Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.Am heftigsten schrie Herr de Merode, dessen Ein- und Ausfalle Ein aristokratischer Salon (so erzählt Asmodve) vereinigte vor¬ 8. Das Gerücht hat sich heute verbreitet, Herr Liedes wäre IV. Aus Wien. I Die Frohndeiiablösung. -- Die österreichische Industrie. -- Geld- und Frie¬ den. -- Brirvn K'übcck. Brauche ick) Ihnen zu sagen, mit welcher Spannung man hier den 34"
Am heftigsten schrie Herr de Merode, dessen Ein- und Ausfalle Ein aristokratischer Salon (so erzählt Asmodve) vereinigte vor¬ 8. Das Gerücht hat sich heute verbreitet, Herr Liedes wäre IV. Aus Wien. I Die Frohndeiiablösung. — Die österreichische Industrie. — Geld- und Frie¬ den. — Brirvn K'übcck. Brauche ick) Ihnen zu sagen, mit welcher Spannung man hier den 34»
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0275" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182698"/> <p xml:id="ID_774"> Am heftigsten schrie Herr de Merode, dessen Ein- und Ausfalle<lb/> die ganze Kammer, ja selbst den schwermüthigen Herrn deTheur, oft zum<lb/> homerischen Lachen brachten. In der letzten Sitzung besonders behauptete er,<lb/> der Vater des Herrn Verhaegen habe die Freimaurerei eine of¬<lb/> fenherzige Spitzbüberei (t't'imchv i'ripviimirie) genannt. Dann<lb/> fragte der edle Graf, ob die Katholiken Truthahne waren und mußte<lb/> sich von Herrn Verhaegen einem rasenden Hammel vergleichen<lb/> hören, eine Bezeichnung, die man schon Karl dem Zehnten beigelegt.<lb/> Wahrend Herr de Decker dem frisch hereinbrechenden Lichte seine Augen<lb/> nicht verschließt, wird Herr de Mcrode rasend darüber. Das verschie¬<lb/> dene Alter kommt freilich hinzu. Herr de Decker kann sein unterge¬<lb/> sunkenes Feenschloß noch anders wieder aufbauen. In den Jahren des<lb/> Herrn de Merode jedoch ersetzt man keine Ideale mehr.</p><lb/> <p xml:id="ID_775"> Ein aristokratischer Salon (so erzählt Asmodve) vereinigte vor¬<lb/> gestern drei hohe, d. h. adelige, Frauen. Sie unterhielten sich über die<lb/> politische Situation. „Vergessen Sie nicht," sagte die Eine, „daß, wenn<lb/> die Liberalen an's Ruder kommen, unser Einfluß dahin ist." - „In<lb/> der That," erwiderte die Andere, „dann bleibt uns kein anderes Ret-<lb/> tungsmittel, als uns in die Arme Frankreichs zu werfen..." „Nicht<lb/> doch, meine Damen," meinte die Gräfin R. ..o, „dann müssen wir<lb/> aus Belgien ein zweites Polen bilden." — Glücklicherweise sind die<lb/> Männer und Freunde dieses unberufenen Trifeminariats von nationalem<lb/> und patriotischem Gesinnungen erfüllt. Denn die Feinde.selbst der Ka¬<lb/> tholiken haben diesen eine warme Vaterlandsliebe stets zuerkennen müs¬<lb/> sen. Frauen übertreiben gern und wenn's etwas Schlimmeres gibt, als<lb/> ein literarischer Blaustrumpf, so ist es sicher ein politischer.</p><lb/> <p xml:id="ID_776"> 8. Das Gerücht hat sich heute verbreitet, Herr Liedes wäre<lb/> dem Beispiel des Herrn de Broucker in Lüttich gefolgt und habe seine<lb/> Dimission als Gouverneur dem Ministerium zugesandt.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> IV.<lb/> Aus Wien.</head><lb/> <div n="3"> <head> I</head><lb/> <note type="argument"> Die Frohndeiiablösung. — Die österreichische Industrie. — Geld- und Frie¬<lb/> den. — Brirvn K'übcck.