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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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reich nie gesehen. Die Feinde unseres schönen Vaterlandes ahnen nicht
die Entwickelung, die in diesen gesegneten Landen sich vorbereitet und die
nur des belebenden Wortes von Oben bedarf, um jeden andern Staat
des Festlandes in die Schranken fordern zu können an Wohlstand und
Thätigkeit. Wird dieses Wort noch lange ausbleiben?

Ich sprach Ihnen neulich von dem Bericht eines Franzosen über
unsere Industrieausstellung. Näher liegend ist "och ein anderer früher
erschienener Bericht von einem Deutschen; ich meine die Denkschrift des
Freiherr" von Reden, über die österreichische Industrie und deren Ver¬
hältniß zum Zollverein. Herr von Reden war vom preußischen Staate
als Delegirtcr zu unserer vorjährigen Ausstellung hierher geschickt. Ein
Mann von unabhängigem und freimüthigen Charakter, wie dies seine
Antecedentien in der hannöverischen Kammer beurkunden, im Besitze
von großen und Namentlich in Deutschland seltenen Kenntnissen der Han¬
delsstatistik, erscheint uns sein Urtheil besonders wichtig *). Dies fällt
im Ganzen günstiger aus, als wir es gehofft haben, obschon die Schwä¬
chen, an denen wir leiden, uns nicht vorenthalten werden. Zehn Punkte
stellt Herr von Reden auf, welche im Interesse Oesterreichs, zur Ver¬
besserung seines Zollwesens und Verkehrs, dringend nothwendig seien:
Die Aufhebung des Restes der Prohibitionen (mit gemäßigten Schutz¬
zöllen an ihrer Stelle). Die Herabsetzung der Eingangsabgaben von
einer ziemlich bedeutenden Anzahl der Tarifsätze (welche in dem Berichte
des Herrn von R. bezeichnet sind). -- Die Herabsetzung der Ausgangs¬
zolle von allen wichtigen Ausfuhrartikeln auf das im statistischen Interesse
(behufs der Controle) beizubehaltende Minimum. -- Die Vereinfachung
des Tarifs. In der Einfachheit des Tarifs des deutschen Zollvereins,
welcher deshalb einer falschen Deutung und einer wichtigen Ausrede zum
Deckmantel nicht dienen kann, und namentlich in den einfachen Ver¬
zollungsmaßstäben beruht eine der besten Stützen der anerkannten Dienst-
moralität seines Zollpersonals. -- Die Aufhebung der Binnencontrole.
-- Die Vereinfachung einiger Theile und Formen des Geschäftsganges.
Die Begünstigung der Heimathsflagge der directen Ein- und Ausfuhr.
(Dieser Punkt ist mittlerweile theilweise bereits ausgeführt worven.) Die
Beförderung und Sicherstellung des Verkehrs auf der Donau bis in's
Meer. -- Die Aushebung der Binnenzolllinien. -- Der Abschluß eines
Handelsvertrags mit dem deutschen Zollvereine! Ueber letzteren Punkt
spricht sich Herr von Reden näher aus. Man könnte die Frage auf¬
werfen - sagt er -- weshalb nicht statt eines Handelsvertrages die
Vereinigung Oesterreichs mit dem Zollvereine zu einem deutschen Handels¬
bunde, als das allerdings wünschenswerthe Ziel, versucht werden solle.
Der Wunsch eines solchen Anschlusses ist nicht allein im Zollvereine,
sondern in Oesterreich selbst immer allgemeiner und lebhafter laut gewor¬
den. Allein, ein mehrmonatlicher Aufenthalt im östcrr. Kaiserstaate hat
in mir die Ueberzeugung befestigt: daß die österreichische Regierung, ohne



-) Denkschrift über die österreich. Gewerbe-Ausstellung in Wien 1845. Bon
Dr. Freiherr" von Reden. Berlin 134". Verlag von H. E. Schröder. --

reich nie gesehen. Die Feinde unseres schönen Vaterlandes ahnen nicht
die Entwickelung, die in diesen gesegneten Landen sich vorbereitet und die
nur des belebenden Wortes von Oben bedarf, um jeden andern Staat
des Festlandes in die Schranken fordern zu können an Wohlstand und
Thätigkeit. Wird dieses Wort noch lange ausbleiben?

