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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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vor, "daß sich die deutsche Nation eher mit dem Absolutismus in
Schlachtlinie stelle", als einen Theil des Vaterlandes an Frankreich
opfern werde." Durch seine Rede wehte frisch und kräftig der Geist
nationaler Freiheit und Kräftigkeit, der sich auch in allen seinen Wer¬
ken ausspricht.

Wirth war der Mittelpunkt des ganzen Festes; die Frankfurter
Bürgerschaft überreichte ihm einen kostbaren Ehrensäbel, den Se. Anna¬
orden der deutschen Nation, zum Lohne für seine siegreichen Bemü¬
hungen für die Preßfreiheit; das Volk jubelte jedem Worte, das er
sprach, nimmer enden wollenden Beifall zu.

In den folgenden Tagen wurde "gegen Wirth et Consorten" die
Untersuchung eröffnet. "Gegen Wirth und Consorten, gegen Wirth,
dem es, bei der Stimmung der Gemüther, nur ein Wort gekostet hätte,
um eine Bewegung zu veranlassen, verhängt man eine Untersu¬
chung wegen directer Aufreizung zum Umsturz I

Als Wirth in das Gefängniß zu Zweibrücken gebracht wurde,
fand er, anstatt Kerkergewölbe, große, herrliche Süle vor, mit hohen
Spiegeln und prächtigen Teppichen geschmückt; seidene Sopha's luden
ihn zur Ruhe, herrliche Speisen und Champagnerflaschen zum üppigen
Mahle ein. Die Bürger Zweibrückens hatten auf ihr Bitten die Er¬
laubniß erhalten, den feurigen deutschen Patrioten bewirthen zu dürfen.
Wirth bewohnte zwar die herrlichen Gemächer, den Wein und die
Speisen ließ er aber seinen Wächtern reichen, und begnügte sich mit
der Gefangenenkost. Bei dieser Stimmung der Pfälzer wollte der Staas-
anwalt Wirth's Prozeß bei einem andern Gerichtshof anhängig ma¬
chen, weil man in dieser Stadt kein unparteiisches Urtheil fällen könne.
Das Appellationsgericht verwarf aber diesen Einwurf. Wirth verthei¬
digte sich selbst und hielt vor den Assisen zu Landau eine so kernige
Rede "über die Rechte des deutschen Volkes," wie sie wohl selten in
deutscher Sprache gehalten worden ist, voll von Patriotismus, Frei-
heitsliebe und Begeisterung.

Als er mit den Worten geendet: "Ich habe gesprochen, mögen die
Menschen jetzt richten" wurde er sür unschuldig erklärt; das Volk beglei¬
tete ihn jubelnd und frohlockend nach Hause zurück; es war jedem
Bürger und Bauer, als ob sein Bruder vom Tode errettet sei.

Bet seiner Freisprechung ereignete sich folgende Anekvote. die von
dem damaligen Benehmen der Polizei Zeugniß gibt. Wirth verlangte sein
Ehrenschwert zurück, das die Polizei in Beschlag genommen; der Stactts-
procmator ließ es holen und händigte es ihm ein. In dem Augen-


Ärenzboten. II. 1846. 42

vor, „daß sich die deutsche Nation eher mit dem Absolutismus in
Schlachtlinie stelle», als einen Theil des Vaterlandes an Frankreich
opfern werde." Durch seine Rede wehte frisch und kräftig der Geist
nationaler Freiheit und Kräftigkeit, der sich auch in allen seinen Wer¬
ken ausspricht.

Wirth war der Mittelpunkt des ganzen Festes; die Frankfurter
Bürgerschaft überreichte ihm einen kostbaren Ehrensäbel, den Se. Anna¬
orden der deutschen Nation, zum Lohne für seine siegreichen Bemü¬
hungen für die Preßfreiheit; das Volk jubelte jedem Worte, das er
sprach, nimmer enden wollenden Beifall zu.

In den folgenden Tagen wurde „gegen Wirth et Consorten" die
Untersuchung eröffnet. „Gegen Wirth und Consorten, gegen Wirth,
dem es, bei der Stimmung der Gemüther, nur ein Wort gekostet hätte,
um eine Bewegung zu veranlassen, verhängt man eine Untersu¬
chung wegen directer Aufreizung zum Umsturz I

