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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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Beeinträchtigung anderer sehr wichtiger Absichten, mit dem besten Willen
dem deutschen Zollvereine nicht beitreten kann. Die wich¬
tigsten Interessen der Monarchie gebieten die Fortschaffung der Binnen¬
zolllinien; der gesammte Staat muß Ein Handelsgebiet werden, wenn
Gewerbthätigkeit und Verkehr sich gehörig einwickeln sollen." Oesterreich
kann mithin nicht theilweise dem Zollvereine beitreten ... es kann
aber auch nicht als Ganzes beitreten, weil dagegen die Ungarn sich
erheben und die Aufhebung der Binnenzvlllinien nicht zugeben werden."

Herr von Reden, der von unsern ersten Staatsmännern mit Aus¬
zeichnung empfangen wurde, spricht hier unwillkürlich die Absichten der
Regierung aus, die auch kein Hehl aus ihrer Anschauungsweise in die¬
sem Punkte macht. Ob der schöne Tag, wo zwischen Ungarn und der
übrigen Monarchie die Zollschranken fallen, fern oder nahe ist? Sicher
ist's, daß dieser Plan das Lieblingskind des Baron Kübeck ist, und die
Energie dieses Mannes ist eine Bürgschaft, daß kein Tag unbenutzt ver¬
loren geht. In dem Bureau des Hofkammerpräsidcnten concenrriren sich
in diesem Augenblicke die wichtigsten Fragen Oesterreichs; wie Monte-
cucculi einst sagte: um Krieg zu führen, bedürfe man drei Dinge, zuerst
Geld, dann wieder Geld und drittens noch einmal Geld, so gilt derselbe
Spruch heute vom Frieden! Um Frieden zu erhalten, braucht man vor
Allem Geld; die wichtigsten Resormfragcn Oesterreichs leiden durch das
Erbübel unserer Finanzzustande. Die Robotablösung soll an hundert
Millionen in Anspruch nehmen, die Aufhebung der Binnenzolllinien würde
gleichfalls vor der Hand einen bedeutenden Ausfall der Staatseinkünfte
abgeben. Bedenkt man obendrein, daß der Staat das gewaltige und
unvergleichliche Unternehmen des Eisenbahnbaues selbst bestreitet, so wird
man gestehen, daß mehr als das Genie eines Neckers dazu gehört, die
Wünschelruthe zu finden, welche diese Quellen öffnet. Es ist gewiß nicht
der kleinste unter den Glücksfällen, die Oesterreich seit uralten Zeiten aus
so vielen Verlegenheiten retteten, daß gerade in diesen Augenblicken, wo
wir an einem wichtigen Wendepunkt stehen und in einer Krisis uns be¬
finden, welche das Aufgebot aller Heilmittel nöthig macht, daß gerade
letzt ein Mann, wie Kübeck, an der Spitze des gefährlichsten Theils der
Staatsverwaltung sich befindet. Es ist ein Fingerzeig der Vorsehung
darin, daß sie der Zukunft Oesterreichs noch ein weitgestecktes Ziel vorbehalten.
Unter der Leitung des früheren Finanzdirigenten standen wir jetzt an der
Pf v-0 orte des Abgrunds.


2.

Eine Eipisode. -- Tiie-leer. -- Kabale ohne Liebe. -- Das Burgtheater. --
Gin Polcnsanger.

Eine kleine Episode, die glücklicherweise keinen tragischen Ausgang
hatte, machte dieser Tage einen solchen Rumor in der Stadt, daß sogar
an der Bprse die Papiere für einen Augenblick litten. Zwei wohlbekannte
Herren unserer Ilund"? 8"ni6et> amüsicten sich in der Nahe des Praters
damit, in ein nicht zugängliches Revier zu reiten. Der Förster forderte
sie auf, sich zu entfernen, die beiden Herren lachten ihn jedoch aus, wor-


Beeinträchtigung anderer sehr wichtiger Absichten, mit dem besten Willen
dem deutschen Zollvereine nicht beitreten kann. Die wich¬
tigsten Interessen der Monarchie gebieten die Fortschaffung der Binnen¬
zolllinien; der gesammte Staat muß Ein Handelsgebiet werden, wenn
Gewerbthätigkeit und Verkehr sich gehörig einwickeln sollen." Oesterreich
kann mithin nicht theilweise dem Zollvereine beitreten ... es kann
aber auch nicht als Ganzes beitreten, weil dagegen die Ungarn sich
erheben und die Aufhebung der Binnenzvlllinien nicht zugeben werden."