Ich sprach Ihnen neulich von dem Bericht eines Franzosen über
unsere Industrieausstellung. Näher liegend ist »och ein anderer früher
erschienener Bericht von einem Deutschen; ich meine die Denkschrift des
Freiherr» von Reden, über die österreichische Industrie und deren Ver¬
hältniß zum Zollverein. Herr von Reden war vom preußischen Staate
als Delegirtcr zu unserer vorjährigen Ausstellung hierher geschickt. Ein
Mann von unabhängigem und freimüthigen Charakter, wie dies seine
Antecedentien in der hannöverischen Kammer beurkunden, im Besitze
von großen und Namentlich in Deutschland seltenen Kenntnissen der Han¬
delsstatistik, erscheint uns sein Urtheil besonders wichtig *). Dies fällt
im Ganzen günstiger aus, als wir es gehofft haben, obschon die Schwä¬
chen, an denen wir leiden, uns nicht vorenthalten werden. Zehn Punkte
stellt Herr von Reden auf, welche im Interesse Oesterreichs, zur Ver¬
besserung seines Zollwesens und Verkehrs, dringend nothwendig seien:
Die Aufhebung des Restes der Prohibitionen (mit gemäßigten Schutz¬
zöllen an ihrer Stelle). Die Herabsetzung der Eingangsabgaben von
einer ziemlich bedeutenden Anzahl der Tarifsätze (welche in dem Berichte
des Herrn von R. bezeichnet sind). — Die Herabsetzung der Ausgangs¬
zolle von allen wichtigen Ausfuhrartikeln auf das im statistischen Interesse
(behufs der Controle) beizubehaltende Minimum. — Die Vereinfachung
des Tarifs. In der Einfachheit des Tarifs des deutschen Zollvereins,
welcher deshalb einer falschen Deutung und einer wichtigen Ausrede zum
Deckmantel nicht dienen kann, und namentlich in den einfachen Ver¬
zollungsmaßstäben beruht eine der besten Stützen der anerkannten Dienst-
moralität seines Zollpersonals. — Die Aufhebung der Binnencontrole.
— Die Vereinfachung einiger Theile und Formen des Geschäftsganges.
Die Begünstigung der Heimathsflagge der directen Ein- und Ausfuhr.
(Dieser Punkt ist mittlerweile theilweise bereits ausgeführt worven.) Die
Beförderung und Sicherstellung des Verkehrs auf der Donau bis in's
Meer. — Die Aushebung der Binnenzolllinien. — Der Abschluß eines
Handelsvertrags mit dem deutschen Zollvereine! Ueber letzteren Punkt
spricht sich Herr von Reden näher aus. Man könnte die Frage auf¬
werfen - sagt er — weshalb nicht statt eines Handelsvertrages die
Vereinigung Oesterreichs mit dem Zollvereine zu einem deutschen Handels¬
bunde, als das allerdings wünschenswerthe Ziel, versucht werden solle.
Der Wunsch eines solchen Anschlusses ist nicht allein im Zollvereine,
sondern in Oesterreich selbst immer allgemeiner und lebhafter laut gewor¬
den. Allein, ein mehrmonatlicher Aufenthalt im östcrr. Kaiserstaate hat
in mir die Ueberzeugung befestigt: daß die österreichische Regierung, ohne



-) Denkschrift über die österreich. Gewerbe-Ausstellung in Wien 1845. Bon
Dr. Freiherr» von Reden. Berlin 134«. Verlag von H. E. Schröder. —
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[0276] reich nie gesehen. Die Feinde unseres schönen Vaterlandes ahnen nicht die Entwickelung, die in diesen gesegneten Landen sich vorbereitet und die nur des belebenden Wortes von Oben bedarf, um jeden andern Staat des Festlandes in die Schranken fordern zu können an Wohlstand und Thätigkeit. Wird dieses Wort noch lange ausbleiben? Ich sprach Ihnen neulich von dem Bericht eines Franzosen über unsere Industrieausstellung. Näher liegend ist »och ein anderer früher erschienener Bericht von einem Deutschen; ich meine die Denkschrift des Freiherr» von Reden, über die österreichische Industrie und deren Ver¬ hältniß zum Zollverein. Herr von Reden war vom preußischen Staate als Delegirtcr zu unserer vorjährigen Ausstellung hierher geschickt. Ein Mann von unabhängigem und freimüthigen Charakter, wie dies seine Antecedentien in der hannöverischen Kammer beurkunden, im Besitze von großen und Namentlich in Deutschland seltenen Kenntnissen der Han¬ delsstatistik, erscheint uns sein Urtheil besonders wichtig *). Dies fällt im Ganzen günstiger aus, als wir es gehofft haben, obschon die Schwä¬ chen, an denen wir leiden, uns nicht vorenthalten werden. Zehn Punkte stellt Herr von Reden auf, welche im Interesse Oesterreichs, zur Ver¬ besserung seines Zollwesens und Verkehrs, dringend nothwendig seien: Die Aufhebung des Restes der Prohibitionen (mit gemäßigten Schutz¬ zöllen an ihrer Stelle). Die Herabsetzung der Eingangsabgaben von einer ziemlich bedeutenden Anzahl der Tarifsätze (welche in dem Berichte des Herrn von R. bezeichnet sind). — Die Herabsetzung der Ausgangs¬ zolle von allen wichtigen Ausfuhrartikeln auf das im statistischen Interesse (behufs der Controle) beizubehaltende Minimum. — Die Vereinfachung des Tarifs. In der Einfachheit des Tarifs des deutschen Zollvereins, welcher deshalb einer falschen Deutung und einer wichtigen Ausrede zum Deckmantel nicht dienen kann, und namentlich in den einfachen Ver¬ zollungsmaßstäben beruht eine der besten Stützen der anerkannten Dienst- moralität seines Zollpersonals. — Die Aufhebung der Binnencontrole. — Die Vereinfachung einiger Theile und Formen des Geschäftsganges. Die Begünstigung der Heimathsflagge der directen Ein- und Ausfuhr. (Dieser Punkt ist mittlerweile theilweise bereits ausgeführt worven.) Die Beförderung und Sicherstellung des Verkehrs auf der Donau bis in's Meer. — Die Aushebung der Binnenzolllinien. — Der Abschluß eines Handelsvertrags mit dem deutschen Zollvereine! Ueber letzteren Punkt spricht sich Herr von Reden näher aus. Man könnte die Frage auf¬ werfen - sagt er — weshalb nicht statt eines Handelsvertrages die Vereinigung Oesterreichs mit dem Zollvereine zu einem deutschen Handels¬ bunde, als das allerdings wünschenswerthe Ziel, versucht werden solle. Der Wunsch eines solchen Anschlusses ist nicht allein im Zollvereine, sondern in Oesterreich selbst immer allgemeiner und lebhafter laut gewor¬ den. Allein, ein mehrmonatlicher Aufenthalt im östcrr. Kaiserstaate hat in mir die Ueberzeugung befestigt: daß die österreichische Regierung, ohne -) Denkschrift über die österreich. Gewerbe-Ausstellung in Wien 1845. Bon Dr. Freiherr» von Reden. Berlin 134«. Verlag von H. E. Schröder. —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/276>, abgerufen am 11.12.2024.