Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.finden, sie suchen deshalb auf besondere Weise auf die verschiedenen Wer mit dieser Behauptung noch nicht befriedigt ist, der sehe sich Um unsre auf die Aristokratie berechnete Romanliteratur sieht es Grenzbot-n. Isi". II. Z2
finden, sie suchen deshalb auf besondere Weise auf die verschiedenen Wer mit dieser Behauptung noch nicht befriedigt ist, der sehe sich Um unsre auf die Aristokratie berechnete Romanliteratur sieht es Grenzbot-n. Isi«. II. Z2
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finden, sie suchen deshalb auf besondere Weise auf die verschiedenen
Stände zu wirken. Unsere deutsche Romanliteratur wird, anstatt die
allgemeine menschliche Bewegung zu reproduciren oder anstatt aus
einem nationalen Mittelpunkte zu schöpfen, ständisch.
Wer mit dieser Behauptung noch nicht befriedigt ist, der sehe sich
nur unsere deutschen Romane an und er wird sich von ihrer Wahr¬
heit vollkommen überzeuge,, müssen. Wir können unsere Romanlitera¬
tur jetzt in folgende drei Theile sondern: I) in eine auf die Aristo¬
kratie berechnete Romanliteratur; 2) in eine auf die Bourgeoisie be¬
rechnete Romanliteratur und dazu ist 3) in neuester Zeit eine auf das
„Volk" oder auf die „Masse" berechnete Romanliteratur gekommen.
Um unsre auf die Aristokratie berechnete Romanliteratur sieht es
ziemlich kümmerlich aus. Je schwächer die Pfosten eines Standes werden,
um so mehr muß natürlich auch eine eben auf diesen Stand berechnete
Literaturweise erblassen. Je mehr unser Adel zum bloßen Krautjun-
kerthum zusammensinkt und je großartiger die Bewegungen des Geistes
werden, um so mehr wird der Adel, die Aristokratie natürlich vom Geiste,
von der Literatur verlassen. Ganz vergebens sucht man ein „vornehmes
Element" in die Literatur hineinzubringen, der demokratische Geist des
Jahrhunderts wirft die aristokratische Lüge und Coquetterie sogleich über
Bord, zwischen Adel und Geist wird die Verbindung immer seltener
und eine piquante Stagnation, ein an Fäulniß reiches Vegetationsle¬
ben macht sich dafür geltend. Anders war es noch im vorigen Jahr¬
hunderte. Damals fand sich im deutschen Adel noch mehr wahrhafter
Adel, als gegenwärtig, damals fand zwischen den aristokratischen Krei¬
sen der Nation und dem erwachenden Genius unserer deutschen Lite¬
ratur noch eine frische Sympathie, noch ein gegenseitig förderndes
Verhältniß statt. Ganz anders aber ist es gegenwärtig. Die Aristo¬
kratie ist weit zurückgeblieben hinter dem Geiste, der moderne Genius
hat sich immer mehr losgesagt von allen vornehmen Götzen und er
muß es, wenn er seine Ziele wahrhaft verfolgen will. Die Aristo¬
kratie stagnirt in ihrer geistlosen Einseitigkeit, in ihrer ständischen
Schranke und dem Zustande unserer Aristokratie muß sich natürlich
diejenige Literatur anschließen, die eben auf die Aristokratie berechnet
sein soll. Eine der Haupterscheinungen in unserer aristokratischen Literatur
ist jedenfalls A. v. Sternberg. Ihm wird Niemand das Talent der
Originalität und der Erfindung absprechen können, aber bedauern muß
man es, daß er sich und seine poetische Begabung an eine aristokra-
Grenzbot-n. Isi«. II. Z2
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