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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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von der amerikanischen Regierung einen Zuschuß von 400,000
Dollars. Es sollen die schönsten, etwa 1400 Tons haltenden Dampf¬
schiffe, welche eine Schnelligkeit von 23^ engl. Meilen per Stunde
entwickeln können, für diese Fahrten erbaut werden. Man glaubt,
daß bei nicht zu ungünstiger Witterung die Tour zwischen New-
Uork und Bremen binnen 13 Tagen gemacht werden kann. --
"Ganz Deutschland," schreibt ein Correspondent der "Weserzeitung"
ihr aus Washington, "ganz Deutschland hat Ursache, sich zu die¬
sem Ereigniß Glück zu wünschen, einem Ereigniß, welches dieses
Land den Vereinigten Staaten so nahe bringen wird, wie England
es ihnen gegenwärtig ist, welches den Handel zwischen beiden Ländern
zu einem vollkommen direkten machen wird und das Verhältniß in
der That zwischen ihnen zu Wege bringen, welches schon lange in
ihrem Handel hätte eintreten sollen, das von natürlichen Alliirten:
die Produkte des einen Landes, Tuch, Leinen u. s. w. werden ge¬
gen die des andern Landes, Taback, Baumwolle u. f. w. ausge¬
tauscht werden. Der Zollverein hat jetzt nur einen höheren Zoll
auf Toise zu legen, um dieses wünschenswerthe Resultat zu
beschleunigen. Sollten die Staaten, welche ihn bilden, so blind
und ihre Interessen so wenig berücksichtigend sein, um noch länger
mit dieser Politik zu zögern? Wir können es uns nicht denken."

In welchem Verhältniß steht nun Hamburg zu diesem folgen¬
reichen Unternehmen, das sich vor seinen Augen zu entwickeln be¬
ginnt und bald in voller Ausführung sein wird? Hamburg war
theils verdutzt, theils gleichgültig und mit staunenswerther Gro߬
muth dem glücklich spekulirenden Bremer, die neue Errungenschaft
vergehend. -- Die Dampfschifffahrtsverbindung zwischen dieser
Stadt und Amerika nur als neue Nahrungsquelle zu betrachten,
würde eine ziemlich kleinliche Auffassung sein, und doch ist sie gewiß
die des größten Theiles unseres gewöhnlichen kaufmännischen Publi¬
kums. Nun fehlt es aber dem handelsmächtigen Hamburg gewiß
nicht an Erwerbsquellen mannigfachster Art. Warum sollten wir
uns also der Scheelsucht überlassen und dem gelbschattirten Neide.
Ja, wenn damit noch etwas wieder gut zu machen wäre! Daran
ist nicht zu denken und die etwa Bekümmerren mögen Erleichterung
finden in dem schon aufgestellten Raisonnement, daß es nicht befrem¬
den dürfe, wenn die Regierung der Vereinigten Staaten Bremen


von der amerikanischen Regierung einen Zuschuß von 400,000
Dollars. Es sollen die schönsten, etwa 1400 Tons haltenden Dampf¬
schiffe, welche eine Schnelligkeit von 23^ engl. Meilen per Stunde
entwickeln können, für diese Fahrten erbaut werden. Man glaubt,
daß bei nicht zu ungünstiger Witterung die Tour zwischen New-
Uork und Bremen binnen 13 Tagen gemacht werden kann. —
„Ganz Deutschland," schreibt ein Correspondent der „Weserzeitung"
ihr aus Washington, „ganz Deutschland hat Ursache, sich zu die¬
sem Ereigniß Glück zu wünschen, einem Ereigniß, welches dieses
Land den Vereinigten Staaten so nahe bringen wird, wie England
es ihnen gegenwärtig ist, welches den Handel zwischen beiden Ländern
zu einem vollkommen direkten machen wird und das Verhältniß in
der That zwischen ihnen zu Wege bringen, welches schon lange in
ihrem Handel hätte eintreten sollen, das von natürlichen Alliirten:
die Produkte des einen Landes, Tuch, Leinen u. s. w. werden ge¬
gen die des andern Landes, Taback, Baumwolle u. f. w. ausge¬
tauscht werden. Der Zollverein hat jetzt nur einen höheren Zoll
auf Toise zu legen, um dieses wünschenswerthe Resultat zu
beschleunigen. Sollten die Staaten, welche ihn bilden, so blind
und ihre Interessen so wenig berücksichtigend sein, um noch länger
mit dieser Politik zu zögern? Wir können es uns nicht denken."

In welchem Verhältniß steht nun Hamburg zu diesem folgen¬
reichen Unternehmen, das sich vor seinen Augen zu entwickeln be¬
ginnt und bald in voller Ausführung sein wird? Hamburg war
theils verdutzt, theils gleichgültig und mit staunenswerther Gro߬
muth dem glücklich spekulirenden Bremer, die neue Errungenschaft
vergehend. — Die Dampfschifffahrtsverbindung zwischen dieser
Stadt und Amerika nur als neue Nahrungsquelle zu betrachten,
würde eine ziemlich kleinliche Auffassung sein, und doch ist sie gewiß
die des größten Theiles unseres gewöhnlichen kaufmännischen Publi¬
kums. Nun fehlt es aber dem handelsmächtigen Hamburg gewiß
nicht an Erwerbsquellen mannigfachster Art. Warum sollten wir
uns also der Scheelsucht überlassen und dem gelbschattirten Neide.
Ja, wenn damit noch etwas wieder gut zu machen wäre! Daran
ist nicht zu denken und die etwa Bekümmerren mögen Erleichterung
finden in dem schon aufgestellten Raisonnement, daß es nicht befrem¬
den dürfe, wenn die Regierung der Vereinigten Staaten Bremen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/25>, abgerufen am 27.11.2024.