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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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A us Fran? s u r t.

Die Messe. -- Ein getäuschter Marktschreier, - Die Miethe und die Frem¬
den. -- Vereine. -- Was zum guten Tone gehört. -- Gparkassinrälhsel. -- Licht
und Finsterniß. -- Deutschratholiken. -- Theater.

Unsre Messe ist vorüber, die Geschäfte sollen ziemlich gut ausgefal¬
len sein. Betrug und Marktschreierei nehmen aber mit jedem Tage mehr
zu und es sind namentlich die Berliner, die in letzter besonders erfinde¬
risch sind. So bietet man z. B. sogenannte Leinwand, die im Grunde
nichts als ein ziemlich kunstreich zubereitetes Baumwollengewebe ist, zu
so niedrigen Preisen an, daß Jeder die Unmöglichkeit, sie für solche her¬
zustellen, leicht einsehen kann. Um aber der Sache einen wahrscheinlichen
Anstrich zu geben, so werden allerlei Vorwände ersonnen, weshalb man
,o wohlfeil verkaufe. Da muß der Eine wegen Militärpflicht plötzlich
nach Hause, der Andere hat in drei Tagen einen fälligen Wechsel zu
zahlen, der Dritte muß der vielen Concurrenz und der im Allgemeinen
so schlecht fabricirten Zeuche wegen nach Texas auswandern, um unter
den Wilden eine Fabrik achter solider Waare zu errichten, von der er
die Proben, d. h. sein bis jetzt gefertigtes Product, noch in aller Eile
losschlagen will.

So lauten die Ankündigungen und obgleich sie großentheils nicht
einmal unterzeichnet sind, so laufen doch alle Lügenfresser hin, um für
weniges Geld schlechte Waare einzuhandeln, ungeachtet die Polizei in
täglichen Anzeigen vor diesen Betrügereien, die sie nicht leicht direct hindern
kann, warnt. Durch Mithülfe hiesiger Leinwandhändler hat man jedoch
Einen dieser Marktschreier in die Falle gelockt. Derselbe hatte seine
Lüge, daß er wegen einer Erbschaft von 89,000 Thalern sein herrliches
Leinwandlager um jeden Preis ausverkaufen wolle, mit dem dreifachen
Ausruf: Wahrheit! Wahrheit! Wahrheit! herausgeputzt, und in der That
drängte sich am folgenden Tage sein Magazin von leichtgläubigen Kau-


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Die Messe. -- Ein getäuschter Marktschreier, - Die Miethe und die Frem¬
den. — Vereine. — Was zum guten Tone gehört. — Gparkassinrälhsel. — Licht
und Finsterniß. — Deutschratholiken. — Theater.

Unsre Messe ist vorüber, die Geschäfte sollen ziemlich gut ausgefal¬
len sein. Betrug und Marktschreierei nehmen aber mit jedem Tage mehr
zu und es sind namentlich die Berliner, die in letzter besonders erfinde¬
risch sind. So bietet man z. B. sogenannte Leinwand, die im Grunde
nichts als ein ziemlich kunstreich zubereitetes Baumwollengewebe ist, zu
so niedrigen Preisen an, daß Jeder die Unmöglichkeit, sie für solche her¬
zustellen, leicht einsehen kann. Um aber der Sache einen wahrscheinlichen
Anstrich zu geben, so werden allerlei Vorwände ersonnen, weshalb man
,o wohlfeil verkaufe. Da muß der Eine wegen Militärpflicht plötzlich
nach Hause, der Andere hat in drei Tagen einen fälligen Wechsel zu
zahlen, der Dritte muß der vielen Concurrenz und der im Allgemeinen
so schlecht fabricirten Zeuche wegen nach Texas auswandern, um unter
den Wilden eine Fabrik achter solider Waare zu errichten, von der er
die Proben, d. h. sein bis jetzt gefertigtes Product, noch in aller Eile
losschlagen will.

So lauten die Ankündigungen und obgleich sie großentheils nicht
einmal unterzeichnet sind, so laufen doch alle Lügenfresser hin, um für
weniges Geld schlechte Waare einzuhandeln, ungeachtet die Polizei in
täglichen Anzeigen vor diesen Betrügereien, die sie nicht leicht direct hindern
kann, warnt. Durch Mithülfe hiesiger Leinwandhändler hat man jedoch
Einen dieser Marktschreier in die Falle gelockt. Derselbe hatte seine
Lüge, daß er wegen einer Erbschaft von 89,000 Thalern sein herrliches
Leinwandlager um jeden Preis ausverkaufen wolle, mit dem dreifachen
Ausruf: Wahrheit! Wahrheit! Wahrheit! herausgeputzt, und in der That
drängte sich am folgenden Tage sein Magazin von leichtgläubigen Kau-


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[0267] T a g e b u c!z. A us Fran? s u r t. Die Messe. -- Ein getäuschter Marktschreier, - Die Miethe und die Frem¬ den. — Vereine. — Was zum guten Tone gehört. — Gparkassinrälhsel. — Licht und Finsterniß. — Deutschratholiken. — Theater. Unsre Messe ist vorüber, die Geschäfte sollen ziemlich gut ausgefal¬ len sein. Betrug und Marktschreierei nehmen aber mit jedem Tage mehr zu und es sind namentlich die Berliner, die in letzter besonders erfinde¬ risch sind. So bietet man z. B. sogenannte Leinwand, die im Grunde nichts als ein ziemlich kunstreich zubereitetes Baumwollengewebe ist, zu so niedrigen Preisen an, daß Jeder die Unmöglichkeit, sie für solche her¬ zustellen, leicht einsehen kann. Um aber der Sache einen wahrscheinlichen Anstrich zu geben, so werden allerlei Vorwände ersonnen, weshalb man ,o wohlfeil verkaufe. Da muß der Eine wegen Militärpflicht plötzlich nach Hause, der Andere hat in drei Tagen einen fälligen Wechsel zu zahlen, der Dritte muß der vielen Concurrenz und der im Allgemeinen so schlecht fabricirten Zeuche wegen nach Texas auswandern, um unter den Wilden eine Fabrik achter solider Waare zu errichten, von der er die Proben, d. h. sein bis jetzt gefertigtes Product, noch in aller Eile losschlagen will. So lauten die Ankündigungen und obgleich sie großentheils nicht einmal unterzeichnet sind, so laufen doch alle Lügenfresser hin, um für weniges Geld schlechte Waare einzuhandeln, ungeachtet die Polizei in täglichen Anzeigen vor diesen Betrügereien, die sie nicht leicht direct hindern kann, warnt. Durch Mithülfe hiesiger Leinwandhändler hat man jedoch Einen dieser Marktschreier in die Falle gelockt. Derselbe hatte seine Lüge, daß er wegen einer Erbschaft von 89,000 Thalern sein herrliches Leinwandlager um jeden Preis ausverkaufen wolle, mit dem dreifachen Ausruf: Wahrheit! Wahrheit! Wahrheit! herausgeputzt, und in der That drängte sich am folgenden Tage sein Magazin von leichtgläubigen Kau- 32-i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/267>, abgerufen am 27.11.2024.