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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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wendige Form ist die Association. -- Der Endzweck der Association
ist, zur Befriedigung der intellectuellen, moralischen und materiellen
Bedürfnisse Aller zu gelangen durch Anwendung ihrer verschiedenen
Fähigkeiten und durch Vereinigung ihrer Anstrengungen. -- Die Ar¬
beiter sind Sclaven gewesen, sie sind Leibeigene gewesen, sie sind jetzt
Lohnarbeiter, man muß darnach trachten, sie in den Stand der Asso¬
cies zu erheben. -- Dies Resultat kann nicht anders erreicht wer¬
den, als durch die Wirksamkeit einer demokratischen Regierung.
-- Eine demokratische Regierung ist eine solche, die die Volkssouve-
ränetät zum Princip, allgemeine Stimmgebung zu ihrem Ursprünge,
und zu ihrer Aufgabe die Verwirklichung der Freiheit, Gleichheit und
Verbrüderung hat. -- Die Regenten sind nur Mandatarien des Volks;
sie müssen also verantwortlich und abberufbar sein. -- Alle müssen
dem Gesetz gehorchen, aber Alle haben das Recht, es laut zu beur¬
theilen, damit man es ändere, wenn es schlecht ist. -- Die Freiheit
der Presse muß aufrecht erhalten werden. -- Die Erziehung der
Staatsbürger muß gemeinschaftlich und unentgeltlich geschehen. --
ederBürermu die militärieErieundurmen"

.
Dieses Glaubensbekenntniß ist sehr merkwürdig. Es ist Zug für
Zug, nur in modernem Ausdruck, das was die Gesellschaft Jesu
wollte und durchzuführen suchte. Der Unterschied besteht nur darin,
daß der Wirkungskreis dieser Ideen von dem Umfange einer besondern,
aber über die ganze Welt ausgebreiteten Gesellschaft auf den Umfang ei¬
nes umgrenzten, aber dafür alle seine Angehörigen ohne Ausnahme
einbegreifenden Staates übertragen ist, wobei die Form der Wahlmon-
archie in die der Demokratie überging. Die zu Grunde liegenden
Ideen sind, wie gesagt, genau die der Jesuiten. Und nun ist wiederum
merkwürdig, daß hievon die "Democratie Pacifique" eine Ahnung ver¬
räth. Dieses Journal brachte nämlich einen Artikel über "das Werk
des heiligen Franz Xavier," (eine vom französischen Clerus ausgegangene
Arbeitervereinigung, deren Zweck ist: die Arbeiter einmal im Monat,
Sonntags von 7---10 Uhr Abends, zu versammeln, die gewöhnlichen
Kirchenlieder u. tgi. zu singen, moralische Vorlesungen über sociale
Oekonomie zu halten, populäre und religiöse Poesien vorzutragen,
Wissenschaftliche Probleme zu erklären, Lobreden auf nützliche Männer
zu halten und religiösen Unterricht zu geben; einen Fonds zur Deckung
der Kosten und zur Unterstützung von Kranken :c. zu bilden, u. s. w.)>
Die "Democratie Pacifique" rühmte dieses Unternehmen sehr; "die fromme
Democratie," spöttelt Rüge, "das gute Kind, das seine PhalaMres


Wrenzbvte", Is"S. II. 37

wendige Form ist die Association. — Der Endzweck der Association
ist, zur Befriedigung der intellectuellen, moralischen und materiellen
Bedürfnisse Aller zu gelangen durch Anwendung ihrer verschiedenen
Fähigkeiten und durch Vereinigung ihrer Anstrengungen. — Die Ar¬
beiter sind Sclaven gewesen, sie sind Leibeigene gewesen, sie sind jetzt
Lohnarbeiter, man muß darnach trachten, sie in den Stand der Asso¬
cies zu erheben. — Dies Resultat kann nicht anders erreicht wer¬
den, als durch die Wirksamkeit einer demokratischen Regierung.
— Eine demokratische Regierung ist eine solche, die die Volkssouve-
ränetät zum Princip, allgemeine Stimmgebung zu ihrem Ursprünge,
und zu ihrer Aufgabe die Verwirklichung der Freiheit, Gleichheit und
Verbrüderung hat. — Die Regenten sind nur Mandatarien des Volks;
sie müssen also verantwortlich und abberufbar sein. — Alle müssen
dem Gesetz gehorchen, aber Alle haben das Recht, es laut zu beur¬
theilen, damit man es ändere, wenn es schlecht ist. — Die Freiheit
der Presse muß aufrecht erhalten werden. — Die Erziehung der
Staatsbürger muß gemeinschaftlich und unentgeltlich geschehen. —
ederBürermu die militärieErieundurmen"