</note><lb/> <p xml:id="ID_777" next="#ID_778"> Brauche ick) Ihnen zu sagen, mit welcher Spannung man hier den<lb/> Entschlüssen der Regierung, in Bezug auf die Frohndcnablösung, entge¬<lb/> gensieht? Wenn Oesterreich diesen großen Schritt wirklich thäte, wenn der<lb/> Boden frei würde, und wenn dann der zweite nicht minder große Schritt<lb/> geschähe, daß die Zollgrenzen, welche die österreichischen Schwesterprovinzen<lb/> unter einander trennen, fallen und zwischen Ungarn und den übrigen<lb/> Monarchen keine Mauthbalken sich erheben, dann stünden wir an der<lb/> Schwelle einer neuen Zeit, eine Epoche der Blüthe und des materiellen<lb/> Aufschwungs, der Kraft und des innern Zusammenlebens, wie sie Oester-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 34»</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0275]
Am heftigsten schrie Herr de Merode, dessen Ein- und Ausfalle
die ganze Kammer, ja selbst den schwermüthigen Herrn deTheur, oft zum
homerischen Lachen brachten. In der letzten Sitzung besonders behauptete er,
der Vater des Herrn Verhaegen habe die Freimaurerei eine of¬
fenherzige Spitzbüberei (t't'imchv i'ripviimirie) genannt. Dann
fragte der edle Graf, ob die Katholiken Truthahne waren und mußte
sich von Herrn Verhaegen einem rasenden Hammel vergleichen
hören, eine Bezeichnung, die man schon Karl dem Zehnten beigelegt.
Wahrend Herr de Decker dem frisch hereinbrechenden Lichte seine Augen
nicht verschließt, wird Herr de Mcrode rasend darüber. Das verschie¬
dene Alter kommt freilich hinzu. Herr de Decker kann sein unterge¬
sunkenes Feenschloß noch anders wieder aufbauen. In den Jahren des
Herrn de Merode jedoch ersetzt man keine Ideale mehr.
Ein aristokratischer Salon (so erzählt Asmodve) vereinigte vor¬
gestern drei hohe, d. h. adelige, Frauen. Sie unterhielten sich über die
politische Situation. „Vergessen Sie nicht," sagte die Eine, „daß, wenn
die Liberalen an's Ruder kommen, unser Einfluß dahin ist." - „In
der That," erwiderte die Andere, „dann bleibt uns kein anderes Ret-
tungsmittel, als uns in die Arme Frankreichs zu werfen..." „Nicht
doch, meine Damen," meinte die Gräfin R. ..o, „dann müssen wir
aus Belgien ein zweites Polen bilden." — Glücklicherweise sind die
Männer und Freunde dieses unberufenen Trifeminariats von nationalem
und patriotischem Gesinnungen erfüllt. Denn die Feinde.selbst der Ka¬
tholiken haben diesen eine warme Vaterlandsliebe stets zuerkennen müs¬
sen. Frauen übertreiben gern und wenn's etwas Schlimmeres gibt, als
ein literarischer Blaustrumpf, so ist es sicher ein politischer.
8. Das Gerücht hat sich heute verbreitet, Herr Liedes wäre
dem Beispiel des Herrn de Broucker in Lüttich gefolgt und habe seine
Dimission als Gouverneur dem Ministerium zugesandt.
IV.
Aus Wien.
I
Die Frohndeiiablösung. — Die österreichische Industrie. — Geld- und Frie¬
den. — Brirvn K'übcck.
Brauche ick) Ihnen zu sagen, mit welcher Spannung man hier den
Entschlüssen der Regierung, in Bezug auf die Frohndcnablösung, entge¬
gensieht? Wenn Oesterreich diesen großen Schritt wirklich thäte, wenn der
Boden frei würde, und wenn dann der zweite nicht minder große Schritt
geschähe, daß die Zollgrenzen, welche die österreichischen Schwesterprovinzen
unter einander trennen, fallen und zwischen Ungarn und den übrigen
Monarchen keine Mauthbalken sich erheben, dann stünden wir an der
Schwelle einer neuen Zeit, eine Epoche der Blüthe und des materiellen
Aufschwungs, der Kraft und des innern Zusammenlebens, wie sie Oester-
34»
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |