hin,
wie Jordan, sondern habe ungefesselte, gesunde Arme, und die sollten
ihm Brod schaffen. Nur ein Ehrenmann, ein badischer Bürger (es
quält mich, daß ich seinen Namen verschweigen muß), erwarb Wirth's
Vertrauen so, daß er seine Vermvgenszustände verbessern durfte, ihm
ist Deutschland Dank schuldig, denn er hat es vor einer bedeutenden
Beschimpfung bewahrt.

Hätte unser Vaterland hundert Männer, wie Wirth -- man dürfte
mit froheren Blicken in die Zukunft sehen! S. L. N. ___




ist der ruhmvollen und gedeihlichen Durchführung der großen Gedanken der Ge¬
genwart mit so großer Zuversicht zu vertrauen." (Reform. Il polie. Nicht, der
Deutsch. 1841. S. 1.)

Wirth hat sich einen Namen errungen, der ihm bleiben wird, wenn
man längst nicht mehr an die Censur, seine Hauptfeindin, denken wird.
— Aber mit dem Namen, mit der bloßen Berühmtheit ist auch Alles
gethan. Wäre Wirth in Frankreich, England oder Nordamerika gebo¬
ren, so würde er geachtet und geehrt inmitten alles politischen Lebens
dastehen; ein anderer Franklin oder Benjamin Constant. Aber er hat
die Ehre, Deutschland seine Heimath zu nennen, — verbannt aus sei¬
nem Vaterlande, lebt er drum einsam in der Ferne, wo Niemand ihn
und seine Geschichte kennt, wo Niemand seine Bedeutenden zu würdi¬
gen vermag. Das Ehrenschwert, womit die Frankfurter ihn beschenk¬
ten, ist in öffentlicher, nothwendiger Subhastation verkauft; die Presse,
mit der er seine deutsche Geschichte druckte, versiegelt. Man wollte in
Baiern, Würmnberg und Baden für ihn sammeln; er aber lehnte alle
Unterstützung mit den Worten ab, er sieche nicht auf der Festung hin,
wie Jordan, sondern habe ungefesselte, gesunde Arme, und die sollten
ihm Brod schaffen. Nur ein Ehrenmann, ein badischer Bürger (es
quält mich, daß ich seinen Namen verschweigen muß), erwarb Wirth's
Vertrauen so, daß er seine Vermvgenszustände verbessern durfte, ihm
ist Deutschland Dank schuldig, denn er hat es vor einer bedeutenden
Beschimpfung bewahrt.

Hätte unser Vaterland hundert Männer, wie Wirth — man dürfte
mit froheren Blicken in die Zukunft sehen! S. L. N. ___




ist der ruhmvollen und gedeihlichen Durchführung der großen Gedanken der Ge¬
genwart mit so großer Zuversicht zu vertrauen." (Reform. Il polie. Nicht, der
Deutsch. 1841. S. 1.)
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[0343] Wirth hat sich einen Namen errungen, der ihm bleiben wird, wenn man längst nicht mehr an die Censur, seine Hauptfeindin, denken wird. — Aber mit dem Namen, mit der bloßen Berühmtheit ist auch Alles gethan. Wäre Wirth in Frankreich, England oder Nordamerika gebo¬ ren, so würde er geachtet und geehrt inmitten alles politischen Lebens dastehen; ein anderer Franklin oder Benjamin Constant. Aber er hat die Ehre, Deutschland seine Heimath zu nennen, — verbannt aus sei¬ nem Vaterlande, lebt er drum einsam in der Ferne, wo Niemand ihn und seine Geschichte kennt, wo Niemand seine Bedeutenden zu würdi¬ gen vermag. Das Ehrenschwert, womit die Frankfurter ihn beschenk¬ ten, ist in öffentlicher, nothwendiger Subhastation verkauft; die Presse, mit der er seine deutsche Geschichte druckte, versiegelt. Man wollte in Baiern, Würmnberg und Baden für ihn sammeln; er aber lehnte alle Unterstützung mit den Worten ab, er sieche nicht auf der Festung hin, wie Jordan, sondern habe ungefesselte, gesunde Arme, und die sollten ihm Brod schaffen. Nur ein Ehrenmann, ein badischer Bürger (es quält mich, daß ich seinen Namen verschweigen muß), erwarb Wirth's Vertrauen so, daß er seine Vermvgenszustände verbessern durfte, ihm ist Deutschland Dank schuldig, denn er hat es vor einer bedeutenden Beschimpfung bewahrt. Hätte unser Vaterland hundert Männer, wie Wirth — man dürfte mit froheren Blicken in die Zukunft sehen! S. L. N. ___ ist der ruhmvollen und gedeihlichen Durchführung der großen Gedanken der Ge¬ genwart mit so großer Zuversicht zu vertrauen." (Reform. Il polie. Nicht, der Deutsch. 1841. S. 1.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/343>, abgerufen am 24.11.2024.