Als Wirth in das Gefängniß zu Zweibrücken gebracht wurde,
fand er, anstatt Kerkergewölbe, große, herrliche Süle vor, mit hohen
Spiegeln und prächtigen Teppichen geschmückt; seidene Sopha's luden
ihn zur Ruhe, herrliche Speisen und Champagnerflaschen zum üppigen
Mahle ein. Die Bürger Zweibrückens hatten auf ihr Bitten die Er¬
laubniß erhalten, den feurigen deutschen Patrioten bewirthen zu dürfen.
Wirth bewohnte zwar die herrlichen Gemächer, den Wein und die
Speisen ließ er aber seinen Wächtern reichen, und begnügte sich mit
der Gefangenenkost. Bei dieser Stimmung der Pfälzer wollte der Staas-
anwalt Wirth's Prozeß bei einem andern Gerichtshof anhängig ma¬
chen, weil man in dieser Stadt kein unparteiisches Urtheil fällen könne.
Das Appellationsgericht verwarf aber diesen Einwurf. Wirth verthei¬
digte sich selbst und hielt vor den Assisen zu Landau eine so kernige
Rede „über die Rechte des deutschen Volkes," wie sie wohl selten in
deutscher Sprache gehalten worden ist, voll von Patriotismus, Frei-
heitsliebe und Begeisterung.

Als er mit den Worten geendet: „Ich habe gesprochen, mögen die
Menschen jetzt richten" wurde er sür unschuldig erklärt; das Volk beglei¬
tete ihn jubelnd und frohlockend nach Hause zurück; es war jedem
Bürger und Bauer, als ob sein Bruder vom Tode errettet sei.

Bet seiner Freisprechung ereignete sich folgende Anekvote. die von
dem damaligen Benehmen der Polizei Zeugniß gibt. Wirth verlangte sein
Ehrenschwert zurück, das die Polizei in Beschlag genommen; der Stactts-
procmator ließ es holen und händigte es ihm ein. In dem Augen-


Ärenzboten. II. 1846. 42
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[0337] vor, „daß sich die deutsche Nation eher mit dem Absolutismus in Schlachtlinie stelle», als einen Theil des Vaterlandes an Frankreich opfern werde." Durch seine Rede wehte frisch und kräftig der Geist nationaler Freiheit und Kräftigkeit, der sich auch in allen seinen Wer¬ ken ausspricht. Wirth war der Mittelpunkt des ganzen Festes; die Frankfurter Bürgerschaft überreichte ihm einen kostbaren Ehrensäbel, den Se. Anna¬ orden der deutschen Nation, zum Lohne für seine siegreichen Bemü¬ hungen für die Preßfreiheit; das Volk jubelte jedem Worte, das er sprach, nimmer enden wollenden Beifall zu. In den folgenden Tagen wurde „gegen Wirth et Consorten" die Untersuchung eröffnet. „Gegen Wirth und Consorten, gegen Wirth, dem es, bei der Stimmung der Gemüther, nur ein Wort gekostet hätte, um eine Bewegung zu veranlassen, verhängt man eine Untersu¬ chung wegen directer Aufreizung zum Umsturz I Als Wirth in das Gefängniß zu Zweibrücken gebracht wurde, fand er, anstatt Kerkergewölbe, große, herrliche Süle vor, mit hohen Spiegeln und prächtigen Teppichen geschmückt; seidene Sopha's luden ihn zur Ruhe, herrliche Speisen und Champagnerflaschen zum üppigen Mahle ein. Die Bürger Zweibrückens hatten auf ihr Bitten die Er¬ laubniß erhalten, den feurigen deutschen Patrioten bewirthen zu dürfen. Wirth bewohnte zwar die herrlichen Gemächer, den Wein und die Speisen ließ er aber seinen Wächtern reichen, und begnügte sich mit der Gefangenenkost. Bei dieser Stimmung der Pfälzer wollte der Staas- anwalt Wirth's Prozeß bei einem andern Gerichtshof anhängig ma¬ chen, weil man in dieser Stadt kein unparteiisches Urtheil fällen könne. Das Appellationsgericht verwarf aber diesen Einwurf. Wirth verthei¬ digte sich selbst und hielt vor den Assisen zu Landau eine so kernige Rede „über die Rechte des deutschen Volkes," wie sie wohl selten in deutscher Sprache gehalten worden ist, voll von Patriotismus, Frei- heitsliebe und Begeisterung. Als er mit den Worten geendet: „Ich habe gesprochen, mögen die Menschen jetzt richten" wurde er sür unschuldig erklärt; das Volk beglei¬ tete ihn jubelnd und frohlockend nach Hause zurück; es war jedem Bürger und Bauer, als ob sein Bruder vom Tode errettet sei. Bet seiner Freisprechung ereignete sich folgende Anekvote. die von dem damaligen Benehmen der Polizei Zeugniß gibt. Wirth verlangte sein Ehrenschwert zurück, das die Polizei in Beschlag genommen; der Stactts- procmator ließ es holen und händigte es ihm ein. In dem Augen- Ärenzboten. II. 1846. 42

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/337>, abgerufen am 24.11.2024.