Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.kracht nebei: Waschzetteln und ökonomischen Notizen standen; endlich
Das Gedicht machte schmerzliche Erinnerungen in ihm rege. kracht nebei: Waschzetteln und ökonomischen Notizen standen; endlich
Das Gedicht machte schmerzliche Erinnerungen in ihm rege. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0301" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182724"/> <p xml:id="ID_824" prev="#ID_823"> kracht nebei: Waschzetteln und ökonomischen Notizen standen; endlich<lb/> schien seine Aufmerksamkeit mehr gefesselt zu werden, er las wieder<lb/> und wieder, zuletzt mit lauter Stimme¬</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_14" type="poem"> <l> 's wird Frühling werde», 's wird Frühling werden,<lb/> Die stillen Wälder werden grünen,<lb/> Mein Herz wird jegliche Beschwerden<lb/> An ihrem grünen Busen sühnen.<lb/> Und die Eichen werden rauschen,<lb/> Und die Stürme werden brausen,<lb/> 's wird Frühling werden, '6 wird Frühling werden!</l> <l> Und all' die alten, schweren Träume,<lb/> Die bösen, wunderlichen Grillen,<lb/> Du trauter Wald, in Deine Räume<lb/> Werd' ich sie schütten, Deinetwillen;<lb/> Und die Vögel werden singen,<lb/> Und die Lieder werden klingen<lb/> In meinem Herzen, in meinem Herze».</l> <l> In manchen bangen, bangen Stunden,<lb/> Wo ich an meinem Herzen pochte<lb/> Und alles drinnen fand verschwunden,<lb/> Was einst so gern ich finden mochte —<lb/> Ach! der Frühling kehrt nicht wieder,<lb/> Dacht' ich, aus sind alle Lieder<lb/> In der Natur, in der Natur.</l> <l> Du liebe, stille Sonne droben<lb/> Am blauen Himmel, deine Treue<lb/> Läßt sich im Sturm der Welt erproben:<lb/> Der Frühling kommt, du kommst auf's Neue.<lb/> Ach! und Thränen, die man weinte,<lb/> Treue, Glauben, Lieb' und Freunde,<lb/> Sie gehen all' und kehren nicht wieder.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_825" next="#ID_826"> Das Gedicht machte schmerzliche Erinnerungen in ihm rege.<lb/> Kaum war ein Jahr verflossen, seitdem er es flüchtig niedergeschrie¬<lb/> ben hatte. Damals glaubte er sich mit dem größten Rechte unglück¬<lb/> lich fühlen zu dürfen, alle die zarten Fäden, welche seine Seele mit der<lb/> Welt verbanden, waren mitleidlos zerrissen, seine Liebe hatte man ihm<lb/> geraubt, ach! und, was noch mehr war, das Herz seiner Geliebten<lb/> verpestet. Und doch, wie war es nun so ganz anders? Wenn er<lb/> seinen jetzigen Zustand mit der kindlichen Hingebung an die erwachende<lb/> Natur, mit den glaubenswarmen Hoffnungen dieses Liedes verglich,—</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0301]
kracht nebei: Waschzetteln und ökonomischen Notizen standen; endlich
schien seine Aufmerksamkeit mehr gefesselt zu werden, er las wieder
und wieder, zuletzt mit lauter Stimme¬
's wird Frühling werde», 's wird Frühling werden,
Die stillen Wälder werden grünen,
Mein Herz wird jegliche Beschwerden
An ihrem grünen Busen sühnen.
Und die Eichen werden rauschen,
Und die Stürme werden brausen,
's wird Frühling werden, '6 wird Frühling werden! Und all' die alten, schweren Träume,
Die bösen, wunderlichen Grillen,
Du trauter Wald, in Deine Räume
Werd' ich sie schütten, Deinetwillen;
Und die Vögel werden singen,
Und die Lieder werden klingen
In meinem Herzen, in meinem Herze». In manchen bangen, bangen Stunden,
Wo ich an meinem Herzen pochte
Und alles drinnen fand verschwunden,
Was einst so gern ich finden mochte —
Ach! der Frühling kehrt nicht wieder,
Dacht' ich, aus sind alle Lieder
In der Natur, in der Natur. Du liebe, stille Sonne droben
Am blauen Himmel, deine Treue
Läßt sich im Sturm der Welt erproben:
Der Frühling kommt, du kommst auf's Neue.
Ach! und Thränen, die man weinte,
Treue, Glauben, Lieb' und Freunde,
Sie gehen all' und kehren nicht wieder.
Das Gedicht machte schmerzliche Erinnerungen in ihm rege.
Kaum war ein Jahr verflossen, seitdem er es flüchtig niedergeschrie¬
ben hatte. Damals glaubte er sich mit dem größten Rechte unglück¬
lich fühlen zu dürfen, alle die zarten Fäden, welche seine Seele mit der
Welt verbanden, waren mitleidlos zerrissen, seine Liebe hatte man ihm
geraubt, ach! und, was noch mehr war, das Herz seiner Geliebten
verpestet. Und doch, wie war es nun so ganz anders? Wenn er
seinen jetzigen Zustand mit der kindlichen Hingebung an die erwachende
Natur, mit den glaubenswarmen Hoffnungen dieses Liedes verglich,—
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