Herr von Reden, der von unsern ersten Staatsmännern mit Aus¬
zeichnung empfangen wurde, spricht hier unwillkürlich die Absichten der
Regierung aus, die auch kein Hehl aus ihrer Anschauungsweise in die¬
sem Punkte macht. Ob der schöne Tag, wo zwischen Ungarn und der
übrigen Monarchie die Zollschranken fallen, fern oder nahe ist? Sicher
ist's, daß dieser Plan das Lieblingskind des Baron Kübeck ist, und die
Energie dieses Mannes ist eine Bürgschaft, daß kein Tag unbenutzt ver¬
loren geht. In dem Bureau des Hofkammerpräsidcnten concenrriren sich
in diesem Augenblicke die wichtigsten Fragen Oesterreichs; wie Monte-
cucculi einst sagte: um Krieg zu führen, bedürfe man drei Dinge, zuerst
Geld, dann wieder Geld und drittens noch einmal Geld, so gilt derselbe
Spruch heute vom Frieden! Um Frieden zu erhalten, braucht man vor
Allem Geld; die wichtigsten Resormfragcn Oesterreichs leiden durch das
Erbübel unserer Finanzzustande. Die Robotablösung soll an hundert
Millionen in Anspruch nehmen, die Aufhebung der Binnenzolllinien würde
gleichfalls vor der Hand einen bedeutenden Ausfall der Staatseinkünfte
abgeben. Bedenkt man obendrein, daß der Staat das gewaltige und
unvergleichliche Unternehmen des Eisenbahnbaues selbst bestreitet, so wird
man gestehen, daß mehr als das Genie eines Neckers dazu gehört, die
Wünschelruthe zu finden, welche diese Quellen öffnet. Es ist gewiß nicht
der kleinste unter den Glücksfällen, die Oesterreich seit uralten Zeiten aus
so vielen Verlegenheiten retteten, daß gerade in diesen Augenblicken, wo
wir an einem wichtigen Wendepunkt stehen und in einer Krisis uns be¬
finden, welche das Aufgebot aller Heilmittel nöthig macht, daß gerade
letzt ein Mann, wie Kübeck, an der Spitze des gefährlichsten Theils der
Staatsverwaltung sich befindet. Es ist ein Fingerzeig der Vorsehung
darin, daß sie der Zukunft Oesterreichs noch ein weitgestecktes Ziel vorbehalten.
Unter der Leitung des früheren Finanzdirigenten standen wir jetzt an der
Pf v-0 orte des Abgrunds.


2.

Eine Eipisode. — Tiie-leer. — Kabale ohne Liebe. — Das Burgtheater. —
Gin Polcnsanger.

Eine kleine Episode, die glücklicherweise keinen tragischen Ausgang
hatte, machte dieser Tage einen solchen Rumor in der Stadt, daß sogar
an der Bprse die Papiere für einen Augenblick litten. Zwei wohlbekannte
Herren unserer Ilund«? 8«ni6et> amüsicten sich in der Nahe des Praters
damit, in ein nicht zugängliches Revier zu reiten. Der Förster forderte
sie auf, sich zu entfernen, die beiden Herren lachten ihn jedoch aus, wor-


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[0277] Beeinträchtigung anderer sehr wichtiger Absichten, mit dem besten Willen dem deutschen Zollvereine nicht beitreten kann. Die wich¬ tigsten Interessen der Monarchie gebieten die Fortschaffung der Binnen¬ zolllinien; der gesammte Staat muß Ein Handelsgebiet werden, wenn Gewerbthätigkeit und Verkehr sich gehörig einwickeln sollen." Oesterreich kann mithin nicht theilweise dem Zollvereine beitreten ... es kann aber auch nicht als Ganzes beitreten, weil dagegen die Ungarn sich erheben und die Aufhebung der Binnenzvlllinien nicht zugeben werden." Herr von Reden, der von unsern ersten Staatsmännern mit Aus¬ zeichnung empfangen wurde, spricht hier unwillkürlich die Absichten der Regierung aus, die auch kein Hehl aus ihrer Anschauungsweise in die¬ sem Punkte macht. Ob der schöne Tag, wo zwischen Ungarn und der übrigen Monarchie die Zollschranken fallen, fern oder nahe ist? Sicher ist's, daß dieser Plan das Lieblingskind des Baron Kübeck ist, und die Energie dieses Mannes ist eine Bürgschaft, daß kein Tag unbenutzt ver¬ loren geht. In dem Bureau des Hofkammerpräsidcnten concenrriren sich in diesem Augenblicke die wichtigsten Fragen Oesterreichs; wie Monte- cucculi einst sagte: um Krieg zu führen, bedürfe man drei Dinge, zuerst Geld, dann wieder Geld und drittens noch einmal Geld, so gilt derselbe Spruch heute vom Frieden! Um Frieden zu erhalten, braucht man vor Allem Geld; die wichtigsten Resormfragcn Oesterreichs leiden durch das Erbübel unserer Finanzzustande. Die Robotablösung soll an hundert Millionen in Anspruch nehmen, die Aufhebung der Binnenzolllinien würde gleichfalls vor der Hand einen bedeutenden Ausfall der Staatseinkünfte abgeben. Bedenkt man obendrein, daß der Staat das gewaltige und unvergleichliche Unternehmen des Eisenbahnbaues selbst bestreitet, so wird man gestehen, daß mehr als das Genie eines Neckers dazu gehört, die Wünschelruthe zu finden, welche diese Quellen öffnet. Es ist gewiß nicht der kleinste unter den Glücksfällen, die Oesterreich seit uralten Zeiten aus so vielen Verlegenheiten retteten, daß gerade in diesen Augenblicken, wo wir an einem wichtigen Wendepunkt stehen und in einer Krisis uns be¬ finden, welche das Aufgebot aller Heilmittel nöthig macht, daß gerade letzt ein Mann, wie Kübeck, an der Spitze des gefährlichsten Theils der Staatsverwaltung sich befindet. Es ist ein Fingerzeig der Vorsehung darin, daß sie der Zukunft Oesterreichs noch ein weitgestecktes Ziel vorbehalten. Unter der Leitung des früheren Finanzdirigenten standen wir jetzt an der Pf v-0 orte des Abgrunds. 2. Eine Eipisode. — Tiie-leer. — Kabale ohne Liebe. — Das Burgtheater. — Gin Polcnsanger. Eine kleine Episode, die glücklicherweise keinen tragischen Ausgang hatte, machte dieser Tage einen solchen Rumor in der Stadt, daß sogar an der Bprse die Papiere für einen Augenblick litten. Zwei wohlbekannte Herren unserer Ilund«? 8«ni6et> amüsicten sich in der Nahe des Praters damit, in ein nicht zugängliches Revier zu reiten. Der Förster forderte sie auf, sich zu entfernen, die beiden Herren lachten ihn jedoch aus, wor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/277>, abgerufen am 27.11.2024.