.
Dieses Glaubensbekenntniß ist sehr merkwürdig. Es ist Zug für
Zug, nur in modernem Ausdruck, das was die Gesellschaft Jesu
wollte und durchzuführen suchte. Der Unterschied besteht nur darin,
daß der Wirkungskreis dieser Ideen von dem Umfange einer besondern,
aber über die ganze Welt ausgebreiteten Gesellschaft auf den Umfang ei¬
nes umgrenzten, aber dafür alle seine Angehörigen ohne Ausnahme
einbegreifenden Staates übertragen ist, wobei die Form der Wahlmon-
archie in die der Demokratie überging. Die zu Grunde liegenden
Ideen sind, wie gesagt, genau die der Jesuiten. Und nun ist wiederum
merkwürdig, daß hievon die „Democratie Pacifique" eine Ahnung ver¬
räth. Dieses Journal brachte nämlich einen Artikel über „das Werk
des heiligen Franz Xavier," (eine vom französischen Clerus ausgegangene
Arbeitervereinigung, deren Zweck ist: die Arbeiter einmal im Monat,
Sonntags von 7—-10 Uhr Abends, zu versammeln, die gewöhnlichen
Kirchenlieder u. tgi. zu singen, moralische Vorlesungen über sociale
Oekonomie zu halten, populäre und religiöse Poesien vorzutragen,
Wissenschaftliche Probleme zu erklären, Lobreden auf nützliche Männer
zu halten und religiösen Unterricht zu geben; einen Fonds zur Deckung
der Kosten und zur Unterstützung von Kranken :c. zu bilden, u. s. w.)>
Die „Democratie Pacifique" rühmte dieses Unternehmen sehr; „die fromme
Democratie," spöttelt Rüge, „das gute Kind, das seine PhalaMres


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[0297] wendige Form ist die Association. — Der Endzweck der Association ist, zur Befriedigung der intellectuellen, moralischen und materiellen Bedürfnisse Aller zu gelangen durch Anwendung ihrer verschiedenen Fähigkeiten und durch Vereinigung ihrer Anstrengungen. — Die Ar¬ beiter sind Sclaven gewesen, sie sind Leibeigene gewesen, sie sind jetzt Lohnarbeiter, man muß darnach trachten, sie in den Stand der Asso¬ cies zu erheben. — Dies Resultat kann nicht anders erreicht wer¬ den, als durch die Wirksamkeit einer demokratischen Regierung. — Eine demokratische Regierung ist eine solche, die die Volkssouve- ränetät zum Princip, allgemeine Stimmgebung zu ihrem Ursprünge, und zu ihrer Aufgabe die Verwirklichung der Freiheit, Gleichheit und Verbrüderung hat. — Die Regenten sind nur Mandatarien des Volks; sie müssen also verantwortlich und abberufbar sein. — Alle müssen dem Gesetz gehorchen, aber Alle haben das Recht, es laut zu beur¬ theilen, damit man es ändere, wenn es schlecht ist. — Die Freiheit der Presse muß aufrecht erhalten werden. — Die Erziehung der Staatsbürger muß gemeinschaftlich und unentgeltlich geschehen. — ederBürermu die militärieErieundurmen" . Dieses Glaubensbekenntniß ist sehr merkwürdig. Es ist Zug für Zug, nur in modernem Ausdruck, das was die Gesellschaft Jesu wollte und durchzuführen suchte. Der Unterschied besteht nur darin, daß der Wirkungskreis dieser Ideen von dem Umfange einer besondern, aber über die ganze Welt ausgebreiteten Gesellschaft auf den Umfang ei¬ nes umgrenzten, aber dafür alle seine Angehörigen ohne Ausnahme einbegreifenden Staates übertragen ist, wobei die Form der Wahlmon- archie in die der Demokratie überging. Die zu Grunde liegenden Ideen sind, wie gesagt, genau die der Jesuiten. Und nun ist wiederum merkwürdig, daß hievon die „Democratie Pacifique" eine Ahnung ver¬ räth. Dieses Journal brachte nämlich einen Artikel über „das Werk des heiligen Franz Xavier," (eine vom französischen Clerus ausgegangene Arbeitervereinigung, deren Zweck ist: die Arbeiter einmal im Monat, Sonntags von 7—-10 Uhr Abends, zu versammeln, die gewöhnlichen Kirchenlieder u. tgi. zu singen, moralische Vorlesungen über sociale Oekonomie zu halten, populäre und religiöse Poesien vorzutragen, Wissenschaftliche Probleme zu erklären, Lobreden auf nützliche Männer zu halten und religiösen Unterricht zu geben; einen Fonds zur Deckung der Kosten und zur Unterstützung von Kranken :c. zu bilden, u. s. w.)> Die „Democratie Pacifique" rühmte dieses Unternehmen sehr; „die fromme Democratie," spöttelt Rüge, „das gute Kind, das seine PhalaMres Wrenzbvte», Is«S. II. 37

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/297>, abgerufen am 28.11.